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1986 Das Gift (SM)

1986 Das Gift (SM)

Titel: 1986 Das Gift (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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sind, und wir wissen nicht, wie lange die Sache sich hinauszögern läßt, aber zumindest würden wir den Ganoven den Fluchtweg abschneiden.«
Paul Wieland hatte fürs erste genug gehört. »Ich rufe jetzt meine Kollegen zusammen«, sagte er und verabschiedete sich mit einem Handzeichen.
Draußen bedrängten ihn die Wartenden, aber er sagte nur: »Die Lage ist unverändert.« Dann ging er zu Petra. Sie erwischten einen Lift, kamen schnell nach unten.
Das Durcheinander auf den Straßen war schlimmer geworden. Sie brauchten fast eine halbe Stunde, bis sie ihr Auto erreicht hatten. Doch konnten sie es nicht benutzen, denn inzwischen hatten andere Wagen direkt vor und hinter dem Jeep geparkt. So liefen sie zu Fuß weiter.
»Paul, wie ernst ist es wirklich?«
»Es ist sehr ernst.«
»Warum wollen sie das Geld ausgerechnet von den Hotelbesitzern haben?«
»Die wissen genau, was sie tun! Die Stadt Acapulco hat nicht so viel Geld, und die Regierung läßt sich wohl kaum erpressen. Darum nehmen sie die Hotels. Es wäre wirklich eine Katastrophe, wenn sie auch nur eins ihrer verfluchten Fässer zündeten. Sie sind Verbrecher der übelsten Sorte, haben den Coup bestimmt wochenlang vorbereitet. Ich male mir ein dioxinverseuchtes Acapulco aus, eine verpestete Stadt. Dazu darf es nicht kommen, um keinen Preis! Aber zahlen will ich auch nicht! Nach siebzehn Jahren härtester Schufterei werfe ich diesen Kanaillen keine dreißigtausend Dollar in den Rachen; das wäre so ungefähr mein Anteil. Ich glaube, wenn ich einen dieser Burschen … da ist Manolo!« Er winkte, und der VW-Bus hielt.
»Wohin willst du denn?«
»Ich wollte nach Ihnen suchen, don Pablo, aber die Farallón ist verstopft, und so hab’ ich diesen Weg genommen.«
»Laß mich!«
Manolo kletterte nach hinten, Wieland setzte sich ans Steuer, Petra stieg von der anderen Seite her zu.
»Wie sieht es aus?« fragte Manolo.
»Schlecht!« sagte Paul Wieland. »Die Schweine da draußen auf dem Boot haben uns in der Hand!« Mit harten Schlägen traktierte er das Lenkrad, und dann griff er so heftig nach dem Schalthebel, als wäre er eine Waffe.

4.
    Sie saßen zu dritt an dem kleinen Kajütentisch, Leo, Fernando und Raúl.
    »Es läuft nicht gut«, sagte Fernando, »das Geld ist also weder vorhanden noch zu beschaffen.«
»Quatsch nicht!« herrschte Leo ihn an. »Jeder, der bei einer Erpressung zahlen soll, versucht erst mal, die Sache runterzufahren, und bietet einen Bruchteil von dem an, was gefordert wird. Das ist immer so. Und natürlich sind der Bürgermeister und der Polizeichef längst im Spiel! Die wollen doch nur Zeit gewinnen. Die Höhe des Lösegeldes und die zur Verfügung stehende Zeit sind die entscheidenden Faktoren. Vom einen wollen sie das Maximum und vom anderen das Minimum rausschlagen. Ich hab’ genau das, was jetzt abgelaufen ist, erwartet, wäre sogar mißtrauisch geworden, wenn sie es anders gemacht hätten. Also, Leute, regt euch nicht auf! In zehn Minuten sprengen wir.«
Fernando war noch nicht überzeugt. »Aber das mit dem Umsatz und dem Gewinn«, sagte er, »leuchtet mir ein.«
»Ach was! Sind doch nur Sprüche, sind Vokabeln! Statt fünf Prozent vom Umsatz hätten wir genausogut sagen können: die Hälfte vom Jahresreingewinn! Oder wir hätten uns auch was ganz anderes ausdenken können, zum Beispiel: Wollt ihr lieber eure schöne Stadt auf zehn Jahre verseucht wissen oder für jedes einzelne dieser Jahre sechseinhalb Millionen Dollar berappen? Das Ganze ist ein Riesenpokerspiel mit Tricks und Bluffs und faustdicken Lügen, und am Ende gewinnt der, der die stärkeren Nerven hat. Das einzige, was mir im Moment Sorgen macht, ist die Art der Kommunikation. Ich hatte geglaubt, ich brauchte dir die jeweilige Antwort immer nur in Stichworten mitzuteilen, und dann würdest du loslegen. In freier Rede. Statt dessen wird Satz für Satz übersetzt, und daraus ziehen die natürlich ihre Schlüsse.« Leo drehte sich zu Raúl hin, wechselte über ins Spanische: »Kannst du frei sprechen?«
»Klar! Aber nur, wenn ich den Sachverhalt genau kenne.«
»Also gut«, Leo fiel ins Deutsche zurück, »machen wir weiter mit dem Stottern! Immerhin gibt ihnen das einige Rätsel auf. Wir könnten zum Beispiel ein paar von diesen wildgewordenen Orientalen sein, religiöse Fanatiker. Oder die irische Untergrundbewegung braucht Geld. Na, ich geh’ mal nach oben, will bei der Eröffnung des Feuerwerks dabei sein. Ihr etwa nicht?«
»Doch«, sagte Fernando, »aber wir haben ja

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