1981 - Richard
glaubwürdiger herüberbrachte. Leider musste es sein.
Mademoiselle DeFoube nickte und las sich den Text auf der Postkarte durch. »Eine Yvette hat die Karte an Madame Pallet geschrieben und berichtet von ihrer Tochter Julie«, fasste sie zusammen.
»Ganz richtig«, bestätigte Georg. »Sehen sie das Foto. Die Tochter Julie wurde offenbar an diesem Ort geboren. Es ist in der Nähe von Allaire.«
Mademoiselle DeFoube senkte erneut den Kopf und schaute sich jetzt auch das Bild der Postkarte an, dann sah sie wieder zu Georg auf. »Ich kenne das Gebäude. Vor einigen Jahren gab es im Rathaus eine Ausstellung zum Thema Architektur der Loire -Region. Es wurden auch Fotografien von dem alten Sanatorium gezeigt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, weil ich letztes Jahr Freunde auf dem Campingplatz am See besucht habe und wir mehrmals zu dem Gelände gewandert sind.«
»Es geht mir um Yvette und ihre Tochter Julie«, erklärte Georg. »Ich möchte gerne herausfinden, wie sie mit Nachnamen hießen. Es wäre ein wichtiger Hinweis, um zu klären, ob es tatsächlich eine Verbindung zu meiner Klientin gibt. Wäre es möglich, nur an Hand der Vornamen auf einen Nachnamen zu kommen. Sehen sie, die Postkarte stammt von 1913. Die Tochter, also diese Julie, muss demnach vor 1913 in Allaire, in dem Sanatorium, geboren worden sein. Wenn es eine Geburtsurkunde gibt, dann gibt es auch Namen, Nachnamen.«
»Das ist schon recht spannend«, sagte Mademoiselle DeFoube. »Aber was stellen sie sich denn vor, wie ich Ihnen weiterhelfen kann?«
»Es mag etwas ungewöhnlich sein, aber vielleicht ist es ja möglich, nachzusehen, ob es Geburtsurkunden gibt, in denen die Vornamen Julie für das Kind und Yvette für die Mutter vorkommen. Es sind natürlich nur die Geburtsurkunden vor 1913 interessant.«
Mademoiselle DeFoube dachte über den Vorschlag nach. »Es ist nicht so einfach«, sagte sie schließlich. »Wir haben alle Geburten und andere standesamtliche Daten ab 1950 in einer Datenbank gespeichert. Die Urkunden, die vor dieser Zeit ausgestellt wurden, liegen in Archiven. Ich müsste jede einzelne Urkunde durchsehen und bis ins Jahr 1871 zurückgehen, denn soweit reichen die Unterlagen in den Standesämtern. Alles vor dem Jahr 1871 finden sie, wenn überhaupt, nur noch in den Kirchenarchiven.«
Georg dachte sofort an das Gauguin-Gemälde und auch an die Fotografien, die aus der Südsee stammten. Das kleine Mädchen, nach dem er suchte, war im Jahre 1902 nicht älter als zehn gewesen, wenn überhaupt. Sie konnte also nicht früher als 1892 und auf keinen Fall später als 1898 geboren sein. Wenn sich herausstellte, dass sie davor oder danach geboren war, konnte er wenigstens ausschließen, dass es jene Julie war, die von Paul Gauguin portraitiert wurde. Dennoch war es natürlich wichtig einen Nachnamen für Yvette und ihre Tochter Julie zu erhalten, denn er wusste ja noch immer nicht, ob Thérèse Pallet überhaupt mit Victor Jasoline verwandt war und ob er hier die richtige Spur verfolgte.
»Ich fürchte, sie müssten schon in der Zeit von 1871 bis sagen wir mal 1913 suchen«, erklärte Georg, nachdem er seine Überlegungen abgeschlossen hatte.
Mademoiselle DeFoube stutze erneut. Es schien, als versuchte sie den Arbeitsaufwand, der auf sie zukam, abzuschätzen. »Vielleicht reicht es ja, wenn ich aus unserer Datenbank eine Liste mit den Frauen erstelle, die nach 1950 in den umliegenden Gemeinden verstorben sind und die den Vornamen Julie hatten?«
Georg sah sie mitleidig an. »Gut, ich verstehe, die Suche in ihrem Archiv ist sehr aufwendig, aber wie soll ich anders an die Informationen herankommen. Was ist, wenn das Mädchen oder die Frau gar nicht hier in diesem Bezirk verstorben ist, vielleicht hat sie bis zu ihrem Tod nicht einmal mehr in Frankreich gelebt. Alles was ich einigermaßen sicher weiß, ist, dass sie hier in der Gegend um Allaire geboren wurde.«
Mademoiselle DeFoube lächelte. »Aber versuchen können wir es doch, bevor ich in unseren Keller hinunter steigen muss.«
Georg lächelte zurück. »Natürlich, Mademoiselle.«
Sie schwieg kurz. »Leider oder zum Glück sind wir eine Behörde«, erklärte sie schließlich. »Für Ihre Recherche brauche ich die Genehmigung des Amtsleiters, aber das hört sich schlimmer an, als es ist. Sie müssen einen Antrag ausfüllen. Wichtig ist dabei, dass sie begründen, warum sie diese Recherche machen lassen wollen.«
»Was heißt Begründung?«, fragte Georg. »Können sie mir da
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