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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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verweigert, und nun möchten wir Sie bitten …«
Golombek war aufgesprungen. Er starrte den Kommissar ein paar Sekunden lang fassungslos an, und dann schrie er: »Niemals! Unter gar keinen Umständen lasse ich Ihre Leute an die Hände meiner Tochter heran! Es sind nämlich …, es sind … ganz besondere Hände, wie Sie ja wohl wissen!«
Er ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen.
»Herr Golombek«, jetzt mischte McGilles sich wieder ein, sprach leise und eindringlich, »bitte, hören Sie mir gut zu! Es ist ein Mordanschlag auf den Leiter unseres Depots verübt worden, und ein zweiter Mann wurde, weil er Zeuge geworden ist, kurzerhand miterledigt. Weiter: Die Terroristen haben allem Anschein nach unser Depot aus der Luft fotografiert; vielleicht, um demnächst Bomben auf die Munitionsbunker zu werfen. Wir müssen den Fall also aufklären, so schnell es geht. Bitte, helfen Sie uns!« Golombek antwortete nicht gleich. Er sah die Männer der Reihe nach an. »Gut«, sagte er dann, »ich helfe Ihnen. Sie können meine Fingerabdrücke haben und bestimmt auch die meiner Frau. Sie dürfen zu uns kommen, so oft Sie wollen. Sie dürfen vom Keller bis zum Dachboden alles auf den Kopf stellen. Sie dürfen mich observieren, mir eine Meldepflicht auferlegen und was Ihnen sonst noch einfallen mag, aber alles unter einer Bedingung: daß Sie mit Ihrem schwarzen Stempelkissen von meiner Tochter wegbleiben! Übrigens, ich kann Ihnen vielleicht erklären, warum sie im Blockhaus war.«
Und dann erzählte er. Erzählte von dem Chilenen Alejandro, von der Korrespondenz zwischen ihm und Marianne, von dem Foto, das sie ihm geschickt hatte, und von seiner bevorstehenden Deutschlandreise. Er sprach sachlich, präzise, leistete sich keine emotionalen Ausbrüche, auch nicht, als er den Männern ihre Angst schilderte, ihre Angst vor der Begegnung mit Alejandro. Er schloß seinen Bericht mit den Worten: »Darum wohl der Ausritt zum Blockhaus, das sie vor allem dann aufsuchte, wenn sie Probleme hatte.« Er schwieg eine Weile, dachte nach. »Also«, sagte er schließlich, »ich hab’ mir’s überlegt! Wenn Sie an der Kühlbox Fingerabdrücke gefunden haben sollten, die sich auffallend von normalen Abdrücken unterscheiden, also nicht nur in den Linien, sondern im Gesamtbild, dann, aber nur dann gestatte ich Ihnen eine Überprüfung bei meiner Tochter.«
Lemmert sah McGilles an. Der nickte und wandte sich an Golombek:
»Akzeptiert. Einer unserer Männer fährt Sie jetzt nach Hause. Planen Sie für die nächsten Tage eine Reise?«
»Nein.«
»Gut. Wir müssen Sie nämlich bitten, sich noch eine Weile zu unserer Verfügung zu halten. Zwei Fragen noch: Kannten Sie eigentlich Colonel Braden?«
»Nicht persönlich. Ich habe nie mit ihm gesprochen.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn wir Ihr Gepäck durchsehen?«
»Nein.«
Koffer und Reisetasche kamen auf den Schreibtisch, wurden geöffnet. Lemmert überprüfte den Inhalt, fand nichts Verdächtiges.
Wenige Minuten später saß Frank Golombek wieder im Auto und wurde nach Hause gebracht.

11.
    Es war dasselbe Kleid aus weißer Seide, das sie auch auf dem großen Fest getragen hatte, und Frank Golombek sagte zu Katharina:
    »Das hast du gut ausgewählt. Sie sieht wunderschön aus.«
»Ja«, flüsterte sie und ging aus dem Zimmer, schloß leise die Tür hinter sich.
Er sah auf das bleiche Gesicht, konnte nicht fassen, daß es verstummt war und kein noch so langes Warten ihm auch nur ein einziges der vertrauten Zeichen zurückbringen würde, ein Augenzwinkern zum Beispiel, ein Schürzen der Lippen, ein Kräuseln der Stirn oder gar ein ganzes Lächeln.
Er beugte sich hinab, strich ihr übers Haar.
… und ich dachte, wir hätten es geschafft! Damals, auf dem Fest. Ein für allemal …
Er ließ ab von ihrem Haar, griff unter den Volant, nahm die kleine verkümmerte Hand, umschloß sie.
… Bitte, verzeih mir, daß ich mich damals gleich wieder abwandte! Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Wahrscheinlich hatte ich, als ich dich in deiner Wiege liegen sah, so betrogen, so verraten, eine Ahnung von all dem Schweren, das dich erwartete. Oder nein, nicht eine Ahnung, sondern schon eine Gewißheit, und die zwang mich in die Knie. Verzeih mir diesen Moment, der nicht hätte sein dürfen …
Er hielt noch immer ihre Hand, drückte sie sanft.
… ausgerechnet ein Panzer, ein Fahrzeug aus dem Depot …
Er weinte.
… Weißt du noch? Du warst zehn, und wir saßen bei Fehrenkamps am Schwimmbecken. Du wolltest

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