1991 Atlantik Transfer (SM)
zweitausend Meter hoch läge. Aber nach wie vor war es ein großer Trost, daß das zusätzliche dichte Fell auf seinem Kopf sich in Kürze für immer erübrigen würde.
Als sie das Stadtgebiet verlassen und die Brücke passiert hatten, wurde es erträglicher, denn nun mischte sich in den Fahrtwind die kühle Brise vom Meer.
Die Adresse seines Hotels war ein Kuriosum. Die Insel hatte, wenn man von den beiden Zufahrten und einigen kleinen Nebentrassen absah, nur die von Brücke zu Brücke reichende Hauptstraße. Um mit den Hausnummern nicht ins Uferlose zu geraten und sie wegen der vielen noch unbebauten Grundstücke in Zukunft auch nicht dauernd ändern zu müssen, hatte man sich darauf verständigt, die einzelnen Standorte mit der Kilometerzahl anzugeben. Das VILLAS PLAZA befand sich bei Kilometer 11.
Sie fuhren vor das Hauptportal. Die mit dem Einzug verbundenen Formalitäten waren in wenigen Minuten erledigt. Was er in mexikanischen Hotels schon häufiger erlebt hatte, geschah auch hier: Sein Paß wurde einbehalten. Morgen, so hieß es, werde er ihn zurückbekommen. Da er die Prozedur kannte, beunruhigte sie ihn nicht.
Ein Boy trug ihm die Tasche zu seinem Bungalow, wies ihn in den Gebrauch des Fernsehers, des Telefons und des Safes ein und ging wieder. Als er allein war, hängte er seine Kleidung in den Schrank. Die Videokamera stellte er neben dem Bett ab, und seine Wertsachen verschloß er im Safe. Dann band er sich den Safeschlüssel ums Handgelenk, zog die Badehose an und ging hinunter an den Strand. Eine ganze Stunde lang schwamm er, ließ es sich wohl sein in dem sauberen türkisfarbenen 25-GradWasser, paßte dabei jedoch auf, daß seine Perücke nicht naß wurde.
Um acht Uhr saß er am Bartresen. Von dem Keeper, dem etwa dreißigjährigen Eugenio, mit dem er sich ausgiebig über Land und Leute unterhielt, hatte er sich eine Bloody Mary servieren lassen. Als etwa eine Viertelstunde verstrichen war, kam Howard Foreman, der sich neben ihn setzte und einen Tequila bestellte.
Der achtunddreißigjährige Halb-Mexikaner, dessen Mutter aus der nördlichen Grenzstadt Nogales stammte, war in seinem äußeren Erscheinungsbild überwiegend von der väterlichen Seite her geprägt, so daß er, der schon einige Jahre in Cancún lebte, meistens für einen Amerikaner gehalten wurde, zumal auch sein Name für diese Herkunft sprach. Er war groß, muskulös, hatte rötlichbraunes Haar und, als Erbgut seiner Mutter, dunkle Augen. Er sprach das Spanische akzentfrei und galt im Freundes- und Kollegenkreis als ehrenwert und verläßlich. Daß er es zumindest mit der Ehre nicht immer so genau nahm und sich, sobald das Entgelt stimmte, auch zu Unredlichkeiten bereit fand, hing mit seinem Werdegang zusammen. Sein Vater war Trinker gewesen und mit noch nicht einmal vierzig Jahren gestorben. Die Mutter hatte dann ihren Sohn Howard und ihre beiden Töchter nur unter größten Schwierigkeiten durchbringen können. In dieser Zeit war der heranwachsende Howard mit Dieben und Hehlern in Berührung gekommen, hatte aber später das Glück, an eine junge Mexikanerin mit etwas Vermögen zu geraten. Das brachte ihn, jedenfalls nach außen hin, auf den rechten Weg, doch eine heimliche Sympathie für dunkle Geschäfte war geblieben. Er heiratete, zog mit seiner Frau nach Cancún, kaufte ein großes Sportfischerboot, das er gegen gutes Geld vermietete. Er stellte allerdings immer die Bedingung, daß er selbst als Skipper an Bord bleibe. Der Ankauf des mit acht Kojen ausgestatteten Bootes, das von einer Werft im texanischen Galveston erbaut worden war, hatte nicht nur das von seiner Frau in die Ehe eingebrachte Geld verschlungen, sondern auch noch die Aufnahme eines Kredits erfordert. So kamen ihm die Aufträge des Deutschen, für den Geld offenbar keine Rolle spielte, sehr entgegen. Allein der Lohn für die Aktion Tegernsee deckte den Rest der Kreditsumme ab, und die Einnahme aus dem noch bevorstehenden Unternehmen würde ihn in die Lage versetzen, sich ein kleines Haus zu bauen, zumal vereinbart worden war, daß ihm noch über einen Zeitraum von zehn Jahren hin jährlich weitere, immer gleichbleibende Beträge zufließen würden.
Die von Leuffen als Finale bezeichnete Aktion begann in dem Augenblick, als Foreman sich gesetzt und seinen Tequila bekommen hatte.
Es war von großer Bedeutung, daß der Barkeeper ihr Gespräch oder jedenfalls Teile davon mitbekam. Sie führten es auf englisch, denn wie fast alle Angestellten des Hotels beherrschte
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