2 Heaven
vielleicht nicht mit seiner Erblindung umgehen können? „Vermisst du die anderen Leute aus der Band?"
Crispins Gesichtsausdruck wurde noch einen Tick düsterer. „Keine Analyse, okay?"
„Entschuldige bitte", murmelte Charly. Sie ärgerte sich, dass sie nicht an ihn herankam.
„Magst du noch etwas trinken?", fragte sie mit einem Seitenblick auf sein bereits geleertes Champagnerglas.
„Ja, wenn du noch einmal das Gleiche besorgen könntest ..."
Charly stand auf und holte für Cris einen weiteren Champagner, für sich selbst einen exotischen Cocktail mit vielen Früchten. Vielleicht, so dachte sie, würde er gesprächiger, wenn er etwas Alkohol trank.
Cris nahm sein Glas mit einem schmalen Lächeln entgegen, dabei rutschte der Ärmel seines Hemdes ein wenig nach oben und entblößte die unübersehbaren Narben an seinem Handgelenk.
Charly erschrak. Sie sah die breiten Narben zum ersten Mal. Hatte er versucht, sich so umzubringen? Oder waren sie bei seinem Unfall entstanden?
Ohne weiter darüber nachzudenken, berührte sie das blasse, glatte Narbengewebe.
Cris zuckte leicht zusammen.
„Das war ein Versuch", erklärte er, „oder besser: einen Versuch wert. Es hat aber nicht geklappt - Dee hat mich gefunden."
Charly wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Cris hatte damals versucht, sich das Leben zu nehmen; das hatte Dämon ihr bereits verraten. Aber die Narben dieses Versuchs zu sehen, erschütterte sie zutiefst. Sie hatte noch niemanden kennen gelernt, der das jemals versucht hatte. Und wie schrecklich musste es für Dämon gewesen sein, seinen Bruder mit aufgeschnittenen Pulsadern zu finden.
Cris spürte ihre Verunsicherung; doch er hatte kein Interesse daran, sich zu erklären. Seine Selbstmordversuche gingen nur ihn etwas an. Er musste sich nicht rechtfertigen. Eine bedrückende Stille entstand zwischen ihnen. Doch glücklicherweise rauschte in diesem Augenblick Anne vorbei. Dich schickt der Himmel, dachte Charly und erwischte sie am Arm.
„Anne? - Darf ich dir Crispin Heaven vorstellen?"
Anne stoppte abrupt. Sie sah erst Charlotte und dann Crispin an. Schnell ergriff sie Crispins Hand und drückte sie fest.
„Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen. Ich habe schon soviel von Ihnen gehört."
Crispin war völlig überrumpelt. Er erwiderte Annes herzhaften Händedruck und zwang sich zu einem Lächeln.
„Crispin - meine Freundin Anne Carter."
„Aha", machte Crispin nicht besonders intelligent.
„Ich würde mich so gern mit euch beiden Hübschen unterhalten", sagte Anne indes, „doch ich werde erwartet." Sie lachte ein wenig verlegen. „Ich bin soeben meinem Traummann begegnet."
Crispin hatte sich wieder gefangen. „Und wer ist das - wenn ich so indiskret fragen darf?"
„John ... John Kurowski." Sie beugte sich vertraut zu ihm herunter. Crispin roch ihr süßes Parfüm. Nicht unangenehm, nur eine Nuance zu lieblich.
„Gibt es vielleicht irgendein Geheimnis, das ich über ihn wissen müsste?"
Crispin verkniff sich ein breites Grinsen. John Kurowski war ein alter Bekannter Dämons. Dass er Annes Traummann sein sollte, wagte er doch zu bezweifeln. John war sprunghaft und hatte jede Woche eine andere Frau. Aber er wollte ihr auch nicht den Spaß verderben. Oder ihm?
„Nein, soweit ich weiß, hat John keine dunklen Geheimnisse." Was auch gewissermaßen stimmte - jeder wusste von seinen Affären, die man eher als One-Night-Stands bezeichnen konnte.
„Da bin ich ja beruhigt - zumindest vorerst." Wieder lachte Anne und verabschiedete sich.
„Sie hat also schon viel von mir gehört wandte sich Cris an Charly.
Die errötete leicht. „Nun, ja. Ich habe ihr von euch erzählt … ein bisschen."
„Ich hoffe, nur Positives?!"
„Ja ... ja, natürlich." Charly grinste ein wenig ironisch. „Was könnte ich schon sonst erzählen?"
Crispin enthielt sich einer Antwort. Es gab schon eine Menge Dinge, die Charly erzählen konnte ... Und er war sich sicher, dass sie Anne zumindest ihr Bettabenteuer mit Dämon berichtet hatte.
Erschöpft ließ Dämon sich auf das Sofa fallen und legte die Füße auf den Tisch. Er war müde und zufrieden. Es gab kaum etwas Besseres als eine gelungene Party. Aber auch die musste irgendwann einmal zu Ende sein - zumindest nach seinem Dafürhalten als Gastgeber. Cris hatte sich schon vor gut einer Stunde zurückgezogen.
Einige der Gästezimme waren belegt; auch Charly übernachtete bei ihnen. Er überlegte, ob er sie nicht noch besuchen sollte. Sie
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