2 Die Rinucci Brüder: Mein zärtlicher Verrführer
Eine solche Klausel ist mir nicht aufgefallen, obwohl ich die Vereinbarung gut durchgelesen habe.“
„Dieser Passus ist erst kürzlich hinzugefügt worden“, improvisierte er. „Dadurch haben wir mehr Zeit, die Frage der Nachfolge zu regeln. So, nachdem alles geklärt ist, lasse ich dich allein“, fügte er hinzu. „Sei bitte morgen sehr früh im Büro, weil es noch viel vorzubereiten gibt. Hast du einen gültigen Ausweis?“
„Natürlich.“
„Ruf bitte diesen Conférencier an, und sag ihm, dass wir in zwei Tagen reisen. Die Einzelheiten besprechen wir morgen. Gute Nacht.“ Dann drehte er sich um und ging zur Tür, die hinter ihm ins Schloss fiel.
Verwirrt blickte Olympia hinter ihm her. Dieser Mann raubte ihr die Ruhe, deshalb musste sie die Sache unbedingt beenden. Doch er hatte die Kontrolle über die Situation an sich gerissen, und jetzt fand die Reise nach Neapel zu seinen Bedingungen statt. Plötzlich kam ihr die Zukunft so
vielversprechend vor wie noch nie zuvor.
„Du bist doch gerade erst gekommen. Wie kann es sein, dass du schon wieder zurückfliegst?“, fragte Olympia am nächsten Morgen im Büro.
„Ich führe nur Befehle von oben aus“, antwortete Primo mit Unschuldsmiene. „Als Rädchen im Getriebe muss ich tun, was man von mir verlangt.“
„Warum überzeugt mich das nicht?“
„Vielleicht weil du keine gute Menschenkenntnis hast?“, mutmaßte er.
Danach sahen sie sich vor der Abreise kaum noch, denn es gab zu viel zu tun. Olympia musste sogar mit dem Taxi zum Flughafen fahren, da er offenbar gar nicht daran dachte, sie abzuholen.
Sie war jedoch froh über die Atempause und nutzte sie, um etwas Ordnung in das Chaos ihrer Gedanken zu bringen. Jack Cayman ist zweifellos attraktiv, aber darauf kommt es letztlich nicht an, sagte sie sich. Weshalb sollte sie es nicht genießen, mit ihm zu flirten? Dadurch ließ sie sich bestimmt nicht von ihrem Ziel abbringen.
Doch immer wieder erinnerte sie sich daran, wie sehr es ihr gefallen hatte, von ihm umarmt und geküsst zu werden. Er hatte sie mit verhaltener Leidenschaft geküsst, und sie hatte geglaubt, so etwas wie Verzweiflung in seinen Zärtlichkeiten zu spüren. Jedenfalls verstand er es, sie zu erregen und noch viel mehr Gefühle in ihr zu wecken.
Außerdem kannte er sie viel zu gut. Und das war gefährlich. Sie musste die Sache beenden, sonst wäre es um ihren Seelenfrieden geschehen. Andererseits war sie froh und glücklich darüber, dass er sie begleitete.
Als er sie am Flughafen begrüßte, merkte sie sogleich, wie angespannt er war.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie.
„Natürlich. Ich fliege nicht gern, das ist alles“, behauptete er, obwohl er in Wahrheit gern und oft flog. Ihn beunruhigte ganz einfach, dass er soeben schon wieder seine Identität verschleiert hatte. Das war das allerletzte Mal, wie er sich immer wieder versicherte.
Als ihm bewusst geworden war, dass sein Ticket auf den Namen Jack Cayman ausgestellt war, hatte er den Boten, der es überbrachte, am Tag zuvor im Büro abgefangen und es sich aushändigen lassen. Dann hatte er sich ein Ticket auf seinen richtigen Namen bestellt und war heute früher zum Flughafen gefahren, um es abzuholen.
Sobald wir in Neapel sind, werde ich ihr alles bei einem Glas Wein gestehen, nahm er sich vor. Olympia würde ihm die Trickserei verzeihen, und sie würden zusammen darüber lachen. Zumindest hoffte er es.
Und danach würde er nie wieder lügen. Es war eine zu große Belastung, das hielten seine Nerven nicht aus.
7. KAPITEL
„Da drüben ist der Vesuv“, erklärte Primo, als der Vulkan in der Ferne zu erkennen war. „Den hast du doch schon gesucht, oder?“
„Ja. Wie unberechenbar und großartig er aussieht!“, rief Olympia begeistert aus.
Schließlich erblickten sie die Lichter von Neapel unter sich, und wenige Minuten später waren sie sicher gelandet. Mit einem Taxi fuhren sie zum Hotel Vallini, dem größten und teuersten Hotel der ganzen Stadt. Beim Betreten des Foyers fühlte Olympia sich in eine andere Welt versetzt. Purer Luxus umgab sie, und uniformierte Hotelmitarbeiter führten sie in die Suite.
Das riesige Doppelbett wirkte sehr bequem, die Fliesen im Badezimmer waren aus Marmor und vom Balkon des Wohnzimmers aus hatte man einen herrlichen Blick über Neapel und die Bucht. „Ich lasse dich jetzt allein und fahre zu meiner Wohnung. In zwei Stunden bin ich wieder hier“, versprach Primo ihr.
Als er weg war, nahm sie ein heißes Bad, in das
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