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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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populär gewesen war. »Schau hinauf zu den Sternen, zu den kleinen Sternen« lautete die Anfangszeile. Wie das Lied weiterging, wusste er nicht. Und wollte es auch nicht wissen. Empfindsamkeit und Gerechtigkeitssinn gehörten von Natur aus zu Ushikawas Schwachpunkten. Ob Tengo aus romantischer Empfindsamkeit von der Rutschbahn zu den Sternen hinaufsah?
    Ushikawa sah nun auch nach oben. Aber es waren keine Sterne zu sehen. Koenji im Tokioter Bezirk Suginami war nicht gerade geeignet, um den Nachthimmel zu beobachten. Die Neonreklamen und die Straßenbeleuchtung tauchten ihn in ein sonderbar gefärbtes Licht, und nur wenn man scharf hinsah, konnte man hier und dort ein paar Sterne erkennen. Aber dazu brauchte man gute Augen. Außerdem war es an diesem Abend ziemlich wolkig. Trotzdem kauerte Tengo reglos auf der Rutschbahn und starrte in eine bestimmte Ecke des Himmels.
    Der Mann ist wirklich eine Plage, dachte Ushikawa. Ist es denn nötig, an einem stürmischen Winterabend auf einer Rutschbahn zu sitzen und grüblerisch in den Himmel zu schauen? Andererseits kam es ihm nicht zu, Tengo zu kritisieren. Schließlich beschattete er ihn freiwillig und aus eigenem Antrieb. Demzufolge trug Tengo nicht die leiseste Verantwortung für die Unannehmlichkeiten, die Ushikawa auf sich nahm. Als freier Bürger besaß Tengo das Recht, im Frühling, im Sommer, im Herbst und auch im Winter von jedem beliebigen Ort aus den Himmel zu betrachten.
    Aber kalt ist es trotzdem, dachte Ushikawa. Er musste auch schon seit einiger Zeit auf die Toilette, aber da war nichts zu machen, er musste durchhalten. Die öffentliche Toilette war geschlossen, und auch wenn niemand vorbeikam, konnte er schlecht an das Telefonhäuschen urinieren. Jetzt reicht’s aber. Komm schon, Junge, lass uns hier abhauen, dachte Ushikawa, während er von einem Fuß auf den anderen trat. Dir muss doch kalt sein, ob du nun grübelst, schmachtest oder die Himmelskörper erforschst. Zeit, nach Hause zu gehen und dich aufzuwärmen. Dort wartet zwar keiner auf uns, aber besser als hier ist es allemal.
    Aber Tengo machte keine Anstalten, sich zu erheben. Nachdem er endlich seine Beobachtungen am Himmel eingestellt hatte, wandte er seinen Blick einem Apartmenthaus auf der anderen Seite der Straße zu. Nur etwa die Hälfte der Fenster des neuen fünfstöckigen Gebäudes war erleuchtet. Tengo musterte es eingehend, woraufhin Ushikawa es ebenso genau in Augenschein nahm, aber nichts entdeckte, das seine besondere Aufmerksamkeit erregt hätte. Es war ein ganz normales Apartmenthaus, wie es viele gab, es machte einen etwas gehobenen Eindruck, ohne luxuriös zu wirken. Der Stil war elegant, die Kachelverkleidung gediegen. Außerdem war der Eingang hervorragend beleuchtet. Es war ein himmelweiter Unterschied zu der billigen Bruchbude, in der Tengo hauste.
    Ob Tengo sich wünschte, in so einem Haus zu wohnen? Nein, wahrscheinlich nicht. Wie Ushikawa ihn einschätzte, war Tengo kein Typ, der sich etwas daraus machte, wo er wohnte. Genauso wenig, wie er etwas auf seine Kleidung gab. Bestimmt wohnte er gern in seinem billigen Mietshaus. Ihm reichte es, ein Dach über dem Kopf zu haben und nicht frieren zu müssen. Dass er so nachdenklich auf der Rutschbahn saß, musste an etwas anderem liegen.
    Nachdem er eine Weile die Fenster des Apartmenthauses betrachtet hatte, schaute Tengo erneut zum Himmel. Ushikawa tat es ihm nach. Wo er stand, versperrten ihm Keyaki-Baum, Stromleitungen und Gebäude den Blick, sodass er nur ungefähr die Hälfte des Himmels überblicken konnte und auch nicht genau erkannte, auf welchen Abschnitt Tengo sich konzentrierte. Unzählige Wolken zogen in siegesgewissen Heerscharen über den Himmel.
    Wenig später erhob sich Tengo und stieg ernst und still von der Rutschbahn wie ein Pilot nach einem anstrengenden nächtlichen Alleinflug von seiner Kanzel. Er ging unter dem Licht der Quecksilberlaterne hindurch und verließ den Park. Ushikawa setzte zu seiner Verfolgung an, entschied sich dann aber dagegen. Tengo würde nun sehr wahrscheinlich den Heimweg antreten. Außerdem musste Ushikawa unbedingt pinkeln. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass von Tengo nichts mehr zu sehen war, betrat er den Park, stellte sich ins Gebüsch hinter dem Toilettenhäuschen und erleichterte sich. Das Fassungsvermögen seiner Blase war schon fast überschritten.
    Es dauerte ungefähr so lange, wie ein langer Güterzug zum Überqueren einer Eisenbahnbrücke braucht, bis Ushikawa mit

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