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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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diesmal war es ein Jeep. Deutlich erkannte er Guillermo Hentschel, der als erster ausstieg und dann darauf wartete, daß auch die beiden Männer, die hinten saßen, den Wagen verließen. Das ging nicht reibungslos vonstatten, denn der eine der beiden war gefesselt. Klaus Hemmerichs Finger krallten sich in den Gummimantel des TRINOVID-Glases, als er sah, wie man den an Händen und Füßen Gebundenen aus dem Jeep zerrte und auf den Steinen ablegte. Es war sein Bruder. Er zweifelte nicht eine Sekunde, obwohl von der Gestalt, die nun zusammengekrümmt auf der Mole lag, kaum etwas abzulesen und auch vom Gesicht nicht viel zu erkennen war. Aber er sah das vom Mond beschienene volle, dunkle Haar, das, obwohl es bestimmt seit zwei Monaten nicht mehr gepflegt worden war, eine im ganzen vertraute Silhouette abgab. Und noch etwas. Durch das scharfe Bordglas konnte er Victors dunklen Schifferpullover mit den weißen Streifen erkennen. In dem Augenblick, als er begriff, daß man dort unten auf dem Kai seinen Bruder ausgeladen hatte, erging es ihm ähnlich, wie es Victor vor fünfundzwanzig Jahren auf dem Eis ergangen sein möchte. Er verspürte den fast nicht mehr zu bezähmenden Drang, sein sicheres Versteck zu verlassen, auf die Mole hinunterzuklettern und ihm zu sagen. Ich bin hier! Aber sogleich und mächtiger als der erste Impuls war die Barriere da, die sichere Erkenntnis, daß genau dieser Schritt alle Hoffnung schlagartig beenden würde. Wenn ich ihm doch wenigstens ein Zeichen geben könnte! dachte er. Aber auch dieser Wunsch blieb im Keime stecken, denn wie sollte das wohl vor sich gehen, an einem Dutzend wachsamer und feindlicher Augen vorbei dem Gefangenen ein Signal zu senden?
    Sie hoben ihn auf, trugen ihn aufs Schiff und ließen ihn durch dasselbe Luk hinunter, durch das auch das Kriegsgerät verfrachtet worden war. Mein Gott! dachte Klaus Hernmerich, warum habe ich nicht an ein Boot gedacht, an ein Rennboot, das ich jederzeit hätte mieten können?
    Er suchte die Bordwand nach dem Namen des Schiffes ab, aber er fand nichts, und das Heck lag auf der ihm abgekehrten Seite.
    Wohin fährt das Schiff? Und ist es nicht, wenn es erst mal diesen Liegeplatz verlassen hat, für immer unauffindbar? Oder doch für so lange, wie Victor an Bord ist? Was nützt es mir, wenn diese Yacht vielleicht in zehn oder zwölf oder vierzehn Tagen wieder hier liegt oder an einem der Kais von Ibiza-Stadt? Dann ist Victor in Barcelona oder Marseille oder Genua, und seine Spur ist endgültig verwischt!
    Schon nach kurzer Zeit hatte sich die Szene wiederum gewandelt. Der Jeep war abgefahren, hatte auch Guillermo Hentschel wieder mitgenommen. Lastwagen kamen nicht mehr, und auf der Mole machte man die Leinen los. Noch einmal, stärker als vorher, empfand Klaus Hemmerich die Ohnmacht seiner Lage, und voller Resignation dachte er, daß er nun ohne die örtliche Polizei wohl doch nicht auskäme, ja, daß, wenn überhaupt, nur noch mit ihrer Hilfe Victors Befreiung möglich sein würde. Aber dann stellte er sich vor, was eine zum äußersten entschlossene Schiffsmannschaft wohl macht, wenn sie entdeckt, daß ihr Fahrzeug von den Ordnungshütern der See verfolgt wird. Wäre es nicht eine naheliegende Möglichkeit für die Besatzung, ins Rettungsboot zu klettern und, aus genügender Entfernung, das Schiff mitsamt seiner Ladung in die Luft zu sprengen?
    Und Victor? Wer aus diesem Killerkommando würde in solcher Bedrängnis wohl einen Gefangenen retten, der später einen exzellenten Zeugen der Anklage abgäbe?
    Nein, nein und nochmals nein! Ich darf die Geschichte nicht offiziell werden lassen, denn die Zeit, die es braucht, Victor zu beseitigen, hätten sie vor ihrer Verhaftung immer.
    Er sah, wie das Schiff ablegte, aber schon bald darauf erfolgte dann doch noch der ganz große Trost dieser Nacht. Etwa achtzig bis hundert Meter vom Ufer entfernt ging die Yacht vor Anker, und sofort bastelte Klaus Hemmerich sich ein wenn auch ziemlich brüchiges Gerüst der Hoffnung zurecht. Vielleicht, dachte er, ist es noch gar nicht so weit mit dem Transport, von dem Herles gesprochen hat, vielleicht ging es Hentschel diesmal nur darum, sein von weiteren deutschen Schnüfflern bedrohtes Arsenal zu räumen und das weggeschaffte Kriegsgerät auf einer nach außen hin harmlosen Millionärs-Yacht zu lagern? Er setzte noch einmal das Glas an die Augen. Jetzt endlich konnte er den Namen lesen. Das Boot hieß AURORA. Die Seitenansicht erlaubte ihm nun auch, Einzelheiten

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