1992 Das Theunissen-Testament (SM)
nennt sich Julius Offermann, und in seiner Begleitung sind die beiden Spanier Federico Mendoza und Ernesto Valenzuela. Bitte, sorgen Sie dafür, daß die drei unverzüglich in Schutzhaft genommen werden! Sie leerte die Tasse, wollte aufstehen und ihren Mantel holen, da läutete das Telefon. Sie blieb sitzen, nahm ab, meldete sich. Es war Jacob.
»Hallo, Mutter! Gute Nachrichten! Es hat geklappt mit dem Teakholz aus Burma. Ich muß zwar nachher noch mit dem Chef sprechen, aber einer der Angestellten hat mir schon gesagt, daß der Lieferung nichts im Wege steht.«
Diese Wechselbäder! dachte sie. Der eine sagt: schlechte Nachrichten. Und nun heißt es, gute Nachrichten. Vielleicht sollte ich, bevor ich zum Kommissar gehe, mit Jacob sprechen. »Mutter, bist du noch da?«
»Ja, ich bitte dich, komm nach Haus!«
»Was? Jetzt gleich?«
»Ja.«
»Warum?«
»Das erklär’ ich dir, wenn du hier bist. Auch ich hab’ eine Nachricht bekommen.«
»Aber sag mir wenigstens. Ist mit Vater was passiert?«
»Nein, das nicht.«
»Okay, in einer halben Stunde bin ich da.«
»Das ist heller Wahnsinn!« Jacob war aufgesprungen. »Zugegeben, der Mord an der Frau ist ein Schock, aber daraufhin kannst du Vater doch nicht verraten!« »Es ist kein Verrat im üblichen Sinn, sondern eine Maßnahme zu seinem Schutz. Seit heute wissen wir ganz konkret, in welcher Gefahr er sich befindet. Außerdem. Die Wahrheit wird auch auf andere Weise rauszukriegen sein, also nicht nur dadurch, daß der zu Unrecht Beschuldigte sich auf die Suche nach dem Täter macht. Es gibt die Polizei. Bis jetzt hat sie sich geirrt, aber das kann sich ändern. Diese Beamten, die deutschen, die chilenischen, die von Nassau und die amerikanischen, sind doch nicht alle Dummköpfe!«
»Natürlich nicht, nur darfst du bei deinem Vorhaben das Wichtigste nicht vergessen, wie nämlich Vater darüber denkt.«
»Gut, schließen wir einen Kompromiß. Für wann ist das heutige Gespräch vorgesehen?«
»Für zwölf Uhr, also in anderthalb Stunden.«
»Diesmal werde ich mit ihm reden.«
Sie rechneten nicht mehr damit, beschattet zu werden, fuhren aber trotzdem zunächst eine knappe halbe Stunde lang kreuz und quer durch die Stadt, denn die Telefonanrufe nach drüben mußten unbedingt geheim bleiben. Erst als sie ganz sicher waren, daß niemand ihnen folgte, wandten sie sich nordwärts, parkten schließlich vor dem S-Bahnhof von Poppenbüttel und gingen dort in eine Telefonzelle.
Die lange Nummer hatte Jacob im Kopf. Wie bei den vorangegangenen Gesprächen hatte er sie auch diesmal während der Durchgabe notiert, sie später auswendig gelernt und den Zettel vernichtet.
Es klappte erst beim vierten Versuch. Dann war er mit der Rezeption des Hotels verbunden, verlangte Mister Offermann. Gleich darauf hörte er die vertraute Stimme. »Hallo, Vater«, antwortete er, »geht alles nach Wunsch?«
»Wir sind ein gutes Stück weitergekommen, haben jetzt auch Henderson im Team, den du ja kennst.«
»Der Hamburger Kommissar sagte uns, in Chile wurde eine Journalistin umgebracht, die in unserem Fall recherchiert hat. Ist es die, von der du letztes Mal erzählt hast?«
»Ja. Eine traurige Geschichte.«
»Seid ihr dadurch nun in größerer Gefahr als vorher?«
»Wir sind rechtzeitig rausgekommen aus dem Land.«
»Mutter steht neben mir. Sie will dich sprechen.«
»Großartig! Gib sie mir!« Jenny nahm den Hörer. »Olaf, ich denke ständig an dich.«
»Ist das eine Freude, Jenny, deine Stimme zu hören! Wurde auch Zeit. Ich hatte Jacob längst fragen wollen, ob du nicht mal statt seiner anrufen könntest, aber dann dachte ich immer, es wär’ für dich zu kompliziert mit der Fahrerei, womöglich mit einem Verfolger im Kielwasser, der dich nervös macht.«
»Du, Kommissar Ladiges rief mich vorhin an und erzählte mir vom Tod dieser Frau Alonso. Und er sagte mir auf den Kopf zu, du wärest drüben. Er rät dringend zur Rückkehr, weil das alles zu gefährlich für dich ist, und ich meine, er hat recht. Wir sollten ihm sagen, wo du bist. Er kann dann die Polizei in Nassau einschalten, und du bist in Sicherheit. Bitte, Olaf! Ich hab’ solche Angst um dich. Laß es uns so machen! Oder wenn nicht, dann gehst du selbst zur Polizei. Du teilst dort mit, was du weißt, und läßt die Beamten weitermachen. Sie kennen doch ihr Geschäft und …«
»Jenny, das geht nicht! Wenn wir jetzt unsere Deckung aufgeben, ist alles wieder beim alten. Man würde mich nach Deutschland schicken, ich käme wieder in
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