1981 - Richard
Weltenbummler und Aussteiger ein. Florence genoss das Treiben. Auf dem Rückweg zum Hotel kam sie an den Geschäften und kleinen Marktständen vorbei, die der Touristen wegen auch in den Abendstunden noch ihre Waren anboten. Gegen halb zehn war sie wieder auf ihrem Zimmer und legte sch sofort schlafen. Am Morgen konnte sie sich an einen Traum erinnern. Sie sah sich über Hügel und Bäume fliegen. Nicht in einem Flugzeug oder in einem Hubschrauber, nein, ganz leise, so als könne sie selbst fliegen. Es war eine Hügellandschaft mit zum Meer hin steilen Küsten. Sie glitt über kleine Buchten mit weißen Stränden und über Klippen, die zum Meer abfielen. Sie konnte sogar Fische im Wasser erkennen. Im Traum hob sie den Kopf und sah über das weite Meer. Sie spürte die Sonne auf ihren Rücken scheinen. Es war schön und sie fühlte sich entspannt. Als sie am Morgen erwachte, musste sie an ihren Strand auf Nuku Hiva denken. Sie hätte nicht sagen können warum, aber der Strand war immer der Ort, an den sie die meisten Erinnerungen aus ihrer Kindheit hatte. Sie liebte es noch heute, im Sand zu sitzen, im Schatten einer Palme und hinaus auf das Meer zu blicken. Es gab Plätze, von denen aus sie Ua Pou sehen konnte, zwar nur ganz schwach, aber wenn man wusste wo die Insel lag, dann war es auch einfach sie am Horizont auszumachen.
*
Florence saß wieder in der Abflughalle und sah sich ihre Notizen aus Paris an. Sie dachte über ihre Reise nach, über die vergangenen drei Wochen. Die erste Woche war noch sehr anstrengend gewesen. Die Tage waren lang. Der Messebesuch, das lange Laufen durch die Messestände, die unzähligen Gespräche mit den Firmenvertretern. Auch abends war das obligatorische Treffen mit den Delegationsteilnehmern nur die ersten Tage eine Abwechselung. Die zweite Woche war schon angenehmer. Sie hatte sich an alles gewöhnt. Vor allem störte sie die Zeitverschiebung nicht mehr so sehr. In der zweiten Woche war sogar ein ganzer Tag für einen Ausflug nach Versailles reserviert. Obwohl viele Teilnehmer den Ausflug mitmachten, bot sich hier die Gelegenheit, auch einmal allein in den weitläufigen Gärten spazieren zu gehen und etwas zu entspannen. An diesem Tag war das Wetter für Mitte März sogar überraschend gut.
Florence steckte die Schreibmappe in ihre Tasche zurück. Auf dem Tisch vor ihr lagen einige tahitianische und polynesische Magazine. Die Zeitungen hatten fast alle einen Lokalteil, der neben Bora Bora, Moorea und weiteren Archipelen auch über die Marquesas berichtete. Sie musste schmunzeln. Ein Artikel handelte über die missglückte Anlandung eines Geländewagens. Das Fahrzeug sollte von einem Lastenponton auf den Quai gefahren werden und war dabei abgerutscht. Die Hinterachse war bei dem Aufprall gebrochen. Der Eigentümer des Neuwagens hatte daraufhin die Annahme verweigert. Florence las auch über die archäologischen Ausgrabungen, die seit einiger Zeit auf den Marquesas durchgeführt wurden. Es handelte sich dabei um die Freilegung alter Kultstätten und Steinskulpturen. Es wurde regelrecht ein Programm ins Leben gerufen, das auch dazu diente, die Inseljugend mit den Ausgrabungs- und Freilegungsarbeiten zu beschäftigen.
Eine halbe Stunde später saß Florence bereits im Flugzeug. Die Turboprop-Maschine nahm schnell Fahrt auf. Nach vielleicht dreihundert Metern hob sie ab. Die Maschinen, mit denen die Tahiti Nui flog, waren vielseitig einsetzbar. Nicht immer wurden ausschließlich Passagiere mitgenommen. Oft bestand die Ladung sogar größtenteils aus Fracht, mit denen die Marquesas versorgt wurden. Heute war kein Touristentag, an dem die Maschine in der Regel voll besetzt war. Neben Florence waren nur neun weitere Passagiere an Bord. Die hinteren Sitzreihen waren herausgenommen und der entstandene Stauraum mit Kisten und Kartons ausgefüllt worden. Spanngurte sicherten die Ladung und ein kleiner Vorhang trennte die Fluggäste von der Fracht. Die Tragflächen, an denen die beiden Propellermotoren befestigt waren, lagen über der Kabine, so dass der Blick aus dem Fenster frei war. Aus der Luft wurde noch einmal die endlose Weite des Pazifiks deutlich, in der sich die Inseln Polynesiens verloren. Der Flug auf die Marquesas dauerte viereinhalb Stunden. Florence hing gerade ihren Gedanken nach, als ein Mitreisender auf dem Platz vor ihr die Inseln entdeckte. Schräg voraus war die Ausdehnung der gut zehn Hauptinseln zu sehen, vom Süden her, beginnend mit Fatu Hiva. Etwas weiter
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