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1988 VX (SM)

1988 VX (SM)

Titel: 1988 VX (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Schwarzen! Sie scheinen die Kraft des Büffels zu haben und die Geschmeidigkeit der Gazelle. Das macht sie für mich so attraktiv. Wenn der mich nach einem Bad im Meer gegen die aufgeheizten Felsen drückt, dann …, dann stecke ich in einem herrlichen Schraubstock. Im Rücken das harte, heiße Gestein und vor mir der harte, heiße Mann! Dann lauf ich aus wie ’ne gepreßte Orange. Was soll ich nur mit mir machen? Daß das so wichtig ist in meinem Leben! Ob ich da anders bin als andere Frauen? Sechs Kinder mindestens wollte ich haben, und in diesem Wunsch mischten sich wahrscheinlich mein Sinn für Nachkommenschaft und die Lust, sie zu produzieren. Und dann wurde es … nur ein einziges! Und eins, das uns, als es da war, bis ins Mark erschreckte. Wie es sich entwickeln würde, wußten wir damals ja noch nicht. Eins also nur, und es hätten so gut noch fünf andere kommen können. Aber ich wollte nicht. Ich hatte Angst. Der Schock saß zu tief. Da half es nichts, daß sie – allen voran Frank – mir immer wieder einzureden versuchten, dieses eine Mal sei unwiderlegbar aufs Contergan zurückzuführen, habe also mit meiner Beschaffenheit nicht das Geringste zu tun. Ich mißtraute diesen Versicherungen, mißtraute meinem Leib, kriegte einfach die Angst nicht weg, das Zeug sei noch immer in meinem Körper und lauere nur auf die nächste Gelegenheit.
    Der Neger blätterte um, riß ein Stück von seiner Serviette ab und legte es als Lesezeichen zwischen die Seiten. Dann sah er Katharina an und sagte auf englisch: »Ist es nicht eine herrliche Insel?«
    »Ja«, antwortete sie, »und sie ist nicht nur schön, diese Insel, sie …« Daß die Insel heiter mache und beschwingt, wollte sie sagen, aber ihr fielen die englischen Vokabeln nicht ein, und so ergänzte sie: »… ist wie Musik.«
    Das schien dem Mann zu gefallen. Er lachte, klatschte in die Hände und rief aus: »Ja, wie Musik!« Und dann machte er ein paar rhythmische Bewegungen, wippte nach einem halblaut gesummten Takt auf seinem Stuhl, hob die Arme und schwenkte sie, als hätte er Rumbakugeln in den Händen. Sie glaubte sogar, das Rasseln zu hören. Sie gab das Lachen zurück, und dann sagte der Schwarze:
    »Da müßte man tanzen! Hätten Sie nicht Lust? Heute abend?«
Sie dachte: So schnell geht das also!
»Wo denn?« fragte sie.
»Irgendwo in der Stadt. Hier gibt’s ein paar gute Diskotheken.«
Aber sie wollte den Mann erst ein bißchen kennenlernen.
»Sind Sie in den Ferien hier?« fragte sie.
»Ja, so könnte man es nennen.«
»Student?«
»Nein, Soldat.«
O Gott, dachte sie, lande ich also schon wieder bei der Army !
»Soldat auf dieser Insel?«
»Ich bin auf einem amerikanischen Zerstörer, der in Barcelona liegt, und da ich drei Tage Urlaub gekriegt hab’, bin ich nach Ibiza geflogen.«
Also nicht die Army , sondern die Navy , dachte sie. Aber die Erinnerung an die Szene im Pferdestall und an Franks sarkastische Bemerkung »Hey, Colonel , ich hatte aber nur meine Pferde gemeint!« war nun mal da und irritierte sie.
»Na, Lady , wie sieht es aus mit uns?«
Sie wollte nein sagen, doch dann war es plötzlich wie mit dem Whisky. Wie oft schon hatte sie sich geschworen: Dieses eine Glas noch, und dann ist endgültig Schluß! So ähnlich war es auch jetzt: Morgen werde ich mein Leben ändern, aber heute …, heute will ich noch einmal dieses wahnsinnige Erschauern von den Haarwurzeln bis zu den Zehenspitzen! Noch einmal dieses Gefühl, das Leben verdichte sich zu einem einzigen Rausch und danach könne von mir aus die Erdkugel wie ein Luftballon zerplatzen oder die Cholera über uns kommen. Sie hatte keine Lust mehr, bis zum Abend zu warten, wollte das Konzentrat des Lebens sofort, sah auf die Uhr.
»Heute abend kann ich nicht, und jetzt sind die Diskotheken sicher noch geschlossen.«
Der Mann grinste, wirkte plötzlich ganz anders als vorher.
»Wir könnten auch in meinem Zimmer ein bißchen Musik machen und tanzen«, sagte er.
»Wo ist das?«
Er zeigte die plaza entlang. »Dahinten. Fünf Minuten von hier.«
»Ein Hotel?«
»Yes, Lady.« Wieder hob er die Arme, schwenkte sie rhythmisch und summte dazu den Takt.
Sie fand seine Bewegungen gar nicht mehr elegant, eher lasziv.
Dann sagte er ganz unvermittelt: »Ich heiße Hank«, und reichte seine Hand über den Tisch.
»Und ich bin Catherine.«
»Also los!«
Sie überquerten die Plaza Vara de Rey und gelangten in ein Gewirr kleiner Straßen. Irgendwo dort plötzlich eine Tür! Nicht pompös, aber auch nicht

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