Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
Vom Netzwerk:
großangelegter Einschüchterungsversuch, aber nun schien die Situation doch viel ernster zu sein.
Wieder ein erbärmlicher Aufschrei, halberstickt zwar, aber darum nicht minder erschreckend. Er riß Sieglinde zu einer ersten sachlichen Mitteilung hin:
»Er weiß nichts!«
Doch darauf erwiderte Lemmert nur: »Gleich sind die Fußsohlen dran.«
»Er weiß wirklich nichts! War gar nicht dabei! Saß in einem anderen Auto! Außerdem war er bewußtlos!«
Wieder das Stöhnen, laut, tierisch. Es ging durchs ganze Haus, und für ein paar Sekunden hielt Lemmert sich ostentativ die Ohren zu. Dann sagte er: »Sie werden uns doch wohl nicht einreden wollen, daß er das Versteck für die zweite Granate nicht kennt!«
»Aber so ist es!«
Jetzt gab es ein Gepolter. Es hörte sich an, als fiele ein schwerer Körper erst gegen ein paar Möbel und dann auf den Boden. Und danach die wimmernden Schreie. Keine Worte. Dafür sorgte der Knebel. Ebensowenig eine erkennbare Stimme. Alles eher wie das Brüllen eines Bullen oder das Röhren eines Hirsches.
»Gleich ist der Schwanz dran«, sagte Lemmert, und er gab seiner Mitteilung einen geradezu fröhlichen Tonfall.
»Aber er weiß nichts!« Sie schrie die Worte aus sich heraus. Gleich noch einmal: »Er weiß nichts!« Und jammerte nun selbst.
Lemmert zündete sich eine Zigarette an, sagte: »Sie sehen, unser Dienst ist nicht immer leicht. Hatte ich Ihnen eigentlich schon die Phase Zwei geschildert?«
Sie sah ihn fassungslos an, antwortete nicht.
»Das ist nämlich so: Sie ist dran, wenn er ohnmächtig wird. Dann tragen wir ihn hierher, und statt seiner kommen Sie da rein.« Lemmerts Daumen wies auf die Tür. »Und dann geht alles von vorn los. Nur das mit der Steckdose läuft ein bißchen anders. Logisch. Aber da gibt es ja auch gewisse Methoden. Sie werden sie kennen.«
Wieder ein Poltern. Diesmal zerbrach Glas. Und wieder das Schreien.
»Ihr Nazis! Ihr Folterknechte!«
»Wir wollen wissen, wo ihr die zweite Granate habt. Sobald wir das erfahren, sind wir friedlich wie die Lämmer.«
»Ich sag’ Ihnen, wo das Ding liegt.«
»Aber wir hätten es auch gern von ihm gehört. Womöglich sagt er München, und Sie sagen Hamburg, und das ist dann für uns der Beweis, daß es genausogut Frankfurt sein kann. Nee, Püppchen, das muß schon ein bißchen verläßlicher ablaufen.«
Die Tür ging auf. Nicht Ahrens, sondern der wachhabende Polizist kam herein, schloß die Tür hinter sich, lief durchs Zimmer. »Wir haben die Kabel im Auto gelassen. Bin gleich wieder da.«
»Mach schnell!« rief Lemmert ihm nach.
Einige Minuten später kam der Polizist zurück, in der Hand ein paar Drähte mit Bananensteckern. Als er im Schlafzimmer verschwunden war, sagte Sieglinde:
»Ich schwöre Ihnen, er weiß nichts! Er weiß nur, daß die zweite Granate acht Kilometer von Wasloh entfernt vergraben ist. Den genauen Platz kennt er nicht, weil er nicht dabei war. Aber ich! Ich war dabei! Ich bringe Sie hin. Was Sie mit ihm machen, hält kein Mensch aus! Er hätte es längst gesagt, aber das kann er nicht, weil er nichts weiß! Sie werden ihn töten!«
Lemmert stand auf. »Okay. Wahrscheinlich tick’ ich nicht mehr richtig, oder ich hab’ heute einen ganz beschissen menschlichen Tag. Ich glaube Ihnen. Aber das da drinnen hört natürlich erst auf, wenn wir die Granate gefunden haben. Wir fahren jetzt hin, bleiben unterdessen in Kontakt mit unserer kleinen Folterkammer …«, wieder zeigte sein Daumen auf die Tür. »Hin und wieder, damit Sie nicht doch noch anderen Sinnes werden, servieren wir Ihnen per Autotelefon, was hier passiert. Sobald wir die Granate haben, gebe ich die Order: Schluß! Und dann wird er in Ruhe gelassen.«
»Aber es ist eine Fahrt von zwei Stunden! Bitte, hören Sie jetzt damit auf! Ich verspreche Ihnen, ich führe Sie direkt hin. Wenn Sie mir eine Landkarte geben, zeig’ ich Ihnen schon mal die Stelle. Sie ist acht Kilometer nordöstlich von Wasloh. In einer Fichtenschonung. Die Bäume sind ungefähr einszwanzig hoch, und mitten in der Schonung gibt es eine lichte Stelle. Da haben wir die beiden Granaten vergraben. Die eine ist raus, aber die andere liegt noch da!«
Das Schreien setzte wieder ein. Es war so laut wie nie zuvor. Lemmert stand auf, ging nach nebenan, schloß die Tür hinter sich, grinste. Ahrens spuckte seine Mullbinde aus, grinste ebenfalls, flüsterte:
»Na, wie war ich?«
Lemmert machte mit zwei Fingern das V und antwortete:
»Falls du mal wegen Mißachtung der Dienstvorschrift

Weitere Kostenlose Bücher