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1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

1994 Jagdzeit in Deutschland (SM)

Titel: 1994 Jagdzeit in Deutschland (SM) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinrich Matthiesen
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Gelingen seines Plans unerläßlich war. Er befand sich im Rücken des anderen.
Er hatte, von jugendlichen Balgereien abgesehen, keinerlei Erfahrung im Zweikampf, wußte nur von einem einzigen Trick, mit dem man einen Gegner kampfunfähig machen konnte. Den würde er nun anwenden und zusätzlich auf die beiden Vorteile vertrauen, die er zu haben glaubte, die eigene, wenn auch bestimmt nicht wendigere, so doch wuchtigere Physis und dazu die Ahnungslosigkeit des Opfers.
Er nahm seinen Mut zusammen und nutzte den einen entscheidenden Moment, als Vogt durch den Türrahmen ging, stellte sich – dafür genügte ein kleiner Schritt – genau hinter ihn, schob blitzartig die Arme unter den Achseln des Gegners hindurch, führte sie dann aufwärts, bis seine Hände in dessen Nacken zusammentrafen, faltete sie und hatte damit den wesentlich Kleineren fest wie in einer Schraubzwinge.
»Mein Gott!« entfuhr es Frau Engert.
»Sind Sie verrückt geworden?« schrie Vogt und versuchte mit dem ganzen Oberkörper, sich aus der Umklammerung zu befreien. Als das nicht gelang, schlug er mit den Füßen nach hinten aus, woraufhin Kämmerer den Druck seiner noch immer gefalteten Hände verstärkte und ihn, sobald die Gegenwehr schwächer wurde, wieder ins Wohnzimmer zerrte.
»Können Sie ihn durchsuchen?« rief er Frau Engert zu.
»Vielleicht hat er eine Waffe bei sich.«
»Mach’ ich.«
Doch kaum war sie nähergetreten, traf sie ein Fußtritt.
»Es geht nur von der Seite«, sagte Kämmerer.
Sie unternahm einen neuen Versuch, förderte eine Brieftasche zutage, einen Kugelschreiber, einen deutschen Reisepaß auf den Namen Elmar Vogt und einen Autoschlüssel. Keine Waffe. Als sie dann Vogts Oberschenkel abtasten wollte, trat er wieder zu, so daß sie zurückweichen mußte.
»Wir brauchen eine starke Schnur«, ächzte Kämmerer, »um seine Füße zusammenzubinden.«
Sie eilte aus dem Zimmer, war nach wenigen Augenblicken wieder da, in der Hand ein Stück Wäscheleine. Aber es gelang ihr nicht, sie Vogt um die Füße zu legen, geschweige denn, sie zu verknoten, so heftig waren seine Attacken.
Kämmerer überlegte verzweifelt, wie sie vorgehen sollten. Den Mann zu fesseln war unbedingt notwendig, denn ewig würde die Schraubzwinge des Rauchers und Weintrinkers und Nicht-Sportlers Paul Kämmerer nicht halten. Er war schon jetzt außer Atem. Sein Blick fiel auf die Tür, und da hatte er plötzlich eine Idee.
»Ich ziehe ihn wieder unter den Türrahmen«, sagte er. »Wir klemmen seine Beine zwischen Zarge und Blatt, und dann werden Sie es schaffen, ihm die Füße zu fesseln. Aber den Druck mit der Tür können nur Sie erzeugen. Am besten, Sie sitzen auf dem Fußboden und lehnen sich dagegen, sobald ich seinen Oberkörper auf dem Flur hab’. Wenn Sie nur ordentlich drücken, hat er keine Chance.«
Es grenzte schon ans Groteske, die strategischen Schritte zu erörtern und dabei zu wissen, daß der Mann, gegen den sie gerichtet waren, jedes Wort mithörte, aber Flüstern entfiel, denn dazu hätte Frau Engert ihr Ohr ganz dicht an Kämmerers Kopf halten müssen, und dort war, wegen des Nackengriffs, auch Vogts Kopf.
Sie machten es, wie besprochen. Kämmerer schleifte Vogt durchs Zimmer, trat rückwärts in den Flur, und Frau Engert bediente die Tür. Zunächst schien es nicht zu klappen, denn der ganze Körper des Mannes war in Aufruhr. Doch dann stemmte sie sich mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, gegen das Türblatt, und da wurden seine Beine schlaff. Sie griff nach der Leine, schlang sie ihm um die Füße. Als sie den Knoten machen wollte, spürte sie etwas Hartes, Sperriges. Sie streifte das Hosenbein ein Stück in die Höhe. Und erschrak. In einem Wadenpolster steckte eine Pistole. Aber sie riß sich zusammen, holte sie heraus, legte sie ab, zog die Leine noch einmal straff und band den Knoten. Danach nahm sie die Waffe wieder in die Hand, erhob sich unter Mühen und machte mit dem rechten Fuß die Tür ganz auf.
»Die hatte er am Bein«, erklärte sie und hielt Kämmerer die Pistole hin.
»Stecken Sie mir das Ding in die Jackentasche«, sagte er. Sie tat es, und er schob Vogt ins Zimmer, ließ ihn auf den Teppich fallen, herrschte ihn an:
»Legen Sie sich auf den Bauch!«
»Was hab’ ich Ihnen getan?«
Kämmerer zog die Pistole aus der Jackentasche. »Die spricht ja wohl für sich«, sagte er, »oder ist es etwa üblich, eine Waffe mitzunehmen, wenn ein Ostler im Westen auf Jobsuche geht?«
Vogt antwortete nicht. Aber er drehte sich

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