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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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und über ein Portrait, ein Ölgemälde, von der die Großmutter oder Urgroßmutter gesprochen hatte.
    Torre Bruel stellte fest, dass Georg in Gedanken war. Der Steinmetz sah ihn eindringlich an. »Sie kennen die Dame?«
    »Ich kenne nur ihren Namen und weiß, dass sie die Tochter der Verstorbenen war«, erklärte Georg.
    »Na gut, Madame Pallet, aus Paris«, sinnierte Torre Bruel. Er zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich trotzdem nicht erinnern.«
    »Was haben sie da noch notiert, da unten auf dem Blatt?«, fragte Georg und zeigte auf drei engbeschriebene Zeilen am unteren Rand des Auftragsformulars.
    Torre Bruel beugte sich wieder über das Blatt und las sich seine eignen Notizen durch, die er vor mehr als dreißig Jahren geschrieben hatte.
    »Ich glaube jetzt dämmert es mir«, sagte er. »Also, ich habe mir notiert, dass ich den Stein aufstellen sollte, sobald er fertig ist. Der Auftraggeber, also diese Madame Pallet wollte dann irgendwann nach Allaire kommen und sich alles ansehen. Eigentlich ungewöhnlich.«
    »Was ist daran ungewöhnlich?«, fragte Georg.
    Torre Bruel blickte ihn an. »So ein Stein mit Gravur ist immer etwas Besonderes, kein Massenprodukt. Fast jeder Kunde kommt hier zu mir in die Werkstatt und sieht sich das Ergebnis an, bevor ich den Stein aufstelle und dann wird bezahlt, wenn die Arbeit in Ordnung ist. Oft wollen die Kunden auch noch Änderungen, zum Beispiel noch ein Relief oder eine Erweiterung der Inschrift, wenn das möglich ist.«
    »Und Madame Pallet hat sich den Grabstein erst angesehen, als er schon auf dem Friedhof aufgestellt war?«
    »Das weiß ich nicht. Ich glaube, dass ich Madame Pallet nie kennengelernt habe. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie nur ein einziges Mal angerufen hat. Sie musste sich vorher recht gut informiert haben. Sie kannte wohl die Standardgrößen für die Grabsteine und hatte sich ein Format ausgesucht und natürlich auch das Material des Steins. In der Regel muss ich meinen Kunden das Material und alles erst zeigen, damit sie sich etwas aussuchen. Es kann natürlich auch sein, dass ich ihr den Vorschlag gemacht habe, was sie nehmen soll, nur dann hätte ich ihr bestimmt etwas Teureres angeboten, schon wegen der Qualität.« Er überlegte noch einmal. »Nein, ich bin mir sicher, es lief alles telefonisch.«
    »Und als der Stein fertig war, haben sie da noch einmal mit ihr gesprochen?«
    Er schüttelte zögernd den Kopf. »Nein, ich glaube nicht.«
    Er starrte auf den Ordner und überlegte. »Sie hat mir das Geld per Post überwiesen, ja genau, so wird es gewesen sein. Weil der Auftrag telefonisch vereinbart wurde, habe ich noch gewartet, bis das Geld eingetroffen war, dann habe ich losgelegt. In der Regel brauchen wir zehn Tage, dann steht der Stein. So werde ich es mit ihr vereinbart haben. Wenn ich mir das Datum so ansehe, bis das Geld da war und wir mit der Arbeit begonnen haben, war bestimmt schon Mitte November. Ja, ich glaube mich zu erinnern, dass ich den Stein noch kurz vor dem ersten Advent aufgestellt habe. Ich weiß, dass wir an dem Tag auch Grabgestecke verteilt haben, meine Frau hat früher solche Sachen gemacht, wissen sie, heute lohnt es nicht mehr. Jedenfalls habe ich von Madame Pallet danach nie wieder etwas gehört, nicht einmal, ob ihr der Stein gefallen hat.«
    »Aber sie erinnern sich an das Gespräch mit ihr, als sie Ihnen den Auftrag erteilt hat?«, fragte Georg.
    Torre Bruel zuckte mit den Schultern. »Was heißt erinnern. Wenn ich mir meine Notiz so ansehe, dann muss es so gewesen sein. Es fehlt ja auch die Quittung, dass alles in Ordnung war. Ich notiere es mir eigentlich immer, wenn der Kunde zufrieden war, oder es Ärger gab. Auf dem Auftrag steht aber weder das eine noch das andere. Also, an das Gespräch selbst kann ich mich nicht mehr erinnern.«
    Georg überlegte, ob es noch etwas gab, das er fragen konnte. Eigentlich konnte ihn die Information, die er hier erhalten hatte, nicht weiterbringen. Wenn Thérèse Pallet sich den Grabstein angesehen hätte, wenn sie mit noch anderen Mitgliedern der Familie Jasoline oder Pallet nach Allaire gekommen wäre und wenn sich Torre Bruel an die Leute und vor allem an deren Namen erinnert hätte, aber auch das war nicht der Fall. Es gab einfach nichts Neues. Die beiden Männer saßen fast eine Minute schweigend nebeneinander. Georg berührte noch einmal das Papier, auf dem der Auftrag geschrieben stand.
    »Können sie mir das kopieren?«, sagte er schließlich.
    »Ich habe

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