1992 - Aufmarsch über Thorrim
verschärft worden. Wer jetzt ins Thorrtimer-System einflog, hatte so gut wie keine Chancen mehr, an Konzentrate zu kommen. Was die Menschen den Hilfesuchenden nach wie vor geben konnten, waren Wasser und Atemluft. Dafür begannen die versammelten Intelligenzen endlich, sich selbst zu helfen, soweit es ging. Ganze Flotten schlossen sich zusammen. Heimatlose freundeten sich miteinander an, und der eine konnte dem anderen oft das geben, was er zum Leben brauchte, und umgekehrt. Inwieweit und ob die Superintelligenzen auch hier die „Hand" im Spiel hatten, ließ sich auf Thorrim nicht sagen.
Alles in Alashan wartete auf die beiden letzten Überwesen. „Wenn nicht bald etwas geschieht, beginne ich an unserer Annahme zu zweifeln", sagte Benjameen von Jacinta in Navajos Arbeitszimmer, wo er und Tess nach wie vor viel Zeit verbrachten - wenn der Bürgermeister nicht gerade auf Sitzungen oder bei irgendwelchen Wissenschaftlern war. „Es sind nur noch zwei Wochen bis Ende April, und seit dem Auftauchen des Zweigkanals der Äole sind annähernd. sechs Wochen vergangen. Fast jeden Tag orten wir den Ausbruch einer neuen Nova in gefährlicher Nähe. Machen wir uns nicht vielleicht alle nur etwas vor?"
„Wie meinst du das, Ben?" fragte der Bürgermeister ruhig. „Indem wir glauben, diese Superintelligenzen könnten in irgendeinem diffusen Zusammenhang mit der Entstehung von Thoregon die Katastrophe abwenden - das Superbeben!" ereiferte sich der junge Arkonide. „Wenn das so ist, wo bleiben die beiden anderen? Warum erscheinen sie nicht?"
„Benjameen!" sagte Tess tadelnd. „Versündige dich nicht."
„Wieso?" fragte er. „Wir reden hier nicht über den lieben Gott."
„Ich muss mich auch sehr wundern, Benjameen", sagte Navajo. „Nein, wir reden nicht über Gott, aber über den Glauben. Und wenn wir unseren Glauben an das Wunder verlieren, dann sind wir es auch nicht wert, gerettet zu werden." Von Jacinta schlug die Augen nieder und schüttelte den Kopf. „Verzeiht", sagte er leise. „Aber es ist alles so verwirrend, und mit jedem Tag geht ein Stück Hoffnung mehr verloren." Er erhob sich. „Ich glaube, es wird am besten sein, wenn ich mich um unsere porschen Freunde kümmere und um die Arbeiten an ihrem Raumschiff. Gestern wurde es mit dem Bug aus dem Boden gezogen und aufrecht gestellt."
„Wie geht es den ehemaligen Schläfern?" fragte Navajo. „Erheblich besser, dank unserer Mediker und den Medo-Robots. Der Kommandant der POR möchte dir persönlich für die Rettung danken." Stendal Navajo winkte ab. „Später, Benjameen" ,sagte er lächelnd. „Später. Nun geh und sieh nach deinen Schutzbefohlenen. Willst du mit ihm gehen, Tess'?"
„Du willst deine Ruhe haben, stimmt's'?" fragte die Mutantin im Aufstehen. „Na gut, ich tue dir den Gefallen. Schließlich habe auch ich Freundschaft mit den kleinen kugeligen Kerlen geschlossen - wenn sie nur nicht so entsetzlich viel schwitzen würden."
„Ihr werdet es überstehen", tröstete der Bürgermeister sie. „Und jetzt ..." Ein Interkomanruf unterbrach ihn. Navajo rief: „Auf Empfang!" Der Bildschirm des Geräts erhellte sich, und dreidimensional blickte ihm das Gesicht von Gia de Moleon entgegen. „Ich glaube, die fünfte Superintelligenz ist soeben angekommen, Stendal", sagte sie unterkühlt, „In kurzer Entfernung zu Nisaaru ist ein Würfel mit mehreren Kilometern Kantenlänge materialisiert."
„Kann es sich nicht um ein Raumschiff handeln'?" fragte Navajo. „Das bezweifle ich", sagte Gia. „Dieser Würfel ist nämlich auf direktem Weg überhaupt nicht wahrzunehmen, sondern nur indirekt. Außerdem bekomme ich gerade die Information, dass seine Kantenlänge bei 14,5 Kilometern liegt." Tess Qumisha hatte sich wieder gesetzt. Jetzt beugte sie sich vor, die Ellbogen auf den Knien, und presste sich die geballten Hände gegen die Schläfen. „Sie hat ... recht!" stieß sie mühsam hervor. „Ich empfange einen mentalen Druck, es ist ähnlich wie die Ausstrahlung des Äolen-Zweigkanals ."
„Ich fürchte, ihr werdet jetzt keine Zeit haben, euch um eure Freunde von POR zu kümmern", sagte der Bürgermeister der Nation Alashan. „Ihr wisst, was ich meine?"
„Wir schicken Sonden hinauf", verkündete Gia de Moleon via Interkom: „Der Würfel ist, wie ich schon sagte, nicht auf direktem Weg zu beobachten, mit keinem terranischen Messgerät. Aber gerade diese Tatsache ist auffällig und ermöglicht uns erst, seine Größe abzuschätzen: Er ist wie aus dem
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