1Q84: Buch 3
Verstehen Sie, was das bedeutet?«
»Nein«, sagte Komatsu trocken.
»Das ist gut. Auch für mich ist es unmöglich, Ihnen das konkreter zu erklären. Außerdem ist es für Sie besser, es nicht zu wissen. Die Stimmen sind verstummt. Das ist alles, was ich Ihnen im Augenblick sagen kann.« Der Kahle machte eine kurze Pause. »Und dieser unglückselige Zustand ist durch die Veröffentlichung von Die Puppe aus Luft entstanden.«
»Haben Eriko Fukada und Professor Ebisuno damit gerechnet, dass die Veröffentlichung diesen ›unglückseligen Zustand‹, wie Sie es nennen, hervorruft?«, fragte Komatsu.
Der Kahlkopf schüttelte den Kopf. »Nein, das hat Herr Ebisuno wohl nicht gewusst. Was Eriko Fukada geplant hat, ist unklar. Aber wir nehmen an, dass es sich nicht um einen vorsätzlichen Akt gehandelt hat. Und selbst wenn, war es sicher nicht ihr Plan.«
»Aber die Leser sehen Die Puppe aus Luft nur als Fantasy-Roman«, sagte Komatsu. »Als harmlose phantastische Geschichte, geschrieben von einer Oberschülerin. De facto haben nicht wenige Leser das Buch als zu unrealistisch kritisiert. Niemand würde von sich aus auf die Idee kommen, dass darin ein großes Geheimnis oder konkrete Informationen preisgegeben werden.«
»Sie sagen es«, sagte der Kahle. »Die meisten Menschen merken überhaupt nichts davon. Aber das ist nicht das Problem. Dieses Geheimnis ist etwas, das in keiner Form öffentlich gemacht werden darf.«
Der Pferdeschwanz stand noch immer wie angewurzelt an der Tür, starrte die Wand an und sah etwas, das wohl kein anderer sehen konnte.
»Was sie wollen, ist, dass die Stimmen zurückkehren«, sagte der Kahle mit Nachdruck. »Die Quelle ist nicht versiegt. Nur tief verborgen an einem unsichtbaren Ort. Sie wiederzubeleben ist äußerst schwierig, aber nicht unmöglich.«
Der Kahlkopf blickte Komatsu forschend in die Augen. Er schien etwas abzuschätzen. Wie ein Mensch, der per Augenmaß zu bestimmen versucht, ob ein Möbelstück in einem Zimmer Platz findet.
»Ihr habt euch, wie gesagt, in ein Minenfeld verirrt und könnt weder vor noch zurück. Aber sie können euch zeigen, wie ihr unbeschadet wieder herauskommt. So könnt ihr mit knapper Not entkommen, und sie werden die lästigen Eindringlinge auf sanfte Art los.«
Der Kahle schlug die Beine übereinander.
»Wir bitten Sie, sich ohne Aufhebens zurückzuziehen. Denen ist es völlig egal, ob Sie hier in einem Stück herauskommen. Aber wenn jetzt ein großer Aufruhr entsteht, wird alles viel komplizierter. Deshalb, Herr Komatsu, weisen wir Ihnen einen Ausweg. Führen Sie an einen sicheren Ort. Als Gegenleistung verlangen wir nur, dass Sie die Herausgabe von Die Puppe aus Luft einstellen. Es erscheinen keine weiteren Auflagen und keine Taschenbuchausgaben. Sie machen natürlich auch keine Werbung mehr. Und Sie brechen ab sofort jede Verbindung zu Eriko Fukada ab. Wie sieht es aus? So viel Einfluss haben Sie doch, oder?«
»Ganz so einfach ist das nicht, aber vielleicht schaffe ich es«, sagte Komatsu.
»Lieber Herr Komatsu, es ist nicht so, dass wir Sie eigens hierher bemüht haben, um auf der Ebene von vielleicht zu diskutieren.« Die Augen des Kahlen wurden röter und sein Blick bohrender. »Sie sollen ja nicht alle Bücher, die im Umlauf sind, zurückholen. Eine solche Aktion würde bloß wieder die Massenmedien auf den Plan rufen. Außerdem wissen wir, dass das nicht in Ihrer Macht liegt. Wir möchten, dass die Sache möglichst diskret über die Bühne geht. Was geschehen ist, ist geschehen. Entstandener Schaden lässt sich nicht rückgängig machen. Was sie möchten, ist, dass das Buch aus dem Blickpunkt des öffentlichen Interesses verschwindet. Verstehen Sie?«
Komatsu nickte.
»Wie ich bereits sagte, würden sich einige Fakten, falls sie bekannt würden, auch für Ihre Seite nachteilig auswirken. Die Beteiligten wären gesellschaftlich ruiniert. Deshalb möchten wir zu unserem beiderseitigen Vorteil einen Waffenstillstand schließen. Sie werden euch nicht weiter zur Rechenschaft ziehen und garantieren Ihre Sicherheit. Und Sie lassen die Finger von dem Roman Die Puppe aus Luft . Das ist doch kein schlechter Handel.«
Komatsu überlegte. »Also gut. Ich werde dafür sorgen, dass sämtliche Auflagen von Die Puppe aus Luft eingestellt werden. Das kann ein bisschen dauern, aber ich werde Mittel und Wege finden. Ich persönlich habe kein Problem damit, die Sache völlig zu vergessen. Tengo Kawana geht es sicher nicht anders. Er hatte von
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