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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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bin, dachte er, verbohrt gewesen! Natürlich hätte ich die Geschichte sofort melden müssen, um noch größeren Schaden zu verhindern!
Er sah auf die Uhr. Bis jetzt hab’ ich ihnen schon fast drei Stunden Vorsprung gegeben! Sie sind längst über alle Berge! Was kann ich tun? Natürlich, ich könnte jeden von ihnen beschreiben, und dann würde man Phantombilder herstellen. Dazu müßte ich mich stellen. Aber mittlerweile ist davon auszugehen, daß sie entkommen sind, und folglich wäre eine Meldung für mich jetzt weitaus gefährlicher, als sie es gleich nach meiner Flucht gewesen wäre. Okay, ich käme in Untersuchungshaft, aber schon morgen wüßten das alle, auch Robert und Nadine und Konsorten, und was dann? Ich müßte in jedem Anwalt, in jedem Wärter und nicht zuletzt in jedem Mithäftling einen Killer aus Roberts Riege vermuten. Nein, ich kann mich nicht mehr stellen! Ich kann höchstens telefonisch durchgeben, was ich weiß. Ja, das wäre eine Möglichkeit, und ich muß sie wahrnehmen! Ich bin der einzige, der die Täter kennt. Wieder sah er auf die Uhr. Es ist noch zu früh, sagte er sich. Ich will erst sicher sein, daß Katharina Ibiza verlassen hat. Vielleicht ist die Polizei ja noch gar nicht darauf gekommen, daß ich mit drinstecke. Also warte ich mit dem Anruf bis Perpignan.
So fuhr er weiter, fuhr vier Stunden ohne Unterbrechung, dachte immer wieder voller Trauer, aber auch voller Zorn und Scham an Laura, Joseph, Hübner und Rademacher, die durch seinen Leichtsinn hatten sterben müssen. Vor allem Joseph, sagte er sich, hat mir vertraut, hat sogar die auf dem Hof umlaufenden Heimlichkeiten aufgedeckt, und ich habe ihn dann beschwichtigt, so nachhaltig, daß er mit einstieg in das Unternehmen. Wie oft hab’ ich zu Katharina gesagt, man müsse den Feldzug gegen das Depot mit aller Naivität führen! Jetzt, leider zu spät, hab’ ich begriffen, wie gefährlich Naivität sein kann. Hoffentlich hab’ ich diesen Igor umgebracht! Dann wären sie nur noch sieben. Und Helga Jonas! Dann nur noch sechs. Ja, auch die Jonas. Sobald die Damen anfangen zu morden, ist es vorbei mit meinem Respekt!
    Um neun Uhr erreichte er Perpignan. Er fand ein Parkhaus, wie es ihm vorgeschwebt hatte, stellte den VOLVO dort ab, nahm sich nur das Notwendigste aus seinem Koffer und verstaute es in den Jackentaschen. Dann ging er zu einer Bank und wechselte Geld um, ließ sich Peseten geben, aber auch französische Münzen. Noch in der Schalterhalle suchte er auf seiner Autokarte nach einem kleineren Grenzort, fand einen, den er für geeignet hielt, verließ die Bank und ging zur nächsten Telefonzelle.
    Er fand es zu kompliziert und auch zu riskant, jetzt erst einmal die Nummer des Bundeskriminalamts ausfindig zu machen. Ein Anruf bei der Polizeidienststelle von Wasloh, deren Nummer er im Kopf hatte, mußte genügen. So suchte er nur die Vorwahl für Deutschland heraus.
    Der Beamte meldete sich mit seinem Namen: »Schrader.«
Golombek war erleichtert, denn der alte Schrader, der seit über zwanzig Jahren in Wasloh seinen Dienst versah, kannte ihn gut und würde also keine Schwierigkeiten haben, seine Stimme zu identifizieren und später die Echtheit des Anrufs zu bezeugen.
»Herr Schrader«, sagte er, »passen Sie auf, nehmen Sie einen Stift zur Hand und machen Sie sich Notizen! Hier spricht Frank Golombek. Bitte, unterbrechen Sie mich nicht durch irgendwelche Fragen! Der Anschlag auf das Depot von Wasloh wurde von acht Personen ausgeführt, die ich kenne. Sie haben sich mir gegenüber als friedliche Gegner des Depots ausgegeben, und daraufhin habe ich ihnen mein Land und meine Reithalle zur Verfügung gestellt. Wir wollten eine VX-Granate aus dem Camp holen und sie für eine Demonstration verwenden. Aber jetzt befürchte ich, daß das Giftgas freigesetzt werden soll. Ich beschreibe Ihnen im folgenden das Aussehen dieser acht Personen, die ich mittlerweile für Terroristen halte, außerdem die Gesichter und sonstigen Merkmale von zwei Männern, die zu einer Stuttgarter Baufirma gehören. Ich gebe auch die Autotypen und die benutzten Baumaschinen durch …«
Er sprach etwa zehn Minuten und ergänzte dann: »Zwei der Täter sind tot oder verletzt. Der eine, es ist der Russe Igor, hat eine Kopfwunde. Sie ist dadurch entstanden, daß ich ihm eine Drehkurbel über den Schädel schlug. Eine junge Frau ist ebenfalls verletzt oder sogar tot. Sie war mir bei meiner Flucht im Weg. Das wär’s. Ich …«
»Herr Golombek …«
»Keine

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