1980 Die Ibiza-Spur (SM)
die Schultern packen, ihn wegtragen. Andererseits ist das Auto genau das Ding, mit dem ich mich am ehesten verraten könnte, vielleicht lange, bevor ich die Mine erreicht habe, und dann komme ich gar nicht erst ins Haus, geschweige denn in den Stollen.
Er stieg ein, fuhr erst mal weiter. Nach etwa hundert Metern schaltete er dann doch wieder die Lampen an, weil er sich sagte. Wenn der Wagen gesehen wird, wirkt er unbeleuchtet verdächtiger als mit Licht.
Mit mäßigem Tempo passierte er die Stelle, von der aus der Feldweg zum Turm führte. Er warf einen Blick nach rechts, sah die den Weg flankierenden Steinwälle, die dem Seat ein paar Beulen und ihm selbst Zusatzkosten von einigen Tausend Peseten eingebracht hatten. Eine Weile später fuhr er an dem Haus der alten Bäuerin vorbei, und der Kräuterlikör fiel ihm ein wie etwas, das zu einer anderen Zeit gehörte.
Kurz vor Ca’n Jordi hielt er abrupt. Wie in einem Reflex schoß der Fuß nach vorn. Die Pneus radierten über den Asphalt, die Lichtbahnen vor dem Peugeot erloschen. Er blieb sitzen, starrte durch die Windschutzscheibe nach vorn. Vor ihm, in etwa dreihundert Metern Entfernung, lag jener Weg, der das über dem Stolleneingang errichtete Haus und die Hauptstraße miteinander verband.
Und nun fand dort offensichtlich wieder ein Transport statt. Er griff nach dem Fernglas, hielt es sich vor die Augen. Er sah zwei Autos, die sich im Abstand von etwa zehn Metern auf die Hauptstraße zu bewegten. Sie konnten nur von dem kleinen Waldhaus gekommen sein. Wohin wollten sie? Sie kamen nur langsam voran. Weil sie ohne Licht fuhren und aus der Entfernung auch nicht zu hören waren, wirkten sie im Mondlicht wie zwei große Tiere, die jenseits des Steinwalles, den es auch an diesem Weg gab, hintereinander her trotteten. Er hoffte, daß die Fahrer das Erlöschen seiner Lampen nicht bemerkt, es zumindest nicht als verdächtigen Vorgang registriert hatten. Er sah, das Glas immer noch vor Augen, dorthin, wo der Weg ins Kieferngehölz mündete. Seiner Erinnerung nach waren es von da bis zum Haus nur noch wenige Meter. Aber es gab nichts zu entdecken. Er richtete das Glas erneut auf die beiden Fahrzeuge. Sie hatten die Straße fast erreicht. Wie würden sie einbiegen? Nach links? Dann kämen sie, zumal sie auf dem Asphalt schneller fahren konnten als auf dem Sandweg, in wenigen Minuten bei ihm an. Nach rechts? Dann konnte ihr Ziel eigentlich nur die Küste sein. Vorsichtshalber wendete er, bevor das erste Auto einbog, den Peugeot, stieg wieder aus, sah erneut durchs Fernglas. Der erste Wagen hatte die Biegung bereits genommen, und zwar in Richtung Küste. Nun bog der zweite ein, folgte dem ersten. Hemmerich überlegte drei, vier Sekunden, dann sprang er ins Auto, fuhr los. Kurz vor dem Anwesen der alten Bäuerin drückte er noch einmal aufs Gaspedal und schaltete dann den Motor aus. Der Wagen rollte auf den Vorplatz, hielt. Hemmerich legte den ersten Gang ein, nahm die WALTHER, das Fernglas und die Taschenlampe vom Nebensitz auf, stieg aus, drückte die Tür leise zu, hängte sich das Fernglas um, steckte die Pistole ein und lief, die Lampe in der Hand, auf die Straße. Schon nach wenigen Minuten war er wieder an der Stelle, von der aus er die Autos beobachtet hatte. Und wieder sah er durchs Glas. Er entdeckte ein drittes Fahrzeug, das aber in die entgegengesetzte Richtung fuhr, also auf den Wald zu. Er lief weiter. Als er an die Gabelung kam, bog er ein, benutzte allerdings nicht den Weg, sondern ging an der Innenseite des Walls entlang, so daß er sich jederzeit auf den Boden werfen und hinter dem Steinwall verbergen konnte.
Erst als er an die Pinien kam, verhielt er eine Weile. Die dichten Bäume machten das vor ihm liegende Terrain besonders dunkel, so daß er zunächst nichts sehen konnte. Aber er hörte etwas. Männerstimmen. Einen laufenden Motor. Ab und zu einen dumpfen Aufschlag. Er tastete sich vor, ließ dabei alle nur erdenkliche Vorsicht walten, denn die geringste Unbedachtsamkeit, das war ihm klar, konnte jetzt alles zunichte machen.
Als er sich etwa fünf Meter vorgetastet hatte, sah er Licht durchs Gezweig schimmern, und nach ein paar weiteren Schritten hatte er die Szene vor sich.
Die Tür des Hauses stand offen. In kurzen Abständen traten Männer heraus, die schmale, längliche Kisten zu einem Kombiwagen schleppten. Dort stand ein Mann zum Verstauen bereit. Hemmerich konnte das alles sehr gut beobachten. Er hatte das Heck des Wagens vor sich. Die
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