1980 Die Ibiza-Spur (SM)
Fahrzeug wechseln, und er hätte trotzdem jedesmal alle erforderlichen Informationen zur Hand. Fazit: Der Name Hemmerich muß verschwinden, und der Name Hagen muß her! Hast du deinen Führerschein mitgenommen?«
»Natürlich.«
»Gott sei Dank. Und dein Name ist bis jetzt noch nirgendwo aufgetaucht, außer bei der Einreise auf der Zollerklärung und natürlich in der Passagierliste. Aber da kann er keinen Schaden anrichten, weil der Zusammenhang mit mir nicht sichtbar ist. Im CASTILLO sind wir dann zwar zusammen aufgetreten, aber da haben wir den Namen Hagen glücklicherweise nicht benutzt.«
Sie hatte nun den kleinen Triumph auskosten, hätte zum Beispiel sagen können: ›Da siehst du mal, daß es ohne mich gar nicht geht.‹ Aber sie sagte so etwas nicht, empfand es nicht einmal, antwortete nur:
»Ich habe Angst vor dem Moment, in dem wir unsere Fehler nicht mehr korrigieren können.«
Bis sie in San Antonio angekommen waren, hatten sie eine weitere Korrektur vorgenommen. Sie stiegen nicht, wie sie es vorgesehen hatten, in einem Hotel ab, sondern suchten sich eines der vielen privaten Ferienhäuser aus, um Hentschel die Nachforschung noch mehr zu erschweren. Das Haus lag etwas außerhalb der Stadt, zweihundert Meter vom Meer entfernt. Die Vermietung wurde über eine Agentur im Zentrum abgewickelt. Christiane brauchte nur ihren Paß vorzuzeigen und die Miete zu zahlen, und daraufhin bekamen sie den Schlüssel.
Eine halbe Stunde später hatten sie auch den Wagen gemietet, einen blauen Peugeot. Sie fuhren zum Flughafen, Klaus im Seat voran und Christiane in dem anderen Auto hinterher. Kurz vor Erreichen des Flughafengeländes vergrößerten sie den Abstand, und als sie ankamen, parkten sie weit voneinander entfernt.
Christiane blieb sitzen. Klaus ging zur Flughafenhalle, regelte am AVIS-Schalter die Rückgabe des Seat. Da er den Wagen für eine ganze Woche gemietet hatte, erklärte er dem Angestellten der Leihfirma, er und seine Frau müßten wegen eines Krankheitsfalles in der Familie plötzlich abreisen.
Als er die Halle wieder verlassen hatte, ging er nicht gleich hinüber zum Parkplatz, sondern wartete lange, sah sich um, musterte Menschen und Fahrzeuge um sich her, und auch als er dann endlich den Parkplatz betreten hatte, blickte er sich vorsichtig um. Ihm war klar, sein Einstieg in den blauen Peugeot stellte einen kritischen Moment dar, denn dieser Parkplatz war der letzte Ort, an dem ein heimlicher Beobachter ihnen mit Hilfe der beiden Autos auf der Spur sein konnte. Erst nachdem er mehrmals zwischen den Wagenreihen auf und ab gegangen war und nichts Verdächtiges entdeckt hatte, stieg er ein. Christiane hatte sich auf den Beifahrersitz gesetzt. Er lenkte den Wagen auf die Carretera. »Wenn uns jetzt niemand folgt«, sagte er, »haben wir es erst mal geschafft.«
Christiane drehte sich, wie bei der Abfahrt aus Ibiza, halb herum und sah, den Arm auf der Lehne, aus dem Rückfenster.
»Ein paar Autos sind da«, sagte sie, »aber immerhin ist das ja auch die Straße zum Flughafen.«
Sie fuhren durch San Jorge, gelangten dann fast wieder bis an den Stadtrand von Ibiza, bogen bei Sifre ab, nahmen diesmal einen anderen Weg, den über San Jose.
Schon nach wenigen Minuten waren sie so gut wie allein auf der Landstraße. Sie fuhren in Richtung Westen. Es war mittlerweile Abend geworden, und vor ihnen, über den Bergen der Sierra de San José, hatte sich der Himmel rot gefärbt.
»Wir werden«, sagte Klaus, »ständig hin und hergerissen zwischen dem Erhabenen und dem Profanen. Da vorn hängt ein bestürzend schönes Bild von Nolde, und da hinten«, er zeigte mit dem Daumen über die Schulter, »ging es darum, Räuber und Gendarm zu spielen und ein grünes Auto loszuwerden. Und gestern nacht? Erst schwimme ich eine halbe Stunde in der Jauche herum und anschließend mit dir im nächtlichen Mittelmeer vor einer grandiosen Felskulisse. Dazwischen erschlage ich mal eben einen Hund. Und in derselben Nacht liegen wir auf unserem Plateau und vergessen die Welt. Dauernd dieser Wechsel. Es wird Zeit, daß wir mal durchgehend nur das Schöne haben, auf den Bahamas vielleicht oder den Bermudas oder auf Cozumel.«
Darauf erwiderte sie, und es fiel beiden nicht auf, daß dieses Wort nun schon so oft ihren Dialog abgerundet hatte: »Einverstanden.«
XXIII.
Es war kurz nach Mitternacht. Er hatte schon vor Stunden seinen Standort bezogen, war mit einer Wolldecke und einer Thermoskanne voll Kaffee sowie mit Taschenlampe,
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