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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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hatte, lag in seinem Hotelzimmer. Er konnte sich jederzeit eine neue Kopie machen. Georg entschloss sich daher, der Alten die Aufnahmen zu lassen. Sie nahm sie und drückte sie mit einem dankbaren Lächeln an ihre Brust. Florence nickte Georg zu. Sie gingen gemeinsam zum Hubschrauber. Georg half noch den Patienten einzuladen. Maurice startete die Turbine als alle Passagiere an Bord waren. Der Lotse, den sie auf ihrem Hinflug aufgenommen hatten, blieb bei der Familie. Die Turbine wurde immer lauter. Der Hubschrauber ging langsam in die Luft. Erst als die Baumwipfel schon weit unter Ihnen lagen, drehte Maurice ab und sie flogen direkt in Richtung Meer. Georg blickte hinunter auf die Steilküste. Er glaubte den Pfad zusehen, auf dem sie vorhin zu dem Stein gegangen waren und er blickte über das Dickicht, das sich von der Küste ins Landesinnere erstreckte. Julies Land, dachte er. Florence folgte seinem Blick und schien den gleichen Gedanken zu haben. Eine erste Spur von Julie Jasoline hatten sie bereits gefunden. Florence rief sich den Lebenslauf von Victor Jasoline ins Gedächtnis. Julies Vater hatte bis 1906 auf Tahiti gelebt. Diese Jahreszahl stimmte aber nicht mit dem Jahr auf dem Grenzstein überein. Victor Jasoline muss mit seiner Familie also noch nach 1906 in der Südsee geblieben sein, denn das Jahr 1911 war das Jahr, in dem der Mann mit dem Kasten gekommen ist und »Julie des Bois« wieder mitgenommen hat. So hatte es die alte Frau erzählt.
    Nach der Landung am Krankenhaus auf Nuku Hiva halfen viele Hände den neuen Patienten auszuladen und in die Aufnahme zu bringen. Maurice musste sich noch um seine Maschine kümmern, um sie für den nächsten Tag vorzubereiten, an dem er wieder Notfallbereitschaft hatte. Georg wollte sich eigentlich noch nicht von Florence trennen. Er wollte das Erlebte noch einmal mit ihr durchsprechen.
    *
    Es war später Nachmittag und Florence hatte vor, sich noch frisch zu machen. Sie verabredeten sich daher erst für den Abend. Georg holte sie von zu Hause ab und sie dirigierte ihn zu einem Restaurant am Hafen. Nach dem sie bestellt hatten, brachte er das Gespräch wieder auf »Julie des Bois«.
    »Wir haben zwei Hinweise«, begann er. »Victor Jasoline war bis 1906 auf Tahiti stationiert und die alte Frau auf Ua Huka sprach davon, dass Julie ihren Bruder im Jahr 1911 verlassen hat und sie sie nie wieder gesehen hat, dass heißt bis auf diese mysteriöse Begegnung.«
    »Der Stein, die Jahreszahl stand auch auf dem Stein«, sagte Florence. »Und nicht nur das, der Name Julie des Bois, er stimmt mit dem Titel des Ölgemäldes überein. Ich finde, es passt alles sehr gut zusammen.«
    »Was ist mit der Mutter?«, fragte Georg.
    »Ich stelle mir das folgendermaßen vor«, antwortete Florence. »Die Familie Jasoline hat auf Nuku Hiva oder Hiva Oa gelebt, also nur Victor, Yvette und Thérèse, während Julie sich vorübergehend auf Ua Huka aufgehalten hatte, der Liebe wegen, könnte man sagen. Also, sie wollen die Marquesas verlassen. Victor fährt allein nach Ua Huka hinüber und holt Julie ab, darum hat die Großmutter auch nicht von einer Frau und einer weiteren Tochter gesprochen, weil Victor allein gekommen ist.«
    Georg nickte. »Das kann durchaus so gewesen sein«, bestätigte er. »Auf jeden Fall taucht Thérèse, also Julies Schwester wieder in Paris auf.«
    »Sie tauchten beide in Paris oder besser gesagt in Frankreich auf«, warf Florence ein. »Yvette Jasoline schreibt diese Postkarte Ende November 1913 und Thérèse heiratet im Januar 1914 in Paris.«
    »Jetzt wo sie das so sagen«, meinte Georg und überlegte. »
Zwischen November 1913 und Januar 1914 liegen kaum zwei Monate
. Yvette ist vielleicht extra zur Hochzeit ihrer Tochter nach Frankreich gekommen. Ihr Mann, also Victor ist aus irgendeinem Grund nicht dabei oder vielleicht ist er doch dabei, es spricht ja nichts dagegen. Nur die Schwester der Braut, also Julie ist nicht mit nach Frankreich gereist. Das erklärt auch, warum Yvette in der Postkarte schreibt, sie könne Julie den Ort ihrer Geburt nicht zeigen. Natürlich kann sie nicht, weil Julie wahrscheinlich weit weg in der Südsee oder in Australien oder Neuseeland geblieben ist.« Georg stutzte. »Moment, eigentlich wissen wir nichts Genaues. Julie kann natürlich auch mit in Frankreich gewesen sein, damals. Sie war nur nicht mit ihrer Mutter in Allaire. Es kann ganz banal gewesen sein und nicht so dramatisch wie wir es vermuten.«
    »Es sind Theorien«, bemerkte

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