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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Schrei gellte so laut, daß man ihn, wenn Häuser in der Nähe gewesen wären, in der Nachbarschaft hatte hören müssen. Herles krümmte sich auf der schmalen Liege.
»Los!«
»Ich weiß nur … Meine Arme! Die Schultern!«
»Es ist deine Schuld. Ich habe dich gewarnt. Also?«
»Ich weiß nur, daß sie über einen Gefangenen sprachen. Sie nannten ihn den Schnüffler aus Hamburg.«
»Weiter!«
»Ich weiß nicht, ob das Ihr Bruder ist. Ein Name wurde nicht genannt.«
»Schnüffler aus Hamburg ist schon ganz brauchbar. Wo haltet ihr ihn versteckt?«
»In einer Mine. Im Stollen.«
»Seit wann?«
»Ich hörte was von zwei Monaten.«
»Hast du ihn gesehen?«
»Nein. Es stimmt, daß ich erst vorgestern aus München gekommen bin.«
»Du hast gesagt, sie sprachen über den Gefangenen. Wer sprach? Und bei welcher Gelegenheit war das? Übrigens, Guillermo Hentschel kenne ich. Ebenso Javier. Und Julia Potter. Auch von der Doppelfunktion des CASTILLO weiß ich. Du darfst davon ausgehen, daß ich eine ganze Menge weiß. Nur über meinen Bruder wüßte ich gern etwas mehr.«
»Wir hatten eine Konferenz. Im CASTILLO.«
»Wer alles?«
»Hentschel, sein Sohn Javier, Julia Potter, Claudia Wagner und dann noch vier Männer von den Außenkommandos. Bei der Gelegenheit wurde von dem Schnüffler aus Hamburg gesprochen.«
Noch wagte Klaus Hemmerich nicht, diese erregende Mitteilung als Beweis zu nehmen, daß Victor am Leben war. Schnüffler aus Hamburg, das war einfach zu vage. Er fragte:
»Wie wurde das formuliert? Ganz genau, bitte!«
»Daran kann ich mich nicht erinnern. Wirklich nicht. Ich weiß nur, daß Julia dann noch über ihren HamburgAuftrag sprach. Sie sollte ein Haus in Blankenese observieren und mit den Nachbarn sprechen und bei ihnen auskundschaften, wie die Besitzerin lebt, eine alte Frau. Soviel ich mitgekriegt hab, ist sie die Mutter des Gefangenen, den wir im Stollen haben.«
Einem Mann wie Herles mochte Klaus Hemmerich seine Freude nicht zeigen. So stand er auf, sagte nur: »Ich komme gleich wieder. Für die paar Minuten lassen wir den Knebel, aber sobald du versuchst, dich durch Lärm bemerkbar zu machen, geht es wieder los mit der Gymnastik. Im übrigen. Dieses Haus steht ziemlich einsam.«
Er verließ die Servidumbre, stürmte durch die Küche, fand Christiane im Wohnzimmer. Sie stand mitten im Raum, und es sah aus, als habe sie die ganze Zeit über dort gestanden, unfähig, irgend etwas Sinnvolles zu tun.
Mit beiden Händen griff er nach ihr, zog sie an sich.
»Victor lebt! Ich bin fast sicher!«
»Mein Gott!« Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter, weinte vor Freude. Er drückte sie sanft in einen Sessel, kniete sich vor ihr hin und erzählte. Er schloß mit den Worten:
»Er lebt also, aber wir haben ihn noch nicht.«
Gleich darauf war er wieder bei seinem Gefangenen. Jetzt, da er die wichtigste aller Informationen bekommen hatte, fiel ihm das Verhör viel leichter. Er fühlte sich wie jemand, der einen Sieg davongetragen hat. Doch dabei ging es nicht um den kleinen Sieg über einen kriminellen Landsmann, der Christiane und ihn hatte einfangen wollen und dabei selbst zum Gefangenen geworden war, es ging um das Größere, Wichtigere, daß aus der winzigen Hoffnung, Victor könne noch am Leben sein, fast eine Gewißheit geworden war.
»Warum hat Hentschel meinen Bruder nicht getötet?« fragte er.
»Keine Ahnung. Vielleicht braucht er ihn für irgendwas. Aber soviel ich weiß, hat Hentschel noch nie einen Gefangenen getötet.«
»Du wolltest sicher sagen: Er hat noch nie Gefangene gemacht. Du weißt vielleicht, daß es hier und da an den Fronten der Nazis diesen barbarischen Befehl gegeben hat, und weißt dann sicher auch, was er bedeutete, keine Überlebenden! Ich muß meine Frage abwandeln. Wievielmal hat Hentschels Organisation zugeschlagen, und wieviele Tote hat es dabei gegeben?«
Hemmerich bog die Arme seines Gegners durch, denn er fürchtete eine neuerliche Ausflucht. Und mit seinen nächsten Worten übertönte er Herles’ Stöhnen: »Ich will von jeder einzelnen Aktion wissen! Wo? Wann? Wieviele Opfer?« Er ließ von Herles ab, setzte sich wieder. Die Antwort kam sofort, kam bereitwillig, aber sie fiel unbefriedigend aus:
»Wir, also die einzelnen Leute, haben nicht die Übersicht übers Ganze. Wir werden punktuell eingesetzt, mal hier, mal da, und keine Gruppe weiß, was die andere macht.«
»Zähl alle Aktionen auf, von denen du weißt!«
Herles nannte seine eigene, die er zusammen mit Knut Vetter

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