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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Fragen!«
»Aber von wo …«
Er hängte ein, verließ die Zelle, winkte ein Taxi heran und ließ sich nach Banyuls-sur-Mer fahren. Dort aß er in einem Gasthaus eine Bouillabaisse und machte sich dann auf den Weg.
    Nach zweistündiger Wanderung, während derer ihm der erfolgte Grenzüberschritt gar nicht bewußt geworden war, erreichte er den spanischen Ort Portbou. Er fand den Bahnhof, ging hinein und erkundigte sich nach den Zugverbindungen. Und hatte Pech. Der tren semidirecto , der nur an wenigen Stationen hielt und mit dem er schon um kurz vor vier in Barcelona gewesen wäre, war gerade weg. Der nächste, ein tren tranvia , fuhr um 14.15 Uhr, also in zwanzig Minuten, und würde um fünf nach halb sechs in Barcelona eintreffen. Auf dem Plan war verzeichnet, daß dieser Zug auf der knapp zweihundert Kilometer langen Strecke über dreißigmal halten würde. Dennoch entschloß er sich, ihn zu nehmen, denn die andere Lösung, eine so lange Taxifahrt, war zu gefährlich. Er mußte damit rechnen, daß auch schon auf internationaler Ebene nach ihm gefahndet wurde.
    So saß er also zwölf Stunden nach seinem von panischer Angst erfüllten Aufbruch in einem spanischen Eisenbahnabteil und fuhr durch das nördliche Katalonien. Erst jetzt, da er zwei Staatsgrenzen hinter sich gebracht hatte und einer von vielen Passagieren war, löste sich allmählich die Spannung in ihm. Die herbe Landschaft, die draußen vorbeiglitt, und die vielen, meistens spanischen, teils aber auch katalonischen und französischen Ortsnamen gaben ihm für Momente das Gefühl, nichts weiter zu sein als ein Reisender.
    Nach einem guten Dutzend Stationen schlief er ein, wachte erst in Barcelona wieder auf.
Er nahm ein Taxi und ließ sich zur Plaza de Cataluna fahren, von der er wußte, daß sie in die Ramblas überging. Das letzte Wegstück legte er zu Fuß zurück. Auf dem breiten Bürgersteig in der Mitte der Straße ging es zu wie auf einem Jahrmarkt. Da er sich in Richtung Hafen bewegte, mußte er bis zur letzten der zahlreichen Volieren gehen.
Er erreichte sie, konnte Katharina nirgends entdecken. Er kaufte eine deutsche Zeitung, setzte sich auf eine Bank, las. Wieder erfuhr er nichts über das Attentat. Erst als er die Zeitung zusammenlegte, ging ihm auf, daß der Anschlag in dieser Ausgabe noch gar nicht erwähnt sein konnte. Wer weiß, überlegte er, vielleicht finde ich auch morgen und übermorgen noch nichts in der Presse, weil die Geschichte so brisant ist, daß man eine Nachrichtensperre verhängt hat. Ist ja auch keine erbauliche Botschaft, daß eine Gruppe von Terroristen mit einem Giftgas unterwegs ist, das Tausenden von Menschen den Tod bringen kann! Aber wieso ist Katharina noch nicht da? Der Flug von Ibiza nach Barcelona dauert doch nicht mal eine Stunde! Vielleicht sollte ich im PRINCESA SOFIA anrufen! Er beschloß, noch eine halbe Stunde auszuharren; doch schon in der nächsten Minute war das Warten zu Ende.
Sie stellte ihren Koffer ab, setzte sich neben ihn auf die Bank. Sie umarmten sich nicht, faßten sich nur bei den Händen.
»Es ist also gutgegangen?« fragte er.
»Ja. Ich bin schon lange hier; hab’ da drüben in einem Café gesessen.«
»Wann hast du den Club verlassen?«
»Heute früh um halb fünf.«
»Ist dieser Lemmert noch einmal aufgetaucht?«
»Nein. Aber er wohnt im Club ROCA LLISA, drei Häuser von mir entfernt.«
»Und du bist sicher, daß er dir nicht gefolgt ist?«
»Ja, ganz sicher! Und du bist also auch heil durchgekommen! Wie hast du es nur geschafft, ohne falsche Papiere?«
Er gab ihr einen kurzen Bericht, und dann sagte er: »Es ist etwas Furchtbares geschehen. Laura, Joseph, Rademacher und Hübner sind tot.«
Sie hielt noch immer seine Hand, und jetzt drückten sich ihre Fingernägel in sein Fleisch.
»Sie haben sie umgebracht«, fuhr er fort, »kaltblütig beseitigt, weil auch sie belastende Zeugen gewesen wären. Und …« Er sah Katharina weinen, schwieg, gab ihr sein Taschentuch.
»Sprich weiter! Ich nehme mich schon zusammen.«
»Es ist besser, wenn ich dir den Alptraum im ganzen erzähle, von Anfang an. Aber nicht hier. Wir suchen uns jetzt ein Hotel. Hast du in der Rezeption vom ROCA LLISA die Malaga-Reise erwähnt?«
»Ja. Das heißt, ich hab’s aufgeschrieben und hinterlegt, denn heute früh war ja nur der Nachtwächter da. Aber mit ihm hab’ ich auch über den Segeltörn gesprochen.«
»Sehr gut. Jetzt taucht ein kleines Problem auf. Sollten sie in Spanien nach uns fahnden, werden sie vermutlich

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