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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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sah ihn von hinten, und es war nicht zu verkennen, daß er telefonierte. Er lief zurück in die Hauptstraße, an Christiane vorbei, die ihm verwundert nachblickte, trat erneut an die Ladentür, drückte sie vorsichtig ein kleines Stück auf, kaum mehr als eine Handbreite, griff nach oben, dorthin, wo der Klöppel saß, packte ihn, bog ihn zurück und drückte ihn, während er die Tür ganz öffnete, am Glockengehäuse vorbei, huschte in den Laden hinein, ergriff den erstbesten Gegenstand, einen Tennisschuh, der auf einem Stapel Kartons thronte, und stellte ihn gegen das Türblatt, damit es nicht zufiel. Dann trat er geräuschlos an den Tresen und hörte, vom Vorhang verdeckt, die Worte des Verkäufers: »Ja, ja, eben gerade.«
»Nein, der steht noch da. Sie sind nicht eingestiegen, wollen wohl noch woanders hin!«
»Ja, es ist ein grüner Seat 123.«
»Ja, die kann ich von hier aus erkennen.« Und dann hörte Klaus, wie der Mann das Kennzeichen des Wagens durchgab. Das Gespräch war damit noch nicht beendet, denn nun erzählte der Verkäufer, der Deutsche habe das beschädigte und blutverschmierte Gerät sofort erkannt, nannte das eine Mala Suerte, ein Pech.
Als Klaus merkte, daß das Gespräch zu Ende ging, zog er sich zurück, nahm den Schuh auf und stellte ihn an seinen Platz, schloß – wiederum, ohne daß die Glocke ertönte – die Tür, sagte zu Christiane: »Komm schnell!«, und schon wenige Minuten später fuhren sie auf der Avenida San Juan zur Stadt hinaus.
Christiane spürte, daß Klaus nervös war. Er schaltete und lenkte mit ruppigen Bewegungen, fuhr mehrmals zu dicht auf, mußte abrupt bremsen, und sie sah auch voller Besorgnis seine schweißnasse Stirn. Auf dem Rondell bog er nicht in Richtung ROCA LLISA ab, sondern fuhr genau entgegengesetzt, nahm die Straße nach San Antonio.
»Wohin fahren wir?«
»Erst mal weg von hier. So schnell wie möglich und so weit wie möglich. Nach San Rafael und dann am besten noch weiter. Bis San Antonio. Das ist der zweitgrößte Ort auf der Insel. Da gibt es viele Hotels. Wir suchen das beste aus und quartieren dich da ein.«
»In San Antonio?«
»Ja.«
»Warum? Und wieso mich? Wieso denn nicht uns?«
»Ich erkläre es dir, sobald wir aus der Stadt heraus sind. Kannst du erkennen, ob uns jemand folgt?«
Sie wandte sich um, sah eine Weile aus dem Rückfenster, sagte: »Ein blauer Laster. Ich glaube, es ist ein Kühlwagen. Dahinter kommt ein gelber Kombi, der aber jetzt den Laster überholt und wohl auch gleich uns, denn er rast wie ein Irrer.« Sie schwieg. Der StationWagen brauste an ihnen vorbei. »Mehr ist da nicht.« Sie sah wieder nach vorn.
»Dann haben wir wahrscheinlich großes Glück gehabt«, sagte Klaus und fuhr gleich fort: »In San Antonio mieten wir dich also irgendwo ein, und außerdem geben wir dieses Auto ab und nehmen ein anderes. Andere Farbe, anderer Typ, andere Größe.«
»Erzählst du mir dann auch, und wenn’s geht, noch in diesem Jahr, warum wir das alles machen? Falls du es nicht schon ahnst. Es interessiert mich.«
»Verzeihung, Christiane! Ich bin ein Idiot! Bin nicht gelassen, nicht cool genug, bin einfach kein Profi, und darum benehme ich mich wie ein aufgeregter Schuljunge, der was ganz Tolles beobachtet hat, es auch wohl erzählen will, aber erst mal eine effektvolle Verzögerung inszeniert. Laß uns in San Rafael halten und einen Kaffee trinken, und dann erzähle ich dir alles. Du mußt sowieso weiter Ausschau halten, und dabei redet es sich nicht gut.«

XXII.
    Er wollte, als sie in San Rafael angekommen waren, nicht an der Hauptstraße parken. Darum bog er ab, durchfuhr eine schmale Gasse, an deren Ende sie auch schon den Rand des Ortes erreichten. Er bog wieder ab, hatte nun auf der einen Seite die Häuser und auf der anderen die zur Ortschaft gehörenden rötlich-braunen Äcker, hielt.
    Sie stiegen aus, gingen zu Fuß zur Hauptstraße zurück, fanden ein großes Café, traten ein. Von den etwa zwanzig Tischen war nicht einer besetzt. Hier schien die Siesta noch anzudauern. Sie setzten sich so, daß sie von ihren Plätzen aus auf die Straße sehen konnten, bestellten bei einem höchstens vierzehnjährigen Mädchen ihren Expresso, hörten gleich darauf die Kaffeemaschine zischen, und als das Mädchen die kleinen Tassen auf den Tisch gestellt hatte und wieder gegangen war, sagte er:
    »Auf der Fahrt hierher ist mir einiges klargeworden. Hast du den verrückten Wettkampf verfolgt, der sich zwischen unserem kugeligen Verkäufer und mir

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