1991 Atlantik Transfer (SM)
Regal stellen, da fiel ihm ein, daß damals beide Bände aufgeklappt dagelegen hatten und daß auch beide mit Zigarettenkippen und Asche übersät gewesen waren. Ja, er entsann sich sogar, daß er die Verschmutzung hatte beseitigen wollen, dabei aber den Aschenstaub nicht tilgte, sondern breite Streifen aufs Papier rieb. Und ebenso erinnerte er sich seiner Wut, die ihn dazu gebracht hatte, Leuffen die Bücher wieder wegzunehmen.
Er tauschte nun die Bände aus, nahm den viel dickeren deutschspanischen mit zum Schreibtisch, schlug wieder ungefähr die Mitte auf, las auch hier das obenstehende Fettgedruckte. Die Doppelseite umfaßte alles, was es an Wörtern gab zwischen Kalkablagerung und Kammerlakai. Doch diesmal ging es ihm nicht um die Vokabeln, sondern um die zweite Aschenspur, und so hörte er mit dem Lesen auf, blätterte nur und warf jeweils einen raschen oberflächlichen Blick aufs Papier. Vielleicht befand die gesuchte Spur sich weiter vorn, aber er beließ es bei der Willkür, mit der er begonnen hatte, blätterte und blätterte.
Mehrmals feuchtete er zwischendurch die Spitze seines Zeigefingers an, indem er sie kurz an die Zunge führte. Blätterte und blätterte, erfaßte höchstens mal eine Seitenzahl. Das Kuriose an seiner Bemühung war, daß er sich auch jetzt nichts von ihr versprach und dennoch in Eifer geriet. 621, 623, 625. Immer aufs neue das Rascheln und der schnelle, prüfende Blick über die beiden Seiten. Schließlich nahm er doch wieder einzelne Wörter in sich auf: Läuterbottich. Was das wohl war? Weiter! 663, 665, 667. Weiter! Immer weiter! Logarithmentafel. Was für ein Glück, daß er die vielen Vokabeln nicht lernen mußte! Marketenderwagen und Maschinenwechsel. Der reinste Stumpfsinn, aber er hatte nun wenigstens einen neuen Hunderter erreicht. Weiter! 711, 713, 715. Michaelisferien und Milchgebiß. Wie viele Wörter es gab und wie verrückt sie wirkten, wenn man sie so unvermittelt vor sich hatte! Und immer mal wieder den Finger zum Mund. Mittelmäßigkeit und Mixtur. Weiter! 725, 727, 729.
Na endlich! Da waren sie! Deutlicher als in dem anderen Band zogen sich dunkle Striche über die Doppelseite. In der Faltlinie hatten sich sogar winzige Aschenpartikel angesammelt. Er wollte sie gerade herauspusten, da hielt er in einem Anflug verstiegenen Spürsinns die Luft zurück. Konnte der Dreck in der Falz nicht ein kostbares Indiz sein? Er kam wieder zur Vernunft, pustete dennoch nicht, starrte nur die beiden Seiten an, erst die linke, dann die rechte, las die Eckwörter: Moralgesetz und Motte.
Und was nun? Das Ergebnis lag vor, und er konnte nichts damit anfangen! Oder doch?
Er überlegte. Ja, es gab durchaus die Möglichkeit, daß die aufgeschlagenen Seiten der beiden Bücher etwas miteinander zu tun hatten. Mir selbst, dachte er, ist es schon passiert, daß ich wissen wollte, wie ein bestimmtes Wort auf spanisch heißt, und als ich’s dann gefunden hatte, hab’ ich in dem anderen Band nach seiner deutschen Übersetzung gesucht. Wirklich, das hab’ ich manchmal gemacht, aber nicht, um zu kontrollieren, ob die Leute sorgfältig oder schlampig gearbeitet haben, sondern weil ich auf diese Weise zu anderen Wörtern mit gleicher Bedeutung kommen konnte.
Wollte er den Begriff herausfinden, den Leuffen einmal in der einen und einmal in der anderen Richtung nachgeschlagen haben könnte, dann mußte er sämtliche Wörter, die auf der Doppelseite des spanischen Bandes standen, mit allen, die die Doppelseite des deutschen Bandes enthielt, vergleichen.
Verdammt, was für ein Aufwand!
Er fing auch gar nicht erst damit an, sondern überlegte sich lieber, ob es vielleicht eine andere, eine nicht gar so verzwickte Methode gab. Und fand eine. Sie war zwar weniger exakt, würde aber schneller und bequemer zum Ziel führen. Er sagte sich: Ich nehme mir jetzt die beiden Seiten in dem deutschen Band vor und lese alle Wörter, die da stehen, mit größtmöglicher Konzentration. Danach kann ich sie natürlich nicht auswendig, aber ich hab’ sie doch gespeichert, so daß es mir auffallen muß, wenn eins dieser Wörter zum zweiten Mal auftaucht, nämlich beim Lesen der spanischen Seiten.
Und so machte er es, las sehr langsam und aufmerksam die sechs Spalten deutscher Vokabeln, begann mit dem Moralgesetz und endete bei der Motte, brauchte dafür eine halbe Stunde.
Danach gönnte er sich eine Pause, trank einen JANNEAU und griff dann zum zweiten Band, setzte die Arbeit fort.
Nach zwanzig Minuten stieß er auf ein
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