1981 - Richard
ab von einem realen Bild hin zu einem Gemälde, einem Gemälde im Stile eines van Goghs oder eines Gauguins. Auf diese Weise wurden zahlreiche Bilder geschaffen, die er links und rechts neben sich auf den Strand legte. Immer wieder und immer wieder. Dann besah er sich seine Finger. Sie waren beschmiert mit Farbe. Die Bilder, die er aus der Landschaft heraus nahm, die in seinen Händen zu Gemälden wurden, waren noch nicht getrocknet. Die Ölfarbe war noch feucht und klebte jetzt an seinen Händen. Als er erwachte, fiel bereits starkes Sonnenlicht durch den Vorhang ins Hotelzimmer. Er rieb instinktiv Daumen und Zeigefinger aneinander, um die Farbe zu fühlen. Es war aber natürlich nichts an seiner Hand. Er sah auf die Uhr, es war bereits nach neun. Er stand schnell auf, duschte und ging hinunter ins Restaurant zum Frühstücken. Am Vormittag fuhr er in den Hafen von Taiohae. Es war Fischmarkt. An einem der Stände wurde ein echter Hai präsentiert. Es war früher Nachmittag als er wieder zum Hotel zurückkehrte. Mit dem Hotelschlüssel bekam er auch eine Nachricht von Florence. Er hatte sie seit Samstagabend weder gesehen, noch gesprochen. Die Nachricht war kurz: »Bitte um Rückruf«. Von seinem Zimmer aus wählte er ihre Nummer und hatte zunächst wieder Betty Fallon am Apparat. Florence war nicht in der Apotheke. Sie wollte kurz nach Hause fahren, dann aber am späten Nachmittag wieder zurück sein. Er gab an, die nächsten Stunden in seinem Hotelzimmer erreichbar zu sein. Nach dem er aufgelegt hatte, ging er hinaus auf den Balkon, den er bisher nur einmal genutzt hatte, obwohl der Ausblick auf das Meer sehr schön war. Er nahm sich aus der Mini-Bar eine Cola und genoss das kühle Getränk. Eine Stunde später meldete die Hotelrezeption einen Anruf für ihn. Florence Stimme erklang. Fabrice hatte sich gemeldet. Sie wollte es nicht am Telefon besprechen und bat Georg daher zur Apotheke zu kommen. Zwanzig Minuten später war er bereits am Krankenhaus. Die Apotheke hatte geschlossen. Er klingelte und Betty Fallon kam aus den hinteren Räumen und ließ ihn ein.
»Sie kennen ja den Weg«, sagte sie.
Er ging aus dem Verkaufsraum über den Flur in das leere Vorzimmer. Er klopfte höflich an Florence Bürotür und trat dann ohne Aufforderung ein. Florence lächelte ihn an und zeigte auf den Besprechungstisch. Georg setzte sich. Florence nahm einen Stoß Papiere von ihrem Schreibtisch und kam damit zum Besprechungstisch.
»Fabrice hat einiges herausbekommen«, begann sie, überlegte dann aber noch einmal. »Ach, bevor ich es vergesse, ich habe auch mit Gori gesprochen, wegen der Inschrift auf dem Stein.«
Sie suchte den Zettel auf dem sie die rätselhaften Worte notiert hatte. »Gori war etwas fantasiereicher, zumindest hat er versucht, dem ganzen einen Sinn zugeben. Also er übersetzt die Worte Taatai Onuanu Raloonu mit Zum Gedenken an unsere Frucht , wobei er auch festgestellt hat, dass das Wort Onuanu für Brotfrucht eigentlich mit einem Apostroph und ohne den Buchstaben N geschrieben wird, also O’Uanu .«
»Z um Gedenken an unsere Frucht« , wiederholte Georg. »Vielleicht wurde auf Julies Land früher doch etwas angebaut, vielleicht haben Julie und dieser Bruder dort gemeinsam ein Feld bepflanzt, zum Beispiel mit Brotfruchtbäumen. Als Julie die Insel dann verließ, hat der Bruder dieses gemeinsame Projekt mit dem Setzen dieses Steins für die Ewigkeit festgehalten.«
»Ich finde den Begriff Projekt lustig«, meinte Florence kopfschüttelnd. »Ich fürchte nur, so denken die Menschen hier nicht, obwohl das, was sie sagen einleuchtend ist. Die Großmutter hat doch gesagt, dass das Land seit Julies Weggang nicht mehr bewirtschaftet wurde, was bedeutet, dass es früher bebaut war. Vielleicht will der Stein genau daran erinnern. Das passt nämlich eher zum Denken der Menschen auf den Marquesas.«
Georg zuckte mit den Achseln. »Oft sind die einfachsten Erklärungen die Besten.« Er sah auf das, was Florence noch in den Händen hielt. »Und was hat nun ihr Fabrice herausgefunden?«
Sie gab ihm ein Blatt. »Das wichtigste ist, dass Julie Jasoline zwar als Französin geboren wurde, aber seit 1947 britische Staatsbürgerin ist oder war. Sie hat also 1947 noch gelebt und darüber hinaus wohl auch noch. Ihre französische Staatsbürgerschaft hat sie damals abgelegt, obwohl sie es nicht hätte machen müssen. Gründe dafür gibt es nicht. Leider ist der französische Staat in solchen Fällen schnell beleidigt. Ihre
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