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1Q84: Buch 1&2

Titel: 1Q84: Buch 1&2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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schwachen grünlichen Schein des Elektroweckers und im Licht der immer wieder aufleuchtenden Blitze konnte Tengo ihr Ohr sehen. Es sah aus wie eine weiche, geheimnisvolle Höhle. Wäre die junge Frau seine Geliebte, würde er unablässig ihre Ohren küssen. Wenn sie miteinander schlafen würden und er in ihr wäre, würde er sie mit den Lippen fassen, hineinbeißen, sie lecken, hineinpusten und ihren Duft einsaugen. Nicht, dass er das jetzt gern getan hätte . Es handelte sich im Grunde nur um eine situationsgebundene Vorstellung, die auf der rein hypothetischen Annahme basierte, dass er dies wahrscheinlich tun würde, wenn sie seine Geliebte wäre . Nichts, wofür man sich aus moralischen Gründen schämen musste – wahrscheinlich.
    Doch moralisch fragwürdig oder nicht, er hätte lieber nicht an solche Dinge denken sollen. Tengos Penis schien aus seinem friedlichen Schlummer erwacht zu sein und pochte gegen seinen Bauch. Er streckte sich, hob langsam den Kopf und gewann zusehends an Härte. Und bald erreichte er eine vollendete Erektion, die sich unaufhaltsam straffte wie die Kanvassegel einer Yacht, die sich in einer günstigen Nordwestbrise blähen. Demzufolge drückte sich sein versteifter Penis nun, ob es Tengo passte oder nicht, gegen Fukaeris Hüfte. Innerlich stieß er einen tiefen Seufzer aus. Seit dem Verschwinden seiner Freundin war über ein Monat vergangen, und er hatte seither keinen Sex gehabt. Vielleicht lag es daran. Er musste sofort wieder mit dem Multiplizieren dreistelliger Zahlen beginnen.
    »Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte Fukaeri. »Das ist ganz normal.«
    »Danke«, sagte Tengo. »Aber vielleicht sehen es die Little People.«
    »Sie schauen nur, tun können sie nichts.«
    »Da bin ich froh«, sagte Tengo erleichtert. »Aber irgendwie stört mich die Vorstellung, gesehen zu werden.«
    Wieder spaltete ein Donnerschlag die Luft, bei dem fast der alte Vorhang zerriss, und ließ die Fensterscheiben heftig vibrieren. Es schien, als wollten sie wirklich das Glas zerbrechen. Und vielleicht würde es schließlich auch brechen. Es waren aluminiumgerahmte, ziemlich stabile Fenster, aber wenn die extremen Erschütterungen andauerten, würden sie vielleicht nicht standhalten. Unentwegt schlugen riesige Tropfen unter lautem Geprassel gegen die Scheiben, als würde jemand mit Schrot auf Hirsche schießen.
    »Das Gewitter scheint überhaupt nicht weiterzuziehen«, sagte Tengo. »Normalerweise hält ein Unwetter wie dieses nicht so lange an.«
    Fukaeri schaute zur Decke. »Es bleibt eine Weile.«
    »Wie lange ist eine Weile?«
    Fukaeri gab keine Antwort. Und Tengo mit seinen unbeantworteten Fragen und seiner sinnlosen Erektion hielt sie weiter verlegen im Arm.
    »Wir gehen noch einmal in die Stadt der Katzen«, sagte Fukaeri. »Deshalb müssen wir einschlafen.«
    »Aber wie soll ich denn jetzt einschlafen? Bei diesem Donner, und außerdem ist es erst neun Uhr«, sagte Tengo verzagt.
    Er reihte im Kopf mathematische Formeln aneinander. Formeln für lange, komplizierte Aufgaben, deren Lösung er bereits kannte. Die Herausforderung bestand darin, auf schnellstem und kürzestem Weg dorthin zu gelangen. Tengo ließ sein Gehirn auf Hochtouren arbeiten, die reinste Schinderei. Dennoch ließ seine Erektion nicht nach. Im Gegenteil, ihm war sogar, als würde sein Penis immer härter.
    »Doch, Sie können schlafen«, sagte Fukaeri.
    Sie hatte recht. Ungeachtet des unablässig strömenden Regens, der Donnerschläge, die das Gebäude erzittern ließen, trotz seiner inneren Aufregung und unkontrollierbaren Erektion war Tengo unversehens eingeschlafen. Er hätte es nicht für möglich gehalten, aber …
    Alles ist in Aufruhr, dachte er vor dem Einschlafen. Er musste den schnellsten Lösungsweg finden. Die Zeit war begrenzt. Und der Platz auf dem Aufgabenblatt war auch ziemlich knapp bemessen. Tschk, tschk, tschk, zerhackte die Uhr gewissenhaft die Zeit.
    Plötzlich war er nackt. Und auch Fukaeri war nackt. Splitternackt. Ohne einen Fetzen Stoff am Leib. Ihre Brüste glichen wunderbar vollkommenen Halbkugeln. Makellosen Halbkugeln. Ihre Brustwarzen waren nicht sehr groß und noch weich, auf dem Weg zu künftiger Reife. Doch die Brüste selbst waren groß und bereits voll entwickelt. Und aus irgendeinem Grund schienen sie nicht unter dem Einfluss der Schwerkraft zu stehen. Beide Brustwarzen zeigten hübsch nach oben. Wie frische Knospen einer Rankenpflanze, die sich der Sonne entgegenrecken. Als Nächstes bemerkte

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