1980 Die Ibiza-Spur (SM)
zweifelte er das an, sah er aus dem Fenster, stand sogar auf und ging zur offenen Tür, blieb lange dort stehen. Als er zurückkam, sagte er: »Es scheint so zu sein, wie du sagst. Ein durch und durch friedliches Bild da draußen. Ein paar Läden, ein paar Leute, ein Eselskarren, ein Lieferwagen, der entladen wird.«
»Andere Autos?«
»Ein heller Mercedes mit Schweizer Kennzeichen, aber der stand schon da, als wir ankamen.«
»Welche Fahrtrichtung?«
»Nicht unsere, die andere. Und uns hat ja auch kein Mercedes überholt. Ich bin ziemlich sicher, wir sind noch mal davongekommen. Gott sei Dank sind es nicht immer nur wir, die Fehler machen. Das passiert also sogar den Profis.«
»Du, wir suchen uns jetzt ein Quartier in San Antonio, und da bleibe ich so lange, bis wir die Insel gemeinsam verlassen.«
»Es ist mir nicht recht.«
»Aber es ist das einzig Richtige. Du hast doch gesagt, ich sei zwar nicht mehr deine Tarnkappe, aber dafür dein Anker. Also, ich bleibe.«
Nun dauerte es eine Weile, bis er antwortete: »Sagen wir mal, vorläufig. Sagen wir, bis übermorgen, damit du, falls ich mich nicht melde, etwas unternehmen kannst.« »Was hast du vor?«
»Ich weiß es noch nicht so genau. Auf jeden Fall hat sich unsere Lage seit gestern erheblich verändert. Sie sind gewarnt. Sie wissen, daß zum zweiten Mal ein Mann namens Hemmerich ihre Kreise stört.«
»Ich frage mich, ob es nun nicht doch an der Zeit ist, die Polizei einzuschalten.«
Aber von der Polizei wollte er nichts wissen. »Können wir denn sicher sein«, erwiderte er, »daß Hentschel nicht auch da seine Leute hat? Hier in Spanien gibt es noch eine Menge Faschisten. Glaub mir, wir dürfen die Behörden nicht einschalten! Ganz vage hab ich schon einen Plan. Ich fahre heute abend ins ROCA LLISA, gehe aber nicht in unser Haus, sondern halte mich draußen auf. Irgendwo zwischen den Felsen. Ich will sehen, ob sie kommen.«
»Meinst du, man läßt sie in den Club?«
»Ich kann Guillermo Hentschels Einfluß nicht abschätzen, aber ich nehme an, daß er ausreicht, um die Erlaubnis zu bekommen, mit ein paar Freunden eine nächtliche Spritztour durchs Golfgelände zu machen. Notfalls klappt so etwas ja auch mit Geld. Vielleicht hat der Wächter am Eingang … Da fällt mir ein, den brauchen sie gar nicht. Sie haben es ja viel einfacher, kommen vom Meer her. Wir wissen, daß sie ein Boot haben. Was hindert sie also, im Nachtdunkel zwischen den Felsen zu ankern und an Land zu gehen?«
»Es sind mehr als hundert Häuser!«
»Die wissen längst, welches es ist.«
»Hast du im ROCA LLISA unsere richtigen Namen angegeben?«
»Meinen, ja. Das mußte ich. In den Hotels nimmt man es damit nicht so genau, weil da niemand unbemerkt mit seinem Gepäck verschwinden kann, im Club könnte man es.«
»Und wenn sie heute nacht tatsächlich kommen und du sie siehst, was dann?«
»Dann weiß ich endgültig, was los ist. Vielleicht sollte ich doch lieber noch bei Tage in den Club fahren, um unsere Sachen aus dem Haus zu holen.«
»Wo hast du deine Pistole?«
»Im Handschuhfach. Also, ich fahre noch vor dem Dunkelwerden hin, packe unsere Koffer und lade sie ins Auto. Dann haben wir sie wenigstens bei uns. Und jetzt, glaube ich, geht’s weiter.«
Sie zahlten, holten den Wagen, fuhren auf die Hauptstraße zurück und dann weiter in Richtung San Antonio.
Schon nach dem ersten Kilometer sagte Klaus: »Verflucht, ich merke, daß wir schon wieder einen Fehler machen oder ihn fast gemacht hätten. Und außerdem wird mir klar, daß du tatsächlich bleiben mußt. Ich sagte vorhin so salopp, wir wechseln in San Antonio das Auto. Und glaubte, damit wäre genug getan, um sie in die Irre zu führen. Weit gefehlt! Wahrscheinlich wäre es für Hentschel eine Kleinigkeit, uns mit Hilfe der hiesigen Auto-Verleih-Firmen auf der Spur zu bleiben, wenn wir ganz schlicht und naiv unseren Seat gegen einen anderen Wagen eintauschen würden. Zwei Dinge gilt es zu bedenken. Erstens dürfen wir den Seat nicht da abliefern, wo wir wohnen, also auf keinen Fall in San Antonio, weil er uns dann dort vermuten könnte. Am besten liefern wir ihn auf dem Flughafen ab. Vielleicht denkt er dann sogar, wir seien abgeflogen. Zweitens: Wir müssen dafür sorgen, daß beim nächsten Ausleihen eines Wagens der Name Hemmerich nicht mehr auftaucht, denn Hentschel hat ja immer noch die Möglichkeit, alle Verleih-Agenturen der Insel zu befragen, ob in ihren Unterlagen der Name Hemmerich existiert. Dann könnten wir zehnmal das
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