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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Büros. Bei den Ausmaßen des Gebäudes konnten die Räumlichkeiten nicht sehr groß sein. Dem Anschein nach beherbergte es auch keine sonderlich gut gehenden Firmen, aber das war nur eine Vermutung, keine Tatsache. Tengo überlegte, ob er mit dem Aufzug in den zweiten Stock fahren sollte, um wenigstens zu erkunden, wie das Büro von außen aussah. Allerdings hatte er nicht im Mindesten Lust, im Flur mit Ushikawa zusammenzustoßen.
    Also fuhr er wieder nach Hause und rief Komatsu im Verlag an. Ausnahmsweise war dieser anwesend und gleich am Hörer.
    »Es passt mir gerade nicht«, sagte Komatsu. Er sprach schneller als gewöhnlich, und seine Stimme klang irgendwie höher. »Tut mir leid, ich kann im Moment nicht reden.«
    »Es ist ziemlich dringend«, sagte Tengo. »Heute hat mich ein sonderbarer Mann in der Schule aufgesucht. Er schien etwas über meine Verbindung zu Die Puppe aus Luft zu wissen.«
    Komatsu schwieg mehrere Sekunden. »Ich kann dich in etwa zwanzig Minuten zurückrufen. Bist du zu Hause?«
    Tengo bejahte, und Komatsu legte auf. Während Tengo wartete, schärfte er zwei Messer an seinem Wetzstein, setzte Wasser auf und machte sich einen schwarzen Tee. Nach genau zwanzig Minuten klingelte das Telefon. So pünktlich zu sein war eine Seltenheit bei Komatsu.
    Seine Stimme klang jetzt wesentlich entspannter. Anscheinend hatte er sich an ein ruhiges Plätzchen verzogen, um zu telefonieren. Tengo berichtete ihm kurz von seinem Gespräch mit Ushikawa.
    » Stiftung zur Förderung neuer japanischer Wissenschaften und Künste? Nie gehört. Unglaublich, dass er dir ein Stipendium von drei Millionen Yen angeboten hat. Zugegeben, du hast sicher eine große Zukunft als Schriftsteller vor dir. Aber bisher hast du noch kein einziges Werk veröffentlicht. Unmöglich. Da steckt was dahinter.«
    »Genau das denke ich auch.«
    »Gib mir ein bisschen Zeit. Ich werde selbst ein paar Nachforschungen über diese angebliche Stiftung anstellen. Sobald ich etwas herausgefunden habe, melde ich mich. Jedenfalls weiß dieser Ushikawa, dass zwischen dir und Fukaeri eine Verbindung besteht.«
    »Scheint so.«
    »Das ist ziemlich lästig.«
    »Irgendetwas ist im Gange«, sagte Tengo. »Es ist schön und gut, mit einem Hebel einen Felsen anzuheben, aber es scheint doch irgendetwas Widerliches darunter hervorgekrochen zu sein.«
    Komatsu seufzte in den Hörer. »Hinter mir sind sie auch her. Die Illustrierten spielen verrückt, ebenso wie irgendwelche Fernsehsender. Heute Morgen kam die Polizei in den Verlag, um mich zu vernehmen. Sie wissen von Fukaeris Vergangenheit bei den Vorreitern. Und selbstverständlich auch von ihren verschwundenen Eltern. Die Medien werden sich wie die Wahnsinnigen darauf stürzen.«
    »Was ist mit Professor Ebisuno?«
    »Ich kann ihn neuerdings nicht mehr erreichen. Keine Telefonverbindung. Vielleicht ist ihm etwas zugestoßen. Oder er führt heimlich etwas im Schilde.«
    »Übrigens, Herr Komatsu, noch etwas anderes. Haben Sie jemandem erzählt, dass ich gerade an einem Roman schreibe?«
    »Nein, niemandem«, sagte Komatsu sofort. »Wem sollte ich das schon erzählen?«
    »Dann ist es ja gut. War nur eine Frage.«
    Komatsu schwieg einen Moment. »Tengo, vielleicht ist es zu spät, dir das jetzt zu sagen, aber ich fürchte, wir sind in einen Riesenschlamassel geraten.«
    »Wo auch immer wir hineingeraten sind, eins ist sicher – wir können nicht mehr zurück.«
    »Und wo es kein Zurück gibt, bleibt nur die Flucht nach vorn. Selbst wenn das Widerliche , von dem du sprichst, uns entgegenkommt.«
    »Wir sollten die Sicherheitsgurte anlegen«, sagte Tengo.
    »Du sagst es«, erwiderte Komatsu und hängte auf.
    Es war ein langer Tag gewesen. Tengo setzte sich an den Tisch und trank seinen mittlerweile kalten Tee. Er dachte an Fukaeri. Was machte sie den ganzen Tag, allein in ihrem Versteck? Allerdings konnte man sowieso nie wissen, was Fukaeri machte.
    Vielleicht würden die Little People dem Professor und ihm selbst mit ihrer Weisheit und ihrer Macht schaden, hatte Fukaeri auf der Kassette gesagt. IM WALD MUSS MAN AUF DER HUT SEIN . Unwillkürlich blickte Tengo sich um. Ja, der Wald, das war ihre Welt .

KAPITEL 3
    Aomame
    Seine Geburt kann man sich nicht aussuchen,
    seinen Tod schon
    Als an diesem Abend Ende Juli die dicke Wolkenschicht endlich den Himmel freigab, waren die beiden Monde deutlich zu sehen. Aomame betrachtete sie von ihrem kleinen Balkon aus. Am liebsten hätte sie sofort jemanden angerufen und

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