1988 VX (SM)
raus, aber vorher probier’ ich’s noch einmal.«
Er kletterte in die Grube hinunter, bestieg seinen Schlitten, schaltete das Aggregat ein. Die anderen vier waren an den Grubenrand getreten und verfolgten das Geschehen. Auch jetzt kam die Röhre keinen Zentimeter voran, und so suchte der gewaltige Druck sich einen anderen Weg. Immer wieder glitt der Schlitten nach hinten, und da Rüdiger das Risiko vermeiden mußte, Maschine und Mauer zu zerstören, stellte er den Motor ab und kam nach oben. »Es hat keinen Zweck«, sagte er. »Wir werden die Schnecke rausziehen und uns vor Ort begeben. Den Zeitverlust müssen wir in Kauf nehmen.«
»Hoffentlich nur den Zeitverlust!« sagte Pierre.
»Wir können ihn, wenigstens zum Teil, wieder ausgleichen. Herr Golombek, wie hoch steht das Gras auf der Wiese, die über dem Tunnel liegt?«
»Etwa fünfzehn Zentimeter.«
»Das müßte reichen. Sobald die Schnecke draußen ist, geht Fred in den Tunnel und erledigt eine Arbeit, die eigentlich erst für die Schlußphase geplant war. Er wird zwei Bohrungen vornehmen, und zwar beim dreißigsten und beim sechzigsten Meter. Er schneidet den Stahlmantel auf und führt an beiden Stellen je ein Rohr vom Tunnel aus an die Oberfläche. Damit ist die Luftzufuhr gesichert, die schon jetzt nötig werden könnte, falls wir nämlich da vorn stundenlang arbeiten müssen. Die Rohre sind nur zehn Zentimeter dick, und wenn wir mit der Oberkante im Schutz der Grasdecke bleiben, kann nichts passieren. Seid ihr einverstanden?«
»Meinen Sie nicht«, fragte Golombek, »daß die Amerikaner das mitkriegen? Sie stehen erhöht, gucken also auf die Weide runter.«
»Ja, aber in einem ziemlich flachen Winkel, denn ihre Plattform ist nur sieben Meter hoch, und die Entfernung, jedenfalls die bis zum ersten Luftloch, beträgt sechzig Meter.«
»Aber beim zweiten sind es nur dreißig«, sagte Pierre, »und das könnte kritisch werden.«
»Hast recht.« Rüdiger überlegte eine Weile und sagte schließlich: »Ich mache euch einen anderen Vorschlag. Wir bauen nur einen Luftschacht, und zwar beim fünfzigsten Meter. Das muß dann eben genügen. Bei einer Distanz von vierzig Metern ist der Winkel immer noch ziemlich flach; er dürfte zehn, zwölf Grad betragen. Kommt, Leute, packen wir’s an!«
So arbeitete die Presse für diesen Tag nicht mehr mit Druck, sondern mit Zug. Segment für Segment holte sie die Schnecke aus dem Rohr heraus. Sobald ein ZweiMeter-Stück auf der Rampe lag, wurden die Haltebolzen entfernt, und dann hob der Bagger den verschnörkelten Eisenkoloß aus der Grube und legte ihn in der Halle ab.
Gegen vier Uhr am Nachmittag waren sie fertig. Sie beschlossen, daß Rüdiger und Golombek den Weg durch den Tunnel machen sollten, während Pierre und Igor sich bereit halten würden, um im Alarmfall die Grube abzudekken.
Zunächst aber machte Fred sich daran, den Luftschacht herzustellen. Einen großen Zeitgewinn verhieß diese vorgezogene Maßnahme allerdings nicht, denn bei Fortsetzung der Tunnelarbeiten würde der Metallmantel weiterwandern, und das bedeutete, daß das für den Luftzustrom vorgesehene Loch mitwandern würde. Also mußte es später wieder verschlossen und dann ein neues geschnitten werden. Dennoch baute er den Schacht schon jetzt, denn für die aller Voraussicht nach umfangreichen Arbeiten am Hindernis brauchten sie Sauerstoff. Um die Stelle, an der schließlich das Rohr im Erdreich saß, jederzeit wiederfinden zu können, nahm er, von der Betonwand der Grube ausgehend, eine genaue Messung vor.
Halb gingen, halb krochen sie, voran Rüdiger. Sein Taschenlampenstrahl geisterte an der Tunnelwand entlang, mal links, mal rechts, mal oben, mal unten. Golombek plagte die Sorge, der so grandios geplante Einstieg ins Depot sei durch das plötzlich aufgetretene Hindernis vielleicht vereitelt worden. Was, fragte er sich, wenn wir eine Versorgungsleitung erwischt haben, die ins Camp führt und von der ich nichts weiß, obwohl sie durch mein Land geht? Oder ein Kanalisationsrohr? Dann wär’s aus! Spätestens morgen hätten die Amerikaner die Schadensursache entdeckt!
Rüdiger drehte sich um. Sein Atem ging schwer. »Noch ungefähr dreißig Meter«, keuchte er.
»Können Sie schon was erkennen?«
»Nein, das Licht reflektiert zu stark.«
Was Nadine wohl sagen wird, wenn sie von der Panne hört? überlegte er. Sie war schon am frühen Morgen nach Köln gefahren, zu einem Mitstreiter der Gruppe, der, wie sie gesagt hatte, in der Innenstadt eine
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