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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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hätte er lange geübt, schnurrte er herunter: » Manos arriba! Hände hoch!«
Abrupt blieb der Mann mitten auf der Treppe stehen. Hemmerich sah einen schlanken, noch jugendlichen Körper, dunkles Haar, eine dunkle Badehose. Die Hände gingen in die Höhe.
» Español? Deutsch?«
Es kam keine Antwort. Hemmerich war sich darüber im klaren, daß mit solchen Männern nur zurechtzukommen war, wenn man ihnen entschlossen begegnete. Jede Spur von Halbherzigkeit würde die eigene Position schwächen, und so sagte er, und seine Stimme klang tatsächlich eiskalt wie die eines Profis.
» Escucha me bien! Todo lo que digo, digo una sola vez! Contesta! Hör zu! Alles, was ich sage, sage ich nur einmal! Antworte!«
»Deutsch!« kam es von der Treppe her.
»Gut. Wenn du einmal nicht gehorchst, schieße ich dir ins Bein. Jetzt gehst du wieder zwei Stufen nach oben, aber rückwärts. Los!«
Der Mann gehorchte.
»Jetzt machst du eine halbe Drehung nach rechts, so daß du mit dem Rücken zum Treppengeländer stehst.«
Wieder gehorchte der Mann.
»Jetzt nimmst du die Hände herunter, führst sie zum Rücken und schiebst sie durch das Geländer.« Blitzschnell überlegte Hemmerich, daß er den Mann auf eine geradezu phantastische Weise sichern konnte, wenn er ihm befahl, die Hände so durchs Geländer zu schieben, daß eine der eisernen Streben sie trennte. Aber er durfte es nicht riskieren, ihn an diesem Ort zu verhören, denn, wer weiß, vielleicht waren seine Komplicen schon unruhig geworden, weil er nicht zurückkam, und am Ende würden sie, bevor der Morgen da war, im Bungalow erscheinen, um nach dem Rechten zu sehen. Also mußte er mit seinem Gefangenen verschwinden, und so herrschte er ihn an: »Beide Arme durch denselben Zwischenraum schieben, aber ganz weit!«
Langsam kamen ihm die Hände entgegen, »Noch weiter!« sagte er. Der Mann beugte sich ein wenig nach vorn, senkte die rechte Schulter, und nur so gelang es ihm, die Arme bis zu den Ellenbogen durch den etwa fünfzehn Zentimeter breiten Zwischenraum zu schieben. Hemmerich trat zurück in die Küche, nahm die Kordel vom Kühlschrank, entflocht sie, legte die Pistole in Greifnähe auf dem Eßtisch ab und fesselte dem Mann die Hände. Auch dabei verfuhr er ziemlich brutal. Immer wieder sagte er sich. Nur so, mit ähnlich rigorosem Vorgehen, wie sie selbst es praktizieren, habe ich eine Chance. Er wickelte die Leine mehrmals um die Handgelenke, zog stramm, machte den Knoten. Er nahm das lose Ende auf, führte es zwischen den Streben hindurch und sagte:
»So, jetzt ziehst du deine Arme da heraus und gehst vor mir her, durch die Haustür nach draußen, dann nach links. Etwa zweihundert Meter weiter steht mein Wagen. Ich packe dich in den Kofferraum, und dann fahren wir ein Stück. Halt! Noch nicht! Wo ist deine Waffe?«
»Unten.«
Hemmerich sah hinunter, sah die LUGER auf der gläsernen Tischplatte liegen.
»Setz dich hin! Ich hole mir die Pistole, behalte dich aber bei jedem Schritt im Auge. Bei der geringsten Bewegung, die mir nicht paßt, schieße ich.«
Schon nach wenigen Augenblicken war er wieder oben. Der Gefangene schien sich in das klägliche Resultat seiner Nachtwache zu fügen, er gehorchte aufs Wort.
Eine Weile gingen sie schweigend über die dunkle Straße, Hemmerich drei Schritte hinter seinem Gefangenen, die Leine in der Hand.
»Falls ein Auto kommt«, sagte er, »brauchst du dir nicht einzubilden, das sei deine Chance. Sobald du wegzulaufen oder auch nur zu winken versuchst, schieße ich. Ich bin Gast in diesem Club, und man würde es mir jederzeit abnehmen, wenn ich erklärte, ich hätte dich beim Durchstöbern meines Bungalows erwischt, sei sogar angegriffen worden von dir, und nun wäre ich dabei, dich zur Polizei zu bringen. Also, keine Tricks! Wie heißt du übrigens?«
»Rüdiger Herles«, war die Antwort.
»Und wie alt bist du?«
»Fünfundzwanzig.«
Sie bildeten ein seltsames, ja, groteskes Gespann, als sie da im Mondlicht über die Clubstraße gingen, der eine halbnackt und gefesselt, der andere drei Schritte hinter ihm, in der Hand die Leine, so als brächte er ein Tier auf die Weide oder zum Schlachthof. Sogar das Antreiben fehlte nicht, denn der Gefangene ging barfuß, und der auf dem Randstreifen liegende Rollsplitt machte ihm zu schaffen.
Sie erreichten das Auto.
»Ich kann doch auch neben Ihnen sitzen«, sagte der Gefangene, »ich mache bestimmt keine Schwierigkeiten.«
Doch Hemmerich hatte schon den Kofferraum geöffnet.
»Los!« sagte er,

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