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1991 Atlantik Transfer (SM)

1991 Atlantik Transfer (SM)

Titel: 1991 Atlantik Transfer (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Überraschung. Er hatte gerade das Wohnzimmer betreten, da ging das Telefon. Es war Wulf Maibohm.
»Ich glaube, es ist mein achter Versuch, dich zu erreichen. Wo treibst du dich bloß rum?«
»Mir fällt eben manchmal die Decke auf den Kopf.«
»Ich hab’ Neuigkeiten von drüben. Nielson ist frei, und die CAPRICHO fährt wieder.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Woher weißt du das?«
»Hab’ mal wieder mit dem Anwalt in New Orleans gesprochen.«
»Wohin fährt das Schiff?«
»Es ist unterwegs nach Philadelphia. In vier Tagen kommt es da an, und anschließend fährt es nach Veracruz.«
»Und Nielson ist an Bord?«
»Natürlich.«
»Das ist gut.«
»Ja, aber es kann sein, daß er nun doch nicht unser Mann ist, weil er zumindest mit dem Kokain-Schmuggel nichts zu tun hatte. Das waren zwei Maschinisten.«
»So kann es sein, muß es aber nicht. Als wir nach New Orleans flogen, wußten wir ja noch gar nichts von dem Kokain. Da hatten wir nur Melanies Bericht, die Aussagen von Mutter Ellerup und die Informationen, die du zusätzlich eingeholt hast, und das alles haben wir jetzt immer noch.«
»Das stimmt.«

5
    James Hamilton hatte sich am frühen Morgen ins Zentrum von Mexico City fahren lassen, diesmal aber seinen Chauffeur nicht angewiesen, zu warten oder ihn zu einer bestimmten Zeit irgendwo abzuholen. Er hatte ihn zur Madrugada zurückgeschickt.
    Am Alameda Park war er ausgestiegen, und nun ging er langsam durch die zu dieser Stunde noch wenig besuchten Grünanlagen.
    Hier und da sah er jemanden im Gras liegen, Männer, die ihren Rausch ausschliefen, oder vielleicht waren es Obdachlose, die den Park zu ihrem Nachtquartier gemacht hatten.
    Seit halb sieben war er auf den Beinen. Nun hörte er vom nahen Zócalo her die Uhr der Kathedrale neun schlagen. In der Rechten trug er eine Leinentasche, die den Reisebedarf für drei, vier Tage enthielt. Über seiner linken Schulter hing, an einem Tragriemen, ein ledernes Futteral mit einer Videokamera; auch diese Ausrüstung paßte zu einem Mann, der für ein paar Tage in die Ferien fahren wollte.
    Er setzte sich auf eine der zahlreich vorhandenen Bänke, legte sein Gepäck neben sich. Es war ein Zufall, daß er eine der über den Park verteilten weißen Marmorstatuen im Blick hatte, eine Nackte in fast natürlicher Größe. Er fand die Figur sehr erotisch, fragte sich, ob die katholischen Mexikaner wohl immer einverstanden gewesen waren mit der zur Schau gestellten weiblichen Blöße, bezweifelte es zumindest für die sechziger Jahre und die Zeit davor. Es war die glatte, weiße Oberfläche, die ihn an Luise erinnerte, an ihr intensives Bemühen um helle, makellose Haut, und da war es kein Wunder, daß ihm nun die beiden Meldungen in den Sinn kamen, die im Abstand von elf Tagen eingegangen waren. Die erste hatte Howard Foreman, ein in Cancún lebender AngloMexikaner, von dem er sich in einem Hotel der Hauptstadt hatte anrufen lassen, erstattet. Es war eine Vollzugsmeldung gewesen. Obwohl sie sonst englisch miteinander sprachen, hatte Foreman, vielleicht aus lauter Enthusiasmus, aufs Spanische zurückgegriffen und gesagt; » De veras, la paja da un fuego fulminante! « Wirklich, Stroh erzeugt ein prächtiges Feuer! Bei diesem Gespräch hatten sie das Treffen arrangiert, das jetzt bevorstand.
    Die zweite Meldung war in Form eines Telegramms im MUNDIAL-Büro eingegangen. Luise hatte es in einem Schweizer Kurort aufgegeben. Der deutsche Text war etwas verstümmelt angekommen, aber er hatte trotzdem keine Mühe gehabt, die Botschaft zu verstehen. Sie hatte gelautet: DER VEREIN HAT WORT GEHALTEN – VORERST NUR DAS HAUS – ICH MACHE MIR SORGEN – MEIN TEINT IST HIN – GRUSS PAOLA. Auch wenn er nur den Informationsstand gehabt hätte, von dem Luise beim Absenden ihres Telegramms ausgegangen war, hätte er diese Nachricht entschlüsseln können.
    Schon seit dem ersten Drohbrief hatten sie den Verein der Pohlmann-Geschädigten immer nur den Verein genannt, und daß das Worthalten hier nichts anderes bedeutete als das Wahrmachen der Drohungen, lag auf der Hand. »Vorerst nur das Haus« war leicht zu interpretieren, wenn man die Tatsache heranzog, daß die Drohungen Ernst Pohlmann galten. Wer von seinen Gegnern wußte schon, daß es gar nicht sein Haus war, sondern das seiner Frau? Und schließlich war auch die Verbindung zwischen einem zerstörten Haus und einem von Brandwunden gezeichneten Teint plausibel. Doch für ihn bedurfte es all dieser Kombinationen gar nicht, war er doch viel besser

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