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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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die OLGA zu versenken, um von meiner Versicherung für die neuntausend Tonnen Schrott den Kupferpreis zu kassieren, glaubt man denn wirklich, ich hätte mir eine Meerestiefe von hundertsechzig Metern ausgesucht, bei der ich von vornherein damit hätte rechnen müssen, daß Taucher runtergeschickt würden? Man hält mich also nicht nur für kriminell, sondern auch noch für maßlos dumm.«
»Was die Dummheit betrifft, kann ich Sie beruhigen. Ja, die geringe Wassertiefe spräche in der Tat dafür, daß Sie es nicht waren, aber die Sache sieht anders aus. Die Zündanlage wurde unversehrt gefunden, und …«
»Wie denn das? Die muß doch bei den Explosionen mit draufgegangen sein.«
»Sie hat in einiger Entfernung getickt.«
»Ist das nicht sehr ungewöhnlich?«
»In diesem Fall nicht, weil mehrere Sprengsätze dranhingen, die synchron gezündet wurden. Das war dann so ähnlich wie bei den Sprengungen im Gebirge, wo jemand den Hebel drückt und das Dynamit ein ganzes Stück weiter weg hochgeht. Nur hat hier niemand den Hebel gedrückt. Die Zündung erfolgte automatisch, mit Hilfe einer eingebauten Uhr, und dabei gab’s offenbar eine technische Panne. Die Uhr war nämlich nicht eingestellt auf den Tag, an dem die Explosionen stattfanden, sondern auf den darauffolgenden. Also geht man davon aus, daß die OLGA an einer viel tieferen Stelle auf Grund gesetzt werden sollte. Man hat sogar berechnet, wo. Der Kurs des Schiffes lag ja fest, und wenn es auf dieser Linie mit vierzehn, fünfzehn Meilen pro Stunde einen ganzen Tag lang weitergefahren wäre, hätte es eine Stelle erreicht, an der die Wassertiefe vier- bis fünftausend Meter beträgt. Da aber wäre es für die Taucher unerreichbar gewesen.«
»Das wird ja immer verrückter!«
»Wohl wahr!«
»Und nur wegen einer defekten Uhr kommt man wieder mal auf mich? Die würde ich mir verdammt gern ansehen! Vielleicht läßt sich feststellen, ob ein echter Fabrikationsfehler vorliegt oder ob da manipuliert wurde. Wo ist der Zünder jetzt?«
»Drüben. Sichergestellt.«
»Und? Kriegen wir ihn zu sehen?«
»Natürlich, denn der Prozeß wird ja hier stattfinden. Auf Grund eines Strafverfolgungsersuchens haben die Chilenen die Sache an uns abgegeben, und das schließt die Überlassung des Beweismaterials, also auch des Zünders, mit ein. Es kann allerdings noch etwas dauern, aber im Moment geht es ja auch vorrangig um die Frage, ob Sie – als der Mann mit dem stärksten Motiv – in Untersuchungshaft bleiben müssen oder auf freien Fuß kommen. Ich setze alles daran, um Sie hier rauszuholen, doch ohne Auflagen wird’s bestimmt nicht klappen.«
»Und wie könnten die aussehen?«
»Da gibt’s diverse Möglichkeiten. Kaution, Paßabgabe, Meldepflicht.«
»Würd’ mich alles nicht kratzen, sofern die Kaution sich in Grenzen hält.«
»Deren Höhe wäre unter anderem von Ihren wirtschaftlichen Verhältnissen abhängig, und die sind ja nicht gerade schlecht. Die Erbschaft wird Ihnen als Vermögen zugerechnet, auch wenn sie noch mit dem verflixten Fragezeichen behaftet ist. Ich tippe mal, daß unter fünfhunderttausend nichts laufen würde.«
»Würde?«
»Es kann genausogut passieren, daß der Haftrichter Sie hier festhält. Warten wir’s ab!« Vosswinkel sammelte die Fotos ein, sagte dabei: »Diese Aufnahmen bezeichnen Sie also als Fälschungen?«
»Das nicht. Sicher sind sie so, wie sie sich da präsentieren, gemacht worden, sind also keine Montagen, aber ich bin nicht drauf, und allein darum geht es. Nicht die Aufnahmen sind gefälscht, sondern das falsche Spiel liegt in dem Versuch, sie als Beweismaterial gegen mich einzubringen. Ich war nicht am Hafen von Valparaiso, und ich bin auch nie in der Nähe eines von Palmen gesäumten Schrottplatzes gewesen. Und den Mann, dessen Gesellschaft man mir da andichten will, kenne ich nicht. Den zum Beispiel müßte man mir doch gegenüberstellen.«
»Wird auch geschehen. Und, Herr Theunissen, damit Sie wenigstens das wissen. Ich glaube Ihnen.«
Sie standen beide auf, gaben sich die Hand. Vosswinkel ging, und ein Vollzugsbeamter führte den Häftling zurück in die Zelle.

13
    Seine Familie besuchte ihn regelmäßig. Jenny kam sogar jeden Tag. Sie versuchte, ihm Halt zu geben, aber ihr einziges Argument für einen letztlich guten Ausgang der bösen Sache war in seinen Augen keins. Die immer wiederkehrende, nur in der Wortwahl variierende Beteuerung, niemand könne für etwas bestraft werden, was er nicht getan habe, und am Ende werde das Gute

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