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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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in den besseren Hotels anfangen. Also müssen wir uns was ganz Billiges suchen. Außerdem nimmt man es da nicht so genau mit den Gästelisten; unsere richtigen Namen dürfen wir ja nicht benutzen.«
»Und wo liegt das Problem?«
»Mir macht es nichts aus, eine Zeitlang in einer Absteige zu hausen, aber dir kann ich das eigentlich nicht zumuten.«
Sie umarmte ihn. »Lieber mit dir in einer Absteige als ohne dich im HILTON.«
»Danke, Katharina! Am besten, wir versuchen es im Barrio Chino , hier gleich hinter den Ramblas .«
Sie standen auf. Erst jetzt wurde ihnen bewußt, daß sie die ganze Zeit das Gezwitscher der eingesperrten Vögel um sich gehabt hatten. Er zeigte auf den Käfig und sagte: »Irgendwann bringt man auch mich hinter Gitter, aber ich bin froh, daß ich noch frei bin und wir uns erstmal wiederhaben.«

9.
    Sie waren seit vierundzwanzig Stunden auf ihrem Bio-Hof und erwarteten nun einen wichtigen Besucher, den Mann aus Köln, der ihnen die Granaten zu kleinen, handlichen Waffen umbauen sollte. Ein anderer Besuch hatte schon am Vortage, gleich nach ihrer Rückkehr, stattgefunden. Der Landarzt Dr. Menke war bald nach Zaymas Anruf gekommen, hatte sich den verletzten Igor angesehen und gesagt: »Ein Schädelbruch ist es nicht; der Riß geht nur durch die Haut. Ich muß aber nähen. Wie ist es denn passiert?«
    »Er stand in der Scheune«, hatte Zayma geantwortet, »und auf dem Heuboden hat einer von uns mit der Winde gearbeitet. Plötzlich sauste der schwere Schäkel nach unten, Igor genau auf den Kopf.«
    Der Arzt hatte dann allerdings noch eine Gehirnerschütterung festgestellt und angeordnet, daß der Patient mindestens eine Woche im Bett bleiben müsse. Er hatte die Wunde genäht, einen Verband gemacht, Anweisungen zur richtigen Ernährung des Kranken gegeben und ein Schmerzmittel dagelassen. Dann war er weggefahren. Es war nicht sein erster Besuch auf dem Hof gewesen, und da er wußte, daß die Gruppe im Ort ein Konto unterhielt, würden die Zustellung der Rechnung und die Begleichung des Honorars den normalen Weg gehen.
    Und noch jemand hatte versorgt werden müssen, nicht mit ärztlichem Beistand, sondern mit einer Nachricht. Nach dem unerwarteten Verlauf der Aktion war es notwendig geworden, Rüdiger zu verständigen. Robert hatte ihn telefonisch informiert, hatte ihn darauf hingewiesen, daß Golombek die während der Bauzeit benutzten Maschinen genau beschreiben konnte und auch wußte, woher sie stammten, obwohl die Firmenschilder entfernt worden waren. Daraufhin hatte Rüdiger erklärt, er brauche weitere zweihundertfünfzigtausend Mark, denn er und sein Mitarbeiter Fred müßten fliehen, nicht zuletzt im Interesse der Gruppe. Wenn man sie festnähme, würde man von ihnen die Aufdeckung des Anschlags verlangen. So plausibel diese Äußerung auch gewesen war, sie hatte doch zugleich nach einer Drohung geklungen, so daß Robert sich zu der zynischen Feststellung hinreißen ließ, der ominöse Bankrott habe ja sicher so viel abgeworfen, daß eine Flucht auch ohne zusätzliche Hilfe möglich sei. Sie hatten sich regelrecht gestritten, dann aber zum Schluß dahingehend verständigt, daß Rüdiger und Fred sofort aufbrechen und zunächst auf den Hof kommen sollten.
    Der Mann aus Köln erschien um zehn Uhr. Robert und Zayma zogen sich mit ihm in die kleine Bauernstube zurück. Er hieß Patrick Henderson, war zweiunddreißig Jahre alt, Sohn eines aus Südengland stammenden und seit langem in Beirut ansässigen Ingenieurs und einer Libanesin. So sah er auch aus, denn er hatte die langgeratene, knöcherne Gestalt des stocksteifen Briten und dazu schwarzes Haar und dunkelbraune Augen. Robert und Zayma wußten, daß er an der ETH Zürich Chemie studiert hatte, in Köln eine als Kunstschmiede getarnte Waffenwerkstatt betrieb und enge Kontakte zu mehreren westeuropäischen und vorderasiatischen Widerstandsgruppen unterhielt. Daß er sich seine Dienste teuer bezahlen ließ, war ihnen ebenfalls bekannt.
    »Patrick«, sagte Robert, »du weißt, worum es geht.«
    Der Angeredete nickte. »Es hat also geklappt mit dem Überfall? In den Nachrichten wurde noch nichts gemeldet.«
    »Es hat geklappt«, sagte Zayma. »Unsere beiden Granaten liegen acht Kilometer von Wasloh entfernt in einem Wald, einen Meter tief vergraben.«
    »Gratuliere! Mittlerweile ist allerdings ein Problem aufgetaucht, von dem ich vorher nichts gewußt habe. Die in Wasloh lagernden Kampfstoffe sind möglicherweise überhaupt nicht mehr

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