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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Aktionäre reingelegt hat, so legt er bestimmt auch seine Verfolger rein. Und das macht er knallhart. Hab’s ja erlebt. Er geht über Leichen. Nur um zu verhindern, daß hier ein paar Leute an Bord kommen, die die Geretteten in Empfang nehmen wollen, reißt er mit Waffengewalt das Kommando an sich.«
»Aber danach hatten Sie ihn doch wieder in der Hand! Ihn hätten Sie wirklich, im Gegensatz zu mir, ins Kabelgatt sperren können, ohne befürchten zu müssen, Ihre Kompetenzen zu überschreiten.«
Nielson hörte die Ironie heraus, nahm sie hin, wehrte sich nicht dagegen, antwortete nur: »Das sagt sich so leicht.«
»Ganz im Ernst, das hätten Sie doch machen können.«
»Eben nicht! Ich war ja von ihm bezahlt worden.«
»Die Ehrlichkeit des Hanseaten?«
»Okay, Thaden, spotten Sie nur! Verdient hab’ ich’s.«
»Ich nehme Sie nicht auf den Arm. Ich finde wirklich, daß er es war, der die Spielregeln verletzt hat. Ihr gemeinsames Geschäft sah schließlich nicht vor, daß Sie Ihre Pflichten als Schiffsführer außer acht lassen.«
»Doch. Das ist ja schon dadurch passiert, daß ich ihn überhaupt an Bord nahm. Es ist immer wieder die alte Geschichte von den Konsequenzen. Man lädt eine kleine Schuld auf sich, ohne zu bedenken, daß daraus ganz leicht eine große werden kann.«
»Ich meine, wir sollten jetzt nicht über Moral reden, sondern überlegen, wie wir Pohlmann finden. Sie haben ihn wochenlang an Bord gehabt, haben zig Mahlzeiten mit ihm eingenommen, sich mit ihm unterhalten. Könnte Ihnen nicht, wenn Sie intensiv nachdenken, irgendeine Bemerkung einfallen, die er gemacht hat und in der vielleicht doch ein Hinweis steckt? Kein Mensch ist vollkommen, auch ein Ernst Pohlmann nicht, und also macht auch er Fehler. Denken Sie nach! Jetzt, morgen, übermorgen! Und auch noch, wenn ich in Veracruz ausgestiegen bin, denn wir bleiben in Kontakt. Hat er Sie irgendwas gefragt, woraus wir vielleicht schließen könnten, daß die Antwort darauf eine Bedeutung für seine Zukunft hatte?«
»Moment mal!« Nielson stand auf und zog die beiden dickleibigen SLABY-GROSSMANN-Bände aus dem Regal, legte sie auf den Tisch. »Danach hat er gefragt, das heißt, er fragte nach einem spanischen Lehrbuch, und weil ich keins hatte, gab ich ihm diese Wörterbücher.«
Thaden nahm den oben liegenden Band zur Hand, schlug ihn auf, blätterte kurz darin, legte ihn zurück. »Genau solche Hinweise meine ich. Wenn er sich fürs Spanische interessiert hat, dürfen wir davon ausgehen, daß er in ein Land wollte, in dem spanisch gesprochen wird, und damit ist, wenn wir mal auf dem Kontinent bleiben, das Suchgebiet erheblich eingeschränkt. Nicht mehr von Alaska bis Feuerland, sondern nur noch vom Rio Grande bis Feuerland, und das riesige Brasilien können wir auch ausklammern. Dadurch schrumpft das Jagdrevier doch schon ganz erheblich zusammen. Noch ein paar solcher Tips, und wir haben …«
»… ihn noch lange nicht«, fiel Nielson ihm ins Wort. »Erstens bleibt immer noch ein Gebiet von, na, ich schätze mal, zehn bis zwanzig Millionen Quadratkilometern übrig, und zweitens kann das Ausleihen der Bücher ja auch wieder ein Bluff gewesen sein. Zum Verwischen der richtigen Fährte gehört es nun mal, eine falsche sichtbar zu machen.«
»Gut, so kann es gewesen sein, muß es aber nicht. Bitte, Herr Nielson, denken Sie weiter nach! Malträtieren Sie Ihren Kopf! Rufen Sie sich alles in Erinnerung, was der Mann Ihnen erzählt hat, auch die scheinbar belanglosen Äußerungen! In ihnen steckt manchmal mehr, als man denkt.« Thaden stand auf. »Ich glaube, wir haben jetzt die nötige Bettschwere.«
Nielson ging mit bis an die Tür. »Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre«, sagte er, »hätte ich mir Mexiko ausgesucht. Es ist ein herrliches Land.«
»Wer weiß«, antwortete Thaden, »vielleicht ist er wirklich da.
Gute Nacht!«
»Gute Nacht!«
    Nielson schloß die Tür und setzte sich dann an seinen Schreibtisch. Er war zwar müde, aber zugleich von einer großen inneren Unruhe erfüllt. Wieder einmal hatte das Gespräch mit Thaden sein Gewissen wachgerüttelt. Wie schwerwiegend, wie sträflich Pohlmanns oder Leuffens Attacke im Zusammenhang mit dem Untergang der MELLUM auch gewesen sein mochte, sie hätte ja gar nicht stattgefunden, wenn in den einschlägigen Kreisen sein eigener Name nicht bekannt gewesen wäre als der eines Kapitäns, den man kaufen konnte.
    Er mochte Jacob Thaden, fühlte sich auf eine geheimnisvolle Weise hingezogen zu diesem

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