199 - Schlacht der Giganten
berührte der Wandler Grao’sil’aana. Er spürte seine kraftvolle Aura tief in seinen Geist eindringen; in seinen und in den seines Schützlings. Und er spürte, wie die mentale Kraft aus ihnen herausströmte.
Zugleich bebte die Erde, und ein Orkan erhob sich. Ein plötzlicher Sturm peitschte Grao’sil’aana Sandkörner entgegen.
Irgendwie gelang es ihm noch, Daa’tan ein paar hundert Meter weit weg zu schleppen. Doch der junge Bursche fing plötzlich an zu husten und zu röcheln. Der Sandsturm machte die Flucht weg vom Monolithen unmöglich. Dazu kam, dass ihn der Zugriff des Wandlers auf seine Kräfte vorübergehend schwächte. Grao’sil’aana ließ sich fallen und begrub Daa’tans Körper unter sich. Er veränderte seine Gestalt zu einer warmen, schützenden Fleischdecke und hüllte seinen Schützling darin ein. Der Orkan tobte über sie hinweg. Bald bedeckten Sandverwehungen sie vollständig.
***
Eine schwarze Wand wölbte sich hoch über Matthew Drax.
Der Wandler. Seine schiere Ausdehnung verdeckte den Sternenhimmel über mindestens zwanzig Quadratkilometer.
Plötzlich war es so dunkel, als wäre die Milchstraße erloschen, und der Vollmond gleich mit. »Gott, was für ein ungeheurer Brocken…!« Matt stand und staunte und konnte es nicht fassen.
Chira neben ihm knurrte böse in den Himmel. Ihr Nackenfell war gesträubt, ihre Ohren lagen dicht am Schädel.
Sie sprang ein paar Meter vom Rand des Uluru weg auf das Felsplateau, kläffte, kehrte zurück, winselte und lief wieder bellend auf die Felsoberfläche hinaus. Der Wandler begann zu leuchten. Grüne, weiße und rötliche Lichtflecken glühten an seiner konvexen Unterseite auf. Jetzt erst konnte Matt Drax abschätzen, wie hoch über ihm und dem Uluru das rätselhafte Wesen flog; er tippte auf knapp anderthalb Kilometer, und das gigantische Gebilde sank langsam tiefer und tiefer. Warum ließ der Finder seinen Feind so nah an sich heran?
Chiras Gebell riss Matt Drax aus dem passiven Zustand der Faszination. Er blickte zu ihr und begriff auf einmal, dass sie ihn irgendwohin führen wollte. »Himmel noch mal! Aruula…!« Er lief los. Die Wölfin hörte auf zu kläffen und eilte ihm voraus. Der Gedanke, Aruula könnte etwas zugestoßen sein, klammerte sich um sein Herz wie eine kalte Vogelklaue.
Und dann sah er sie. Im gespenstischen Schein des stetig sinkenden Wandlers erkannte er die Silhouette ihres schönen Körpers auf dem Felssockel am Ende des breiten Grates. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und streckte die Arme dem Nachthimmel entgegen. Nein, nicht dem Nachthimmel – dem Wandler.
Was um alles in der Welt tat sie da? »Aruula!« Matt beschleunigte seinen Schritt. »Aruula, was ist mit dir…?« Er schloss zu Chira auf, versuchte sie zu überholen, stolperte und stieß sich irgendeinen Knochen an. Unter dem Stoff seiner Hose brannte plötzlich eine Schürfwunde. Er kümmerte sich nicht darum, sprang auf und rannte weiter. Dreißig Schritte vor dem Felssockel, auf dem sie stand, konnte er sehen, dass sie die Lippen bewegte. Sie bog ihren Körper nach hinten durch und streckte sich dem Wandler entgegen, als wollte sie in ihn eindringen. Ihre Haltung hatte etwas Flehendes und zugleich Lockendes.
Der Wandler sank tiefer und tiefer. War der Finder denn schon besiegt, dass er nicht reagierte auf die bedrängende Nähe seines Feindes? Im unwirklichen Licht, das von dem Himmelskörper ausging, sah Matt Drax Aruulas verklärte Gesichtszüge. Er erkannte, dass sich seine Geliebte in einer Art Trance befand.
Als er sich ihr bis auf zehn oder fünfzehn Schritte genähert hatte, konnte er verstehen, was sie in den Himmel rief. »Rette uns!« Immer wieder: »Rette uns!« Und seinen Namen hörte er:
»Rette Maddrax, deinen Verbündeten! Wir sind hier unten auf dem Felsen…!«
Sie schickte eine telepathische Botschaft zum Wandler hinauf! Und der kosmische Titan schien zu verstehen, denn er sank tiefer und tiefer. Matt blieb stehen. Irgendetwas leuchtete ihm nicht ein. Sie hätten längst irgendwo in sicherer Entfernung vom Uluru hinter irgendeinem Fels in der Steppe Deckung gefunden, wenn Aruula nicht hier herauf geflohen wäre.
Er blickte an ihr vorbei in die Ebene vor dem Uluru hinunter. Das Licht des Wandlers reichte inzwischen bis dort hin. Tausende Daa’muren stürmten dem Uluru entgegen.
Vermutlich griffen sie die Anangu und die Telepathen an.
Was, um alles in der Welt, lief hier eigentlich aus dem Ruder?
»Das ist doch
Weitere Kostenlose Bücher