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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Wieland genau zwischen den beiden Kaps einen großen roten Punkt. Das muß der Standort des Schiffes sein, dachte er.
    Er begrüßte die Männer, die um das Bett herumstanden, mit einem Kopfnicken. Der Hotelchef, ein etwa sechzigjähriger Mexikaner, sagte zu ihm: »Ich hoffe, du kommst, um uns zu helfen.« Und dann ergänzte er: »Und dir selbst auch. Die Halunken wollen dein Geld, deins und das von vielen anderen.«
    »Also ist es wirklich ernst! Ich hatte anfangs auf eine Geschmacklosigkeit gehofft.«
»Es ist sehr ernst«, sagte der Marineoffizier. Jetzt erkannte Wieland ihn. Er hatte ihn schon oft in der Zeitung abgebildet gesehen. An den Namen erinnerte er sich nicht, aber er wußte, daß er Vizeadmiral war und die Base Naval leitete.
»Ich würde ja gern unserem Kanonenboot die Order geben …«
»Da sind sie wieder!« sagte der Mann, der am Sprechgerät saß.
Die Stimme kam diesmal nicht über die im Freien installierten Lautsprecher, sondern war nur im Raum zu hören. Mit finsteren Gesichtern lauschten die Männer der Durchsage:
»Wir wollen den Bürgermeister oder den Polizeichef von Acapulco sprechen. Ende.«
Der Mann am Gerät, ein junger Mexikaner, wandte sich an den Bürgermeister: »Soll ich antworten, wie wir’s abgemacht haben?«
»Ja, denn nur so können wir Zeit gewinnen, und das ist im Moment das Wichtigste. Also los, Rodrigo!«
Der junge Mann drückte auf die Sprechtaste. »Ich bin«, sagte er, »Rodrigo García, der Pressesprecher der Stadtverwaltung. Hören Sie mich?«
»Ja, wir hören.«
»Ich muß Ihnen erst mal klarmachen, was es heißt, nachts zwischen zwei und drei Uhr eine Stadt aus dem Schlaf zu holen! Sie können von Glück sagen, daß sich überhaupt schon jemand im Zimmer 1610 eingefunden hat. Außer mir sind bis jetzt nur zwei Angestellte der Municipalidad hier. Der Bürgermeister ist zur Zeit in Dallas auf einem Kongreß, und der Polizeichef hat gestern eine Dienstreise nach Chiapas angetreten. Beide sind inzwischen benachrichtigt worden und treffen heute im Laufe des Vormittags ein. Versuchen Sie es also um zehn Uhr noch einmal! Vorher kann nichts entschieden werden. Aber ich muß Ihnen schon jetzt sagen, daß Ihre Forderung illusorisch ist. Genausogut könnten Sie verlangen, daß wir Ihnen den Mond vom Himmel holen oder den Pazifik gelb einfärben. Mir scheint, Sie kennen nicht den Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn. In unserem Tourismus liegt der Rohgewinn zwischen zehn und fünfunddreißig Prozent vom Umsatz, und das ist dann noch lange nicht der Reingewinn. Also, wenn Sie sich um zehn Uhr wieder melden, sollten Sie von realistischen Zahlen ausgehen! Drei Millionen Dollar wären vielleicht noch diskutabel, aber auch die müßten erst beschafft werden.«
Die Antwort kam spontan. Es war dieselbe Stimme. Diesmal kam sie über alle Tonträger, und die aus dem Sprechgerät ertönende Durchsage ging unter in dem Getöse, das vom Balkon hereindrang:
»Wir sind nicht bereit, mit unserer Forderung herunterzugehen. Wir wollen fünfundsechzig Millionen Dollar und keinen Cent weniger. Wenn Sie nicht zahlen, wird Acapulco verseucht. Um Ihnen zu beweisen, daß unsere Drohung ernst zu nehmen ist, werden wir in unbewohnten Randzonen der Stadt Sprengungen mit TNT durchführen. Die erste findet um 4.15 Uhr statt, und zwar im Planquadrat D 1. An einer Wand des Zimmers 1610 hängt eine Karte. Dort können Sie nachsehen, um welches Gebiet es sich handelt. Ich wiederhole: Zone D 1 um 4.15 Uhr. Die Polizei hat also Zeit genug, die Gegend von zufälligen Passanten freizuhalten. Sollten Sie aber anfangen zu suchen und tatsächlich das Sprengstoffdepot finden, dann rühren Sie es nicht an! Schon durch den geringsten Kontakt kommt es, genau wie bei den Dioxinfässern, zur Zündung. Wir werden weitere Sprengungen durchführen, sie aber jedesmal vorher ankündigen und Ihnen auch mitteilen, wo sie stattfinden, damit niemand gefährdet wird. Wir weisen noch einmal darauf hin, daß diese Detonationen nur der Warnung dienen. Sie setzen kein Gift frei. Das Dioxin ist vorgesehen für den Fall, daß unsere Forderung nicht erfüllt wird. Ende.«
Garcia drückte sofort auf die Taste und rief:
»Hören Sie?«
»Wir hören.«
»Sie wissen doch, daß wir bis zehn Uhr nichts, aber auch gar nichts unternehmen können. Warum dann die Sprengung? Ende.«
Diesmal kam die Antwort nicht spontan, und die Männer in Zimmer 1610 glaubten schon, der Kontakt sei abgerissen, vielleicht aufgrund einer technischen Panne. Doch nach

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