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1992 Das Theunissen-Testament (SM)

1992 Das Theunissen-Testament (SM)

Titel: 1992 Das Theunissen-Testament (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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erstickst an deinem Kaffee!« zischte er und wandte sich zum Gehen, hörte aber noch die Antwort: »Also weißt du! Nicht schon wieder einen Toten!« Er ging in die Halle, hatte aber plötzlich die Idee, John könnte bereits während des Telefonats die Polizei verständigt haben. Also weg hier! sagte er sich und beschleunigte seinen Schritt, lief die Treppe hinunter und den Bahnsteig entlang und auf der anderen Seite die Treppe wieder hinauf, dann weiter und hinaus auf den Vorplatz. Was sollte er nun machen? Ladiges würde ihn ausquetschen, immer und immer wieder. Es kam eigentlich nur dieselbe Version in Betracht, die er John aufgetischt hatte. Eine Frau. Eine, deren Namen er nicht nennen durfte. Aber, verdammt, das war die uralte Kiste, die in jedem zweiten Krimi serviert wurde!
Er war jetzt auf dem Steindamm. Himmel noch mal, genau gegenüber vom Bahnhof gab es doch eine Polizeidienststelle! Im Laufen drehte er sich um. Kein John, kein Polizist. Er bog links ab, kam zum Hansaplatz, dachte sofort an den falschen Paß seines Vaters und dankte im stillen allen Türken dieser Welt. Es darf also, überlegte er weiter, während er den großen Platz umrundete, nicht die alte, abgegriffene Geschichte sein! Es muß was Glaubwürdiges her. Und plötzlich hatte er es, wußte, was er tun, zumindest versuchen sollte. Er überdachte es noch einmal, fand den Weg gangbar, wenn auch für alle Beteiligten nicht gerade angenehm. Der erste Teil der Geschichte hatte zu bleiben. Die Frau. Die verheiratete Frau, deren Namen kein Ehrenmann preisgibt. Aber dann! Der Knüller! Der Knall! Das Unerwartete. Bin eben kein Ehrenmann und werde schwach, liefer’ den Bullen die Show meines Lebens, und ganz am Ende – bloß nicht zu früh! – und unter Tränen verrate ich die Geliebte doch, so daß die Burschen sich im Eifer des Gefechts so richtig aufgeilen werden an ihrem Erfolg, bis sie dann merken, daß es gar keiner ist, sondern die Pleite.
Er blieb stehen, sah sich um, prüfte in allen Richtungen, ob sein Onkel in der Nähe war, entdeckte ihn wiederum nicht und marschierte dann auf die erstbeste Telefonzelle zu, trat ein. Das Licht darin war schwach, und so nahm er sein Feuerzeug zu Hilfe, blätterte in dem dicken Buch, fand die Nummer, nach der er gesucht hatte, warf dreißig Pfennig in den Schlitz und wählte. Es dauerte sehr lange, bis eine verschlafene Männerstimme sich meldete:
»Kroniger.«
»Herr Kroniger, guten Morgen, hier ist Jacob Theunissen. Erst mal bitte ich um Entschuldigung wegen der unmöglichen Zeit, aber es ist wichtig, sehr wichtig.«
»Kein Problem. Für Sie und Ihre Familie sind wir immer zu sprechen. Was gibt es denn?«
»Darf ich mal eben vorbeikommen?«
»Jetzt?«
»Ja, auch das ist nämlich wichtig, daß es jetzt geschieht.«
»Gut. Wollen Sie meine Frau sprechen oder mich?« »Sie beide.«
»In Ordnung. Bis gleich.«
»Danke!« Er hängte ein, trat aus der Zelle, dachte. Wenn ich nun erst das Auto hole, hab’ ich ihn wahrscheinlich schon wieder an den Hacken. Er hielt Ausschau nach einem Taxi, entdeckte dann sogar einen Stand. Er lief hinüber, stieg in den ersten der drei wartenden Wagen ein, nannte dem Fahrer die Adresse.
Es war eine Strecke von gut zehn Minuten. Das Taxi hielt vor einem Mietshaus. Er stieg aus, ging an die Tür, suchte nach dem Namen Kroniger, fand ihn ganz oben, klingelte. Der Summer ertönte.
Einen Lift gab es nicht. So schnell er konnte, lief er die vier Stockwerke hinauf. Oben erwartete ihn Franz Kroniger, komplett angezogen. Der etwa Fünfunddreißigjährige gab ihm die Hand.
»Was ist passiert?«
»Gleich.«
    Im Wohnzimmer trat ihm, ebenfalls schon für den Tag hergerichtet, Anita Kroniger entgegen, die einst als Lehrling in die Firma THEUNISSEN HOLZIMPORT eingetreten war und dort seit nun schon sieben Jahren als Chefsekretärin arbeitete. Sie war Anfang Dreißig und ohne Frage die attraktivste der acht weiblichen Angestellten des Betriebs. Meistens trug sie Jeans und dazu Pullover, die so raumgreifend waren, daß er manchmal sagte, sie wohne ja geradezu darin. Doch wußte er, daß sich unter der legeren Kleidung eine aufregende Figur verbarg, denn auf den Betriebsfesten hatte er sie so manches Mal in enganliegenden Kleidern gesehen. Sie bat ihn, sich zu setzen. »Möchten Sie einen Kaffee? Ich hab’ ihn fertig.« »Gern.«
    Sie schenkte ihm ein und ihrem Mann und sich selbst auch. »Halten Sie zu meinem Vater?« fragte er sie. »Ich geh’ für ihn durch dick und dünn«, antwortete

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