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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Nebentisch tagten, wie er den aufgefangenen Gesprächsfetzen entnahm, Geschäftsleute, die einen guten Abschluß mit Sekt begossen.
    Um Viertel nach fünf kam sie. Obwohl sie ihm nicht beschrieben hatte, wie sie aussah, spürte er sofort, daß sie es war. Eine mittelgroße, schlanke Frau, aber doch mit schönen weiblichen Rundungen. Höchstens dreißig Jahre alt. Was ihn darauf brachte, in ihr die Erwartete zu vermuten, war die Art ihres Eintritts. Er hatte etwas von der nervösen Eile, unter deren Druck die meisten Berichterstatter arbeiteten. Wer nur Torte essen will, wirft sich nicht durch die Tür wie in einen gerade abfahrenden Zug, der hält auch anders Ausschau und verschlingt die Anwesenden nicht mit blitzartigem Rundblick. Er stand auf, winkte ihr zu. Sie kam heran, und dann stellten sie sich gegenseitig vor, wobei er wieder, wie schon am Telefon, einen falschen Namen nannte, nämlich Jaime Carranza. Er hatte hin und her überlegt, ob er ihr sagen sollte, wie er wirklich hieß, sich schließlich dagegen entschieden, auch wenn das später, auf dem Kommissariat, zu Schwierigkeiten führen konnte, falls man dort nach seinem Paß fragte. Die andere Gefahr jedoch, daß die Reporterin der Polizei vielleicht mitteilte, ein gewisser Federico Mendoza stelle zum Schiffsuntergang private Ermittlungen an, sah er als noch größer an. Und seinen richtigen Namen konnte er ja immer noch preisgeben. Sie nahmen Platz, saßen sich gegenüber, ließen Kaffee und Kuchen kommen. Er musterte sie nun noch einmal aus der Nähe. Sie hatte kastanienfarbenes, in dichtem Schwall nach hinten fallendes Haar, volle Lippen, grün schimmernde Augen und einen sehr hellen Teint, schmale, ebenfalls sehr helle Hände, die, vermutlich einer Gewohnheit folgend, als erstes Block und Stift aus der Handtasche hervorzerrten. Sie kam gleich zur Sache: »Du willst also, daß ich dich mitnehme zum Kommissariat und dir den Zünder zeige.« Das Du überraschte ihn nicht, sie waren beide jung. »Ja, aber du sollst mich nicht nur an die Hand nehmen, sondern mir auch ein Papier beschaffen, auf dem vermerkt ist, daß ich zu deiner Zeitung gehöre. Und vorweg hab’ ich ein paar Fragen, zum Beispiel. Wie ist hierzulande der Stand der Ermittlungen?«
    »Du bist nicht grad bescheiden. Stimmt es denn wirklich, daß du was anzubieten hast?«
Er griff in die Innentasche seiner Jacke, zog ein Bündel Dollarnoten heraus, zeigte es ihr. »Zweitausend! Und das ist erst die Anzahlung.« Er legte das Geld neben ihren Kuchenteller.
»Wir sind sicher«, sagte sie, »daß der Schiffseigner der Täter ist. Er saß auch schon hinter Schloß und Riegel, in Deutschland. Dann kam er auf Kaution frei, und seitdem ist er verschwunden. Wenn es vorher noch Zweifel an seiner Schuld gegeben haben mochte, so sind die durch seine Flucht beseitigt. Eigentlich ist das Ganze eine Familientragödie …«
Federico staunte, denn nun hörte er aus dem Munde dieser rasanten Frau, die ihm auf Anhieb gefallen hatte, die Theunissen-Geschichte, hörte vom alten Claas, von den Vettern John und Olaf, von der in zwei Hälften geteilten Reederei, vom Wettkampf. Es war sogar die Rede von der honorabilidad hanseática, der hanseatischen Ehrenhaftigkeit, und auch die Vergrößerung der Erbmasse durch den Muñoz-Nachlaß wurde erwähnt. Mehr als einmal war er darauf und daran, sie zu unterbrechen, tat es dann aber doch nicht, denn er selbst hatte sie ja um diesen Bericht gebeten. Als sie geendet hatte, sagte er: »Ich halte Olaf Theunissen für unschuldig.«
»In wessen Auftrag bist du hier?«
»Im Auftrag seiner Familie. Wo er sich aufhält, weiß ich nicht.«
»Und warum willst du den Zünder sehen?«
»Man geht von einem gigantischen Versicherungsbetrug aus, doch da gilt es, fein säuberlich zu unterscheiden, ob es ein echter oder ein vorgetäuschter war. Für den echten käme nur Olaf Theunissen in Frage, weil ihm Schiff und Ladung gehörten. Wenn der Betrug vorgetäuscht wurde, ist höchstwahrscheinlich John Theunissen der Täter. Der Zünder könnte darüber Aufschluß geben. Er zeigte den zwölften Oktober an, aber das Schiff ging schon am elften unter, und dieser eine Tag spielt die entscheidende Rolle. Am zwölften Oktober wäre das Schiff mehrere tausend Meter gesunken, an einen Ort, an den die Taucher nicht herangekommen wären. Soweit alles klar?« Sie nickte, trank einen Schluck Kaffee. »Ich hab’ den Zünder gesehen«, sagte sie dann. »Und wie sieht er aus?«
»Na, wie Zünder eben

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