1992 - Aufmarsch über Thorrim
Raum-Zeit-Kontinuum herausgeschnitten. Lichtstrahlen gehen nicht hindurch, werden offensichtlich auch nicht reflektiert, und dasselbe gilt für alle anderen Strahlungen, gleich ob vier- oder fünfdimensional."
„Lass das mit der Sonde, Gia!" rief Stendal Navajo. „Du weißt nicht, was ..."
„Es tut mir leid, Stendal", unterbrach ihn de Moleon. „Du spielst dein Spiel, und ich spiele meins. Die Sonde ist schon unterwegs. Ich werde sie nicht aufhalten."
„Ein Spiel!" tobte Stendal Navajo. „Die Alte ist verrückt! Sie kann mit ihrer Sonde den größten Schaden anrichten! Wer von uns weiß denn, wie die mutmaßliche Superintelligenz darauf reagiert? Muss sie es nicht als einen Angriff werten?" Für einen Moment herrschte atemlose Stille im Arbeitszimmer des Bürgermeisters. Dann sagte Tess: „Der mentale Druck wird schwächer, aber er ähnelt mehr dem des Zweigkanals als dem von Nisaaru."
„Eben noch habe ich gezweifelt", meinte Benjameen. „Jetzt sehe ich, dass ich vielleicht zu früh geurteilt habe. Diese neue Superintelligenz müsste dem Thoregon-Volk der Gestalter zuzuordnen sein."
„Sicher", stimmte Navajo zu, der sich beruhigt hatte, „denn sie ist nicht ES mit Wanderer. Ihr habt eine neue Mission."
„Durch das' Durcheinander an Raumschiffen?" fragte Tess entgeistert. „Ich komme mir seit Wochen vor wie im eigenen Land belagert. Und da sollen wir durch, bis in die Nähe der Sonnenkorona?"
„Eben deshalb", sagte Navajo. „So nahe an der Sonne stehen keine fremden Verbände. Und mit eurer Space-Jet werdet ihr euch wohl noch durch die anderen Einheiten hindurchmanövrieren können?"
„Kein Problem", sagte Benjameen selbstbewusst. Tess sah ihn zweifelnd an. Dann nahm er ihre Hand und zog sie von ihrem Sitz hoch. Die beiden jungen Mutanten verabschiedeten sich von Stendal Navajo mit der Frage, ob Gia de Moleon ihnen in dieser zerfahrenen Situation überhaupt eine Space-Jet überlassen würde. „Dafür werde ich schon sorgen", beruhigte sie der Bürgermeister.
Sie durchflogen den Riegel von Raumschiffsflotten aller Art, die sich um Thorrim gelegt hatten, im Raum zwischen dem ersten und zweiten Planeten parkten oder ganz einfach nur die Sicherheit des Systems nutzen wollten und sich weit außerhalb der Planetenbahnen befanden. Tess empfing wieder den mentalen Druck, aber inzwischen war sie so sehr daran gewöhnt, dass es ihr gelang, ihn zeitweise abzublocken. Es war längst nicht mehr so schlimm wie bei Nisaaru oder beim Zweigkanal des Äolentors. Irgendwann hatten sie die Raumschiffe hinter sich gelassen und flogen die Sonne an.
Diesmal bat Tess Benjameen, in fünfzig Millionen Kilometern von Nisaaru zu stoppen.
Dann versuchte sie, nach dem bewährten Muster von der Superintelligenz der Gharrer Informationen über den Würfel zu bekommen. Doch Nisaaru schwieg. „Wir müssen doch näher heran, Ben", sagte Tess. „Wie nahe?"
„Wieder dreißig Millionen Kilometer."Benjameen tat ihr den Gefallen. Hier oben konnte man sich fast freier und unbeschwerter fühlen als unten auf dem Planeten, trotz der Nähe der Sonne. Aber die bei den Mutanten fühlten sich nicht mehr eingeengt, obwohl sie nur Platz in ihrer Space-Jet hatten und auf Thorrim gehen konnten, wohin sie wollten.
Benjameen steuerte die Jet bis auf den gewünschten Abstand von Nisaaru. Zur Rechten konnte er ein „Loch" im Weltall sehen, das das Licht aller Sterne verschlang. Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich darunter einen Würfel mit immensen Ausmaßen vorzustellen. Tess konzentrierte sich wieder. Benjameen legte den Arm um sie und verstärkte so ihre psionischen Kräfte. Er wagte es nicht, sie anzusprechen. Ihre Finger zuckten an den Schläfen, er kannte das. Es war ein Zeichen dafür, dass der Kontakt zustande kam. „Bitte, Nisaaru" ,flüsterte Tess. „Rede doch endlich mit mir ..."
Aber es schien kein „Gespräch", kein Kontakt wie bisher zustande zu kommen, sosehr sich. Tess auch bemühte. Tess schwitzte. Nach einer Viertelstunde riss sie die Augen auf und ließ sich in Benjameens Arm zurücksinken. Sie atmete schwer. „Was ist?" fragte der Arkonide. „Bist du in Ordnung?". „Mach dir keine Sorgen um mich!" antwortete die Telepathin. „Mach dir lieber Sorgen um Alashan und das Thorrtimer-System!"
„Wie soll ich das verstehen?"
„Nisaaru ist zutiefst beunruhigt, Ben - so beunruhigt, dass sie keinen eindeutigen Kontakt mit mir aufnehmen konnte. Was ich weiß, habe ich mehr oder weniger aus ihren für mich
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