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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Bestellung geschrieben. Der Abzug war zu groß geraten, und der ungehaltene Kunde hatte ihr demonstriert, daß das Foto nicht in seine Brieftasche paßte. »Soll ich es etwa knicken?« hatte er sie angefahren, war dann aber durch ihre verängstigte Bitte um Entschuldigung und durch die Zusage, man werde schnellstens im richtigen Format nachliefern, besänftigt worden.
    Ein eher komischer Fall hatte sich in ihrem dritten Lehrjahr abgespielt. Ein quirliger Asiate, vierzig oder auch fünfzig Jahre alt, hatte eine Polaroid-Kamera gekauft, dazu einen Film und eine mit zehn Birnen bestückte FlashBox. Nachdem er gezahlt hatte, war’s losgegangen. »Plobielen!« hatte, freundlich lächelnd, der zierliche kleine Mann gesagt, und sie war erst nach einer Weile darauf gekommen, daß er seine neue Errungenschaft nun ausprobieren wollte. »Ich fotoglafielen schönes Mädchen«, hatte er dann vorgeschlagen und auf sie gezeigt. Sie war zunächst nicht einverstanden gewesen, aber nachdem er seine Bitte geradezu flehentlich wiederholt hatte, war sie schließlich darauf eingegangen. Er hatte ihr Gesicht fotografiert und, während sie in gespielter Geschäftigkeit die Auslagen ein wenig veränderte, mehrere Ganzaufnahmen gemacht. Doch als er ihr mit Handzeichen bedeutete, sie möge ihren Rock etwas anheben, hatte sie energisch auf die Tür gewiesen. Nach ein paar weiteren vergeblichen Anläufen war er endlich gegangen.
    Einige Diebstähle hatte es auch gegeben, allerdings vorwiegend kleinerer Objekte, nämlich einer Aufsatzlinse, einer Fototasche und eines Belichtungsmessers. Einmal jedoch war es zu einem größeren Schaden gekommen. Vier Jugendliche hatten sie hereingelegt, indem drei von ihnen sie am Ladentisch in ein lebhaftes Fachgespräch verwickelten, während der vierte, der vorgegeben hatte, sich mal etwas umsehen zu wollen, eine LEICA verschwinden ließ. Das dubiose Quartett kaufte dann einen Film und zog ab. Die Lücke im Regal hatte sie nicht sofort bemerkt, denn der Dieb hatte das halbe Dutzend anderer Fabrikate so zusammengeschoben, daß das neue Arrangement über den Verlust hinwegtäuschte. Erst eine halbe Stunde später war die umgewandelte Anordnung ihr aufgefallen, und gleich darauf hatte sie begriffen, was geschehen war. Da flossen sogar, während sie dem Chef telefonisch Bericht erstattete, ein paar Tränen, aber die versiegten schnell, weil sich Herr Laue, statt zornig zu reagieren, mit der väterlichen Ermahnung begnügte, künftig besser achtzugeben, besonders dann, wenn die Kundschaft gruppenweise aufträte und obendrein den Versuch machte, sie in ein längeres Gespräch zu ziehen. Sie nahm sich die Belehrung zu Herzen, und als er gar noch sagte: »Also, Babu, in Zukunft Augen auf und bei Gefahr sofort den Klingelknopf drücken!«, hatte eine regelrechte Woge von Dankbarkeit sie durchströmt. Dieser Vorfall lag anderthalb Jahre zurück, und seitdem hatte sie immer aufgepaßt, einmal auch einen Dieb erwischt, aber die an der Tresenkante befindliche Klingel nicht bedient, denn der Übeltäter war ein zehnjähriger Junge, mit dem sie leicht allein fertigwerden konnte. Außerdem wäre es ein Bagatellschaden geworden. Der Kleine hatte sich, während sie eine Kundin in den Gebrauch einer MINOLTA einwies, fünf Postkarten unter den Anorak geschoben.
    An diesem Nachmittag herrschte nicht viel Betrieb. Es war zehn vor sechs, und also fehlten nur noch zehn Minuten bis zum Feierabend, auf den sie sich heute ganz besonders freute. Ronny, ihr Freund, der in der Nähe von Mannheim bei der Bundeswehr war, hatte drei Tage Urlaub bekommen, und sie wollte um Viertel nach acht am Bahnhof sein, um ihn abzuholen.
    Sie begann schon mal mit dem Aufräumen, schloß die wertvollen Apparate in den Safe, legte den Stapel mit den Auftragstaschen in den hohen, rechteckigen Plastikkorb, stellte ihn neben die Tür und machte sich daran, den Laden auszufegen.
    Der Mann, der um drei Minuten vor sechs hereinkam, war etwa Mitte Dreißig. Er trug eine helle Hose, ein kurzärmeliges marineblaues Oberhemd, weiße Turnschuhe und hatte eine sehr dunkle Sonnenbrille auf. Sie stand gerade zwischen dem drehbaren Postkartenständer und dem Regal, auf dem die Bildbände ausgestellt waren.
    Er fragte, ob er noch schnell einen Dia-Film kaufen könne.
»Aber natürlich«, sagte sie, »es ist ja noch nicht sechs.« Sie lehnte den Besen gegen das Regal, wandte sich wieder um, und da sah sie, daß der Mann eine Pistole in der Hand hielt. Es war ein sehr kleines

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