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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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genau die richtige Gelegenheit?«
    Tengo runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie, dass ich an einem Roman schreibe?«
    Ushikawa bleckte wieder die Zähne und lachte. Bei genauerem Hinsehen war jedoch zu erkennen, dass seine Augen nicht mitlachten. In ihnen glomm ein kaltes Licht.
    »Unsere Kundschafter sind fleißig und tüchtig. Sie wählen mehrere Kandidaten und durchleuchten sie von allen möglichen Seiten. Dass Sie gerade an einem Roman schreiben, wissen sicher mehrere Menschen in Ihrem Umfeld. Irgendetwas sickert immer durch.«
    Komatsu wusste, dass Tengo an einem Roman schrieb. Seine Freundin wusste es. Gab es sonst noch jemanden? Wahrscheinlich nicht.
    »Ich hätte einige Fragen zu Ihrer Stiftung«, sagte Tengo.
    »Nur zu. Fragen Sie, was Sie möchten.«
    »Woher stammt das für die Förderung bereitgestellte Kapital?«
    »Eine gewisse Persönlichkeit stellt es zur Verfügung. Man könnte auch sagen, eine Körperschaft, die sich im Besitz dieser Person befindet. Konkret ist damit eigentlich alles gesagt. Abgesehen von der Steuerersparnis, die natürlich eine Rolle spielt, hat die betreffende Person auch ein profundes Interesse an Wissenschaft und Kunst, verbunden mit dem innigen Wunsch, die junge Generation zu fördern. Genaueres kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht sagen. Die bewusste Person möchte ihre eigene sowie die Anonymität der Körperschaft gewahrt sehen. Die Verwaltung ist Aufgabe des Stiftungskomitees, in dem ich selbstverständlich ebenfalls Mitglied bin.«
    Tengo überlegte einen Moment. Aber viel nachzudenken gab es da nicht. Er brauchte nur das, was Ushikawa gesagt hatte, aneinanderzureihen.
    »Darf ich rauchen?«, fragte Ushikawa.
    »Bitte«, sagte Tengo und schob ihm einen schweren Glasaschenbecher zu.
    Ushikawa zog ein Päckchen Seven Stars aus seiner Jackentasche, steckte sich eine in den Mund und zündete sie mit einem schlanken goldenen Feuerzeug an. Es sah wertvoll aus.
    »Nun, Herr Kawana?«, sagte Ushikawa. »Werden Sie unsere Unterstützung annehmen? Ehrlich gesagt hätte ich persönlich, nachdem ich Zeuge Ihres unterhaltsamen Unterrichts sein durfte, großes Interesse daran, Ihre künftige literarische Laufbahn zu verfolgen.«
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihr Angebot«, sagte Tengo. »Eine unverdiente Ehre. Leider kann ich es nicht annehmen.«
    Ushikawa musterte Tengo mit zusammengekniffenen Augen. Von der Zigarette, die er zwischen den Fingern hielt, stieg Rauch auf. »Und wieso nicht?«
    »Erstens möchte ich von niemandem, den ich nicht sehr gut kenne, Geld annehmen. Zweitens brauche ich im Augenblick auch gar keins. Mit meinen drei Tagen Unterricht in der Woche habe ich genug Zeit, mich auf das Schreiben zu konzentrieren. Ich komme eigentlich sehr gut zurecht und würde meinen Lebensstil nur ungern ändern. Das sind zwei meiner Gründe.«
    Und drittens, Herr Ushikawa, habe ich nicht die geringste Lust, persönlich mit Ihnen zu tun zu haben. Und viertens stinkt diese ganze Stipendiumssache zum Himmel. Zu schön, um wahr zu sein. Da steckt doch irgendwas dahinter. Ich mag ja etwas weltfremd sein, aber Betrug kann ich trotzdem wittern. Diese Gedanken behielt Tengo natürlich für sich.
    »Aha«, sagte Ushikawa. Er sog den Rauch tief in seine Lunge ein und stieß ihn mit sichtlichem Genuss wieder aus. »Ich kann Sie sehr gut verstehen, Herr Kawana. Was Sie sagen, ist durchaus vernünftig. Aber sehen Sie, wir brauchen ja nichts übers Knie zu brechen. Wie wäre es, wenn Sie erst mal nach Hause gingen und sich die Sache zwei, drei Tage gründlich durch den Kopf gehen ließen? Dann können Sie in aller Ruhe Ihre Entscheidung treffen. Wir haben es nicht eilig. Lassen Sie sich Zeit, denken Sie ruhig nach. Es ist nicht zu Ihrem Nachteil.«
    Tengo schüttelte brüsk den Kopf. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, mir Bedenkzeit zu gewähren, aber es ist mir lieber, hier und jetzt eine klare Entscheidung zu treffen. So vermeiden wir es, gegenseitig unsere Zeit zu vergeuden. Dass Sie mich als Kandidat für Ihr Förderprogramm ausgewählt haben, ist mir wirklich eine Ehre. Und es tut mir leid, dass Sie sich umsonst herbemüht haben. Aber bitte lassen Sie es jetzt gut sein. Mein Entschluss ist endgültig, ich werde es mir auf keinen Fall anders überlegen.«
    Ushikawa nickte mehrmals sichtlich enttäuscht und drückte die Zigarette, an der er nur zweimal gezogen hatte, im Aschenbecher aus.
    »In Ordnung. Ich verstehe Ihre Haltung und respektiere Ihre Entscheidung. Ich habe Ihre Zeit über

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