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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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die Funkanlage transportieren, legen sich zum Sonnen hin und haben dann bestimmt Gelegenheit, ihr Päckchen loszuwerden. In einem Felsspalt an der Seeseite. Ich bin oft da oben gewesen. Der zerklüftete Stein mit seinen vielen Nischen ist ideal für das Verstecken eines Sprengsatzes. Wir müssen übrigens aufpassen, daß wir für unsere diversen Exponate verschiedene Frequenzen benutzen und sie auch auseinanderhalten! Sonst jagen wir womöglich statt des TNT ein Dioxinfaß in die Luft, und dann wäre natürlich Feierabend.«
»Da passe ich schon auf«, sagte Richard, und Felix meinte:
»Wenn es so gemacht wird, wie du sagst, könnte man den Felsen einbeziehen. Nur sollten wir zum spätestmöglichen Zeitpunkt hinfahren, damit das Zeug nicht tagelang da oben liegt.«
»Hast recht«, antwortete Leo. »Das alles findet ja sowieso erst statt, wenn Fernando und Georg aus Veracruz zurück sind, und der Bischofsfelsen ist dann eben zuletzt an der Reihe.«
Sie hatten die Altstadt erreicht, bogen ein in die Aquiles Serdán , fuhren ein Stück in Richtung Küste und parkten schließlich in einer Seitenstraße. Dann gingen sie an der Kathedrale entlang und stießen auf das Herzstück des alten Acapulco, den zócalo . Der quadratische, reichlich mit Bäumen, Büschen und Hecken ausgestattete Platz war trotz der späten Stunde noch belebt. Menschen aller Altersgruppen flanierten über die teils aus großen grauen Steinplatten, teils aus farbigen Mosaiken bestehende Fläche. Es ging fröhlich zu, aber nicht laut. Selbst die wenigen Betrunkenen verhielten sich ruhig, schwankten nur ein bißchen oder schliefen im Sitzen ihren Rausch aus.
Von einer Bank erhoben sich zwei alte Männer. Fernando und Georg liefen auf die Plätze zu, und als die drei anderen sich dazugesellt hatten, konnte die im Auto begonnene Unterhaltung ungestört fortgesetzt werden.
»Ja, und nun zu den sechs Lautsprechern!« sagte Felix.
»Sie sind genauso wichtig wie die Fässer, denn nur mit ihrer Hilfe können wir unter den Hunderttausenden von Menschen die Stimmung erzeugen, die wir brauchen. Und so wichtig wie die Dinger selbst sind auch die Plätze, an denen wir sie installieren. Unsere ursprüngliche Idee war ja, sie als Vogelhäuschen oder Briefkästen getarnt über das Stadtgebiet zu verteilen. Aber das ist absolut hirnrissig. Da passen sie gar nicht rein.«
»Stimmt«, sagte Leo. »Unsere Geräte sind gewaltig; sie stecken, wie du es vorgeschlagen hast, in Kabinenkoffern.«
»Das ist gut«, antwortete Felix. Doch dann korrigierte er sich: »Was heißt hier gut? Es ist unbedingt notwendig, weil sie nicht gesehen werden dürfen. Ich steige also ganz unverdächtig mit großem Gepäck ab, der boy karrt die Sachen nach oben, und eine halbe Stunde später besucht ihr mich. Wir richten die Anlagen auf den Balkons ein, fangen mittags an, weil meine Hotelankunft ja in sechs Häusern inszeniert werden muß. Oder wir verteilen den Einzug auf zwei Tage. Leo, hast du an Notstrom-Akkus gedacht?«
»Ja.«
»Gut. Hier muß man immer damit rechnen, daß der Saft wegbleibt. Passiert manchmal bei starken Regenfällen oder auch ohne ersichtlichen Grund, und ’ne Sendepause können wir uns nicht erlauben.«
Eine halbe Stunde noch erörterten sie den komplizierten Einbau der Lautsprecher, und dann war auch dieser Punkt erledigt.
Felix sagte: »Jetzt will ich euch noch was zeigen!«
Sie standen auf. Leo schlug die Richtung zur Kathedrale ein, aber Felix hielt ihn zurück. »Da entlang!« sagte er und führte die vier über die plaza , überquerte mit ihnen die Costera , und dann ging es nach links. Wenige Minuten später standen sie auf der Mole.
»Seht mal da!« Felix zeigte auf ein Dutzend Flaggen, deren weiße Masten von der steinernen Plattform aufragten. »Guckt euch mal genau an, wie die befestigt sind!«
Sie traten näher, und dann staunten die vier. Als Sockel der Fahnenstangen dienten metallene 200-Liter-Gefäße, wie sie in der ganzen Welt für den Transport von Öl und Benzin und auch von Produktionsrückständen verwendet werden, nur daß man sie hier mit knalligen Farben bemalt hatte. Eins war leuchtend rot, ein anderes grasgrün, ein drittes aquamarinblau. So ging es weiter: gelb, violett, orange. Die ganze Palette. Die Fässer waren mit Zement gefüllt, und in der steingewordenen Masse steckten die Masten. Jeder konnte es sehen: Diese Sockel würden selbst den stärksten Stürmen standhalten.
»Das ist«, sagte Leo halblaut, »geradezu ein Traumplatz für jeden

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