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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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gemacht oder in Auftrag gegeben?«
»Man vermutet, daß es bei Ihrem Coup – Sie verstehen, ich rede jetzt aus der behördlichen Perspektive – Mitwisser gab, also Personen, denen bekannt war, daß die OLGA statt des Kupfers Schrott an Bord nahm, und genau diese Personen könnten fotografiert haben.«
»Aber die wären dann doch an mich herangetreten mit dem Versuch, aus ihrem Wissen Kapital zu schlagen, also mich zu erpressen!«
»Ja, das hätten sie garantiert getan, wenn es zur Versicherungsleistung an Sie gekommen wäre, sie konnten nicht damit rechnen, daß die BRISTOL INSURANCE Taucher nach unten schicken würde. Als das passierte, war der Coup geplatzt, und so stellten sie ihr brisantes Material zur Verfügung.«
»Ich kenne mich mit Gangstern nicht aus, aber ein solches Vorgehen erscheint mir nicht gerade Ganovenlike. Viel plausibler wäre es gewesen, den Prozeß abzuwarten in der Hoffnung, daß ich vielleicht doch freigesprochen werde, um dann auf mich zuzugehen und zu sagen: ›Also, Mister Theunissen, wir machen jetzt halbe-halbe.‹ Ich glaube, wenn ich Ganove wäre, hätte ich so gehandelt. Was haben solche Leute denn davon, ihr kostbares Erpressermaterial zur Verfügung zu stellen?«
»Es ist ja nicht mehr kostbar.«
»Okay, für mich bleibt diese Frage offen. Aber ich hätte gern noch gewußt, wem die Fotos übergeben wurden. Ich meine, wer war der erste Empfänger? Die chilenische Polizei oder die deutsche? Die chilenische Staatsanwaltschaft? Die deutsche? Oder wer?«
»Zweimal muß ich sagen: Weder noch. Es war der Muñoz-Clan.«
»Was?«
»Ja. Und nun kommt eine Variante, die das Vorgehen der Gangster wahrscheinlich auch in Ihren Augen verständlich macht. Die wußten natürlich, daß zunächst der Muñoz-Clan in Verdacht geraten war. Der Fall ging ja in aller Ausführlichkeit durch die chilenischen Medien. In einem der Berichte hieß es, die Familie fühle sich durch die Kupfer-Klausel der alten Dame auf das schwerste geschädigt. Das widerspricht dem, was mein Kollege Krogmann zu hören bekommen hat, aber es spielt keine Rolle, wie’s in Wirklichkeit war. Entscheidend ist, daß es in der Zeitung stand. Kurzum, wenig später wurden die Fotos der Muñoz-Familie angeboten, und sie hat zugegriffen, um den Anschuldigungen wirksamer begegnen zu können. Das Duo ›Reeder plus Schrotthändler‹ muß ihr eine Menge wert gewesen sein.«
Die Ausführungen des Anwalts fingen an, Olaf zu verwirren, ja, zu beunruhigen, denn wenn die vorgelegten Fotos tatsächlich eine Interpretation zuließen, die ihre angebliche Echtheit stützte, dann war die Aussicht, aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, sehr gering. So brachte er das nächste Argument schon nicht mehr so schwungvoll und energisch vor wie die bislang geübte Gegenwehr:
»Aber da ist ja noch was! Die Aufnahme aus Valparaiso mit der OLGA drauf und den beiden Männern im Hintergrund. Ich bin zwar kurz in Valparaiso gewesen, dann aber gleich nach Puerto Montt geflogen, wo meine Holzhändler sitzen. Es gab für mich überhaupt keinen Grund, mir die Verladung des Kupfers anzusehen. Wozu hat man schließlich seine Leute? Also noch einmal. Ich war nicht da, und das muß auch zu beweisen sein.«
»Der negative Nachweis ist in der Regel viel schwerer zu erbringen als der positive. Darin liegt oft das Kreuz bei den Alibis. Ein Zeuge kann aussagen: ›Ja, Herr X war in New York, denn ich habe ihn dort gesehen.‹ Umgekehrt war’s unmöglich. Wenn er sagt: ›Herr X war nicht in New York, denn da ist er mir nicht über den Weg gelaufen‹, lacht man ihn aus. Kurzum, wie sollen wir nachweisen, daß Sie zum fraglichen Zeitpunkt nicht am Hafen von Valparaiso waren?«
»Über meine Hotel- und Flugdaten aus Puerto Montt natürlich.«
»Dann wird die Gegenseite ins Feld führen, Sie könnten in aller Frühe eine Maschine gechartert und sich mit dem Schrotthändler in Valparaiso getroffen haben, um den heiklen Ladevorgang mal kurz zu inspizieren. Gleich anschließend zurückzufliegen und den Hotelangestellten in Puerto Montt zu erklären, Sie hätten einen ausgedehnten Spaziergang gemacht, wäre ein leichtes gewesen, und ebenso leicht wäre es, heute von ihnen eine Bestätigung dieser Angabe zu erhalten.«
»Verdammt noch mal, ich habe niemandem gegenüber eine derartige Erklärung abgegeben!«
»Das weiß ich doch! Mit einem solchen Beispiel will ich Ihnen ja nur klarmachen, wie man argumentieren wird!«
»Na gut. Aber wenn ich wirklich die Idee gehabt hatte,

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