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1980 Die Ibiza-Spur (SM)

1980 Die Ibiza-Spur (SM)

Titel: 1980 Die Ibiza-Spur (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Blumen hinweg würde ein Vabanque-Spiel sein, denn vielleicht saß der Mann sogar auf der Terrasse, und dann wäre für ihn der plötzlich über den Blüten auftauchende Kopf ein unverfehlbares Ziel, eine wahre Schießbudenfigur.
    Er hielt sich also links, erreichte die Mauer und hatte keine Bedenken, sie zu erklimmen, denn daß sein Gegner sich ausgerechnet diesen engen steinernen Käfig oder auch die dahinterliegende Küche für seinen Aufenthalt ausgesucht hatte, war nicht anzunehmen. Um ungehindert klettern zu können, und auch, um jedes überflüssige Geräusch zu vermeiden, legte er die Pistole und die Taschenlampe auf die Mauerkante. Dann zog er sich hinauf.
    In dem kleinen Geviert war es ziemlich dunkel, weil das Mondlicht hier nicht einfiel. Vorsichtig ließ er sich in den Hof hinab, nahm Pistole und Lampe zur Hand, ging auf die Küchentür zu. Plötzlich zuckte er zurück. Etwas war ihm übers Gesicht gewischt. Im ersten Moment glaubte er, es sei ein Tier gewesen, eine Fledermaus vielleicht, doch dann ging ihm auf, daß es Christianes zum Trocknen aufgehängter Bikini sein mußte. Er ging langsam weiter, erreichte die Tür, lauschte lange, faßte schließlich an die Klinke. Am ersten Tag, das wußte er genau, hatte er die Tür nur dadurch öffnen können, daß er sich von innen her mit seinem ganzen Gewicht gegen sie stemmte. Danach hatten sie sie nicht wieder ganz geschlossen, sie immer nur angelehnt gelassen, und er hoffte inständig, daß die drei nächtlichen Besucher diesen Zustand nicht verändert hatten. Er hängte sich die Lampe an den Gürtel und tastete mit der freien Hand nach der Kante des Türblatts, fühlte erleichtert den vier, fünf Zentimeter aus der Fluchtlinie herausragenden Rahmen. Das Aufschwingen, so glaubte er sich zu erinnern, machte kaum Geräusche, aber was zählte ein solches Erinnern, das sich auf das ganz alltägliche, gedankenlose Öffnen einer Küchentür bezog? Verbürgte es Gefahrlosigkeit auch für eine lautlose Nacht und für eine Situation wie die, in der er sich jetzt befand? Als Kind hatte er manchmal, wenn er heimlich eine Tür öffnete, ein mögliches Knarren dadurch überspielt, daß er das Blatt nicht behutsam, nicht Zentimeterweise aufschob, sondern es mit einem einzigen entschlossenen Ruck aufriß. Er entschied sich, es auch diesmal so zu machen, packte die Kante, hielt sie gut fest, damit sie ihm bei dem Schwung nicht entglitt, zog heftig. Ein ganz leichtes, schon im Ansatz unterdrücktes Ächzen ertönte von den Scharnieren her. Er trat zur Seite, richtete die Waffe auf die Türöffnung, wartete. Im Haus regte sich nichts. Zwei Minuten etwa ließ er verstreichen, dann betrat er, die WALTHER immer noch schußbereit in der Hand, die Küche. Die Gummisohlen seiner Tennisschuhe schluckten die Schritte, und so gelangte er unbemerkt bis an die nächste Tür. Und damit war er vorläufig am Ende seiner nächtlichen Pirsch, denn diese Tür war zu. Er wußte, sie war nicht verschlossen. Christiane und er hatten beim Einzug in den Bungalow vergeblich nach dem Schlüssel gesucht, aber allein die Tatsache, daß sie zugedrückt war, stellte ein Problem dar. Schon das Niederdrücken des Griffs würde den Mann, der sich vermutlich im Wohnzimmer aufhielt, alarmieren.
    Er hatte nun zwei Möglichkeiten, konnte, ähnlich abrupt wie gerade vorher im Patio, die Tür aufreißen, dann mit einem Satz ins Zimmer springen und sofort die Pistole auf den Mann richten, oder aber er mußte warten, bis dieser irgendwann, vielleicht um sich etwas zu trinken zu holen, in die Küche käme. Dann könnte er ihn dort in eben jener Weise überraschen, wie sie offensichtlich für ihn selbst und für Christiane vorgesehen war.
    Er richtete seinen Blick auf den Fußboden, bückte sich, konnte aber nicht erkennen, ob auf der anderen Seite Licht brannte. Das bedeutete nicht mit Sicherheit, daß der Mann im Dunkeln saß, denn der Wohnraum lag tiefer als die Küche und die anschließende Empore, die als Eßzimmer eingerichtet war. Es bestand also durchaus die Möglichkeit, daß unten eine der Wandleuchten eingeschaltet war, ohne daß ihr Licht bis zu ihm heraufdrang. Doch diese Frage, ob in dem Raum hinter dieser Tür eine Lampe brannte oder nicht, war nun mal entscheidend. Da er sie nicht beantworten konnte, entschloß er sich zunächst für die zweite Möglichkeit. Er wartete.
    Es wurde ein langes Warten, auch ein unbequemes, denn in dem schmalen Raum gab es keine Sitzgelegenheit. Erschwerend kam hinzu,

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