1981 - Richard
Werkstattgebäude. Er beeilte sich, von innen das Schiebetor vor der Montagegrube zu öffnen und den Corsa in die Halle zu fahren. Er verschloss das Tor von innen und sicherte auch die Seitentür mit dem schmalen Brett, dass er sich im Abstellraum bereit gelegt hatte. Er sah sich in der Werkstatt um, eigentlich war es ein dunkles Loch. Auf der Rückseite, direkt unter der Decke gab es eine Reihe schmaler Fenster mit Milchglasscheiben. Es konnte niemand hineinsehen, auch nicht wenn jemand mit einer Leiter von außen die Wand hoch kletterte. Der geflieste Hallenboden war ideal für die Versuche. Edmund Linz hatte sich noch in mehreren Schreibwarenläden mit Künstlerleinwänden eingedeckt. Er hatte sein Labormaterial auch um mehrere Kochtöpfe ergänzt. Die Sachen hatte er von zu Hause mitgebracht. Er kochte selten und brauchte die Töpfe ohnehin nicht mehr. Zum Testen seiner Rezeptur waren sie aber notwendig. Mit seinen Versuchen musste er zwei Probleme lösen. Zum einen musste die Reaktion so perfekt ablaufen, dass keine verdächtigen Substanzen übrig blieben und zum anderen musste er lernen, die Reaktion zu verzögern. Doch heute würde es noch keine Versuche geben, er musste erst einmal ein paar Substanzen destillieren, anmischen und aufbereiten. Er baute einen Teil des Stativs auf und installierte auch den Brenner. Er würde jetzt zwei oder drei Stunden brauchen. Einige der Substanzen mussten sich bis zum nächsten Tag noch in ihren Behältnissen absetzen, damit er sie gebrauchen konnte. Es war noch vor 18:00 Uhr, als Edmund Linz die Werkstatt wieder verließ. Er hatte alles aufgeräumt und die Sachen in dem Abstellraum eingeschlossen. Diesmal fuhr er ohne anzuhalten an dem Holzschuppen vorbei.
Am Montagmorgen kam er erst gegen zehn wieder zu dem Grundstück. Ein LKW, beladen mit einem Container fuhr gerade aus der Einfahrt. Weiter hinten auf dem Gelände, dort wo die anderen Container lagerten, stand ein Kranwagen und belud gerade einen zweiten Laster. Der junge Mann stand neben dem Kran und unterhielt sich mit dem LKW-Fahrer. Edmund Linz fuhr direkt wieder zum Werkstattgebäude und sah zu, dass er mit samt seinem Wagen so schnell wie möglich darin verschwand. Er hoffte nur, dass sich kein Fremder für ihn interessieren würde. Vielleicht war aber auch die Unruhe auf dem Gelände von Vorteil.
Die Abfuhr sämtlicher Container dauerte drei Tage. In dieser Zeit war der Grundstückswächter damit beschäftigt, beim Verladen zu helfen. Um die Werkstatt und das, was sich darin tat, kümmerte sich niemand. In den vergangenen Tagen hatte Edmund Linz viel zu tun. Er war wieder Chemiker, so wie früher, als er noch selbst im Labor gearbeitet hatte und es machte ihm sogar wieder Spaß, nur die Arbeitsbedingungen waren bei weitem nicht so ideal und bequem wie in einem richtigen Labor.
Die Glasgeräte, die Kolben, Pipetten und Reagenzgläser kamen gut zum Einsatz. Die Reagenzgläser brauchte er vor allem, um die Rückstände der Reaktion zu analysieren. Es durften natürlich Rückstände anfallen, es musste sogar welche geben, aber das, was übrig blieb, durfte keine Fragen aufwerfen, durfte nicht zu einem Verdacht führen. Er hatte schnell zwei der Umzugskartons mit verbrauchtem Material gefüllt und er machte bei seinen Experimenten Fortschritte. Gegen die Gerüche in der Werkstatt hatte er jeden Abend die ausgerollte Kunststofffolie mit der Unterbodenschutzfarbe bestrichen. Es roch permanent nach Bitumen und Lösungsmitteln. Die Versuche selbst baute er in der Montagegrube auf und ließ sie dort reagieren. Es war ihm in den vergangenen beiden Tagen gelungen, die Reaktion bereits um mehrere Stunden zu verzögern. Er kam seinem Ziel jetzt Stück für Stück näher, er hatte das Prinzip verstanden. Er hatte ausgerechnet, dass eine Verzögerung von dreißig Stunden ausreichen würde. Wenn alles klappte, wenn der Zeitpunkt stimmte, an dem er seine Manipulation vornehmen konnte, dann waren dreißig Stunden ideal, wobei es auf eine Stunde mehr oder weniger nicht ankam. Seine Kochtöpfe hatten sich ebenfalls bereits bewährt. Die Reaktion fand am Topfboden statt, geschützt von der Topfwandung. Er hatte mittlerweile eine Versuchsreihe gestartet. Er hatte sich drei weitere Kochtöpfe gekauft, es waren Spaghettitöpfte mit extra hohem Rand. Außerdem hatte er sich drei Analoguhren mit Datumsanzeige besorgt. Er hatte gleichzeitig drei Mischungen vorbereitet, die zu unterschiedlichen Zeiten reagieren sollten. Bei der letzten
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