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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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nicht helfen?«
    Sie lächelte, drehte sich nach hinten um und zog einen Zettel aus einem Fach in der Wand. Sie begann das Formular im unteren Teil auszufüllen. Die oberen Felder ließ sie offen. »Ich habe geschrieben, dass sie nach ihren eigenen Verwandten suchen«, erklärte sie. »Ich habe einfach auch einen Nachnamen vorgegeben. Mein Chef würde sich sonst wundern, welchen seltsamen Anfragen wir hier nachgehen. So wie ich es geschrieben habe, wird es ihn nicht sonderlich interessieren und er unterschreibt es blind. Wir müssen hier oben nur noch ihren vollständigen Namen und die Adresse eingeben.«
    Sie hob das Formular an und zeigte ihm kurz die noch nicht ausgefüllten Felder. »Wie lautet ihr vollständiger Name?«, fragte sie ihn, nachdem sie das Blatt wieder auf ihre Schreibunterlage gelegt hatte.
    »Georg Staffa«, antwortete er.
    »Und sie kommen aus Deutschland?«, fuhr sie fort.
    Georg nannte seine Anschrift in München. Die Straße buchstabierte er. Mademoiselle DeFoube schrieb alles sorgfältig auf.
    »Haben sie auch eine Adresse hier in Frankreich, ihr Hotel zum Beispiel?«
    Georg überlegte. »Ich werde heute im Hotel in Nantes übernachten. Morgen wollte ich aber wieder nach München zurück fliegen. Bis wann kann ich denn mit einem Ergebnis der Recherche rechnen?«, fragte er.
    Jetzt sah sie auf. »Ich werde es nicht vor Anfang nächster Woche schaffen«, erklärte sie. »Es geht nicht so schnell.« Sie lächelte. »Ich muss ja auch noch ins Archiv hinunter.«
    Georg nickte. Er gab ihr die Visitenkarte, die er aus der Hotellobby mitgenommen hatte. Sie übertrug die Adresse des Hotels in Nantes auf das Formular.
    »Vielleicht ist es besser, wenn sie mir die Ergebnisse der Recherche in einer E-Mail übersenden«, schlug er vor.
    »Ja, gut«, sagte sie etwas enttäuscht. »Das ist sicherlich einfacher, als wenn sie am Freitag noch einmal hierher kommen müssen.«
    Georg holte eine seiner Visitenkarten aus der Jackentasche und schob sie durch die Öffnung in der Glasscheibe.
    Sie überflog die Karte. »Ich kenne sonst keine Rechtsanwälte aus Deutschland«, bemerkte sie.
    Georg lächelte sie an. »Jetzt kennen sie einen«, sagte er und zeigte dabei auf die Visitenkarte. »Sie können mich unter der ersten Nummer tagsüber in meiner Kanzlei erreichen. Und über die Handynummer, wenn ich nicht im Büro sein sollte.«
    »Gut, ich werde mir alle Mühe geben. Wenn ich etwas herausfinde, lasse ich es sie wissen und sie können dann besser planen, wann sie wieder bei mir vorbei schauen.« Sie lächelte ihn an.
    Georg hatte ein wenig den Eindruck, dass sie sogar darauf bestand, dass er noch einmal persönlich bei ihr vorsprach. Zum Abschied gab sie ihm dann eine Karte mit der Anschrift und der Telefonnummer des Rathauses in Redon, auf der sie noch einmal ihren eigenen Namen schrieb. Georg nahm die Karte.
    »Sie heißen Liane, ein schöner Name.« Georg lächelte sie an. »Danke Liane DeFoube.«
    Er nickte noch einmal und wandte sich dann ab. Als er durch den Schalterraum zum Ausgang ging, sah sie ihm nach.
     
    *
    Georg fuhr die Straße, die er gekommen war, ein Stück zurück. An einer Gabelung musste er links fahren. In Redon gab es viele Einbahnstraßen, die ihn zu einem Umweg zwangen. Er entkam schließlich dem Gewirr aus Sträßchen und Gassen und gelangte zu einer großen Kreuzung, an der Nantes, Vannes und einige andere Orte ausgeschildert waren. Er hielt an und besah sich unschlüssig das Hinweisschild. Jemand hupte hinter ihm, zog dann aber auf der breiten Straße problemlos an ihm vorbei. Georg war im Norden Deutschlands, in einem kleinen Dorf am Meer aufgewachsen. Die nächst größere Stadt neben Hamburg war Cuxhaven. Im Stadtzentrum von Cuxhaven, auf einem Platz, gab es einen großen Findling mit dem Wappen der Stadt Vannes. Daran erinnerte er sich jetzt in diesem Moment. Cuxhaven und Vannes waren Partnerstädte und das schon seit 1963. Georg hatte dieses Wappen vor Augen. Das auffälligste darauf war ein Tier, ein Iltis, der aussah, als hätte er Flügel. Als Kind hatte Georg lange geglaubt, dass der Iltis ein Otter sei und dass er etwas mit seinem eigenen Heimatdorf zu tun hätte. Er war es eigentlich von Kind an gewohnt am Meer zu leben, die Gezeiten schon am Geruch der Luft wahrzunehmen. Warum er heute so fernab vom Meer lebte, konnte er eigentlich nicht erklären, oder doch. Er war erwachsen und konnte hingehen und leben, wo er wollte. Er verdiente nun einmal in München sein Geld und war

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