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2:0 für Oma

2:0 für Oma

Titel: 2:0 für Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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Ihre Alte haben Sie auch mitgebracht, Doktor?“ fragte der Hexer unverschämt. „Was will die denn hier?“
    Die noch jugendliche Frau Doktor lachte. „Sie alter Dickkopf Sie, was Sie alles so daherreden! Sie haben wohl wieder mal ein bißchen zu tief in die Flasche geguckt?!“
    Der Hexer antwortete nicht, sondern stöhnte nur, als der Arzt jetzt vorsichtig den Kopf abtastete. „Also zum Röntgen muß ich Sie auf jeden Fall mitnehmen in meine Praxis.“
    Die Frau des Doktors holte zusammen mit Mario eine Trage aus dem Krankenwagen. Sie legten den Mann behutsam darauf.
    „Sollen wir Ihr Haus abschließen?“
    Der Hexer winkte ab und sagte stolz: „Zu mir traut sich keiner rein, die haben alle Angst vor mir.“

    Der Doktor setzte Mario und Maria bei Volpones Baracke ab. Als er den Kopf des Hexers in seiner Praxis geröntgt hatte, stellte er fest, daß der Schädelknochen nicht verletzt war.
    „Sie haben Glück gehabt, Sieversen, aber vierzehn Tage müssen sie fest liegen und nur Suppe essen!“
    „Gut, gut, nur nicht ins Krankenhaus“, jammerte der Mann.
    Die Frau des Doktors meinte: „Hab ich ja gesagt - eisenharter Dickschädel!“
    Der Arzt besprach sich mit ihr: „Es wäre schon besser, wenn wir ihn nicht in die Klinik bringen müßten. Das letzte Mal, als er seiner Hüfte wegen dort war, hat er durchgedreht, die Ärzte beschimpft und das Fieberthermometer nach der Schwester geworfen. Die wollen ihn dort sicher nicht gern wiederhaben. Zu Hause bleibt er am ruhigsten liegen.“
    „Da kann er sich mit Schnaps beruhigen!“ sagte die Doktorsfrau spitz. Sie seufzte. „Na ja, ich will versuchen, jemanden zu finden, der ihn pflegt.“ Sie machte sich auf den Weg ins Dorf, kam aber nach einiger Zeit wieder zurück mit der Nachricht: „Niemand will zu ihm. Die Leute können ihn nicht leiden. Sie ärgern sich über ihn, weil er immer hinter ihnen herschimpft und üble Ausdrücke gebraucht, und sie sagen, daß er Schnaps trinkt, was ja auch stimmt, und manche glauben sogar, daß er hexen kann. Du mußt ihn wohl doch ins Krankenhaus tun!“
    Als sie es dem Hexer sagten, der mit dem Kopfverband auf einem Liegestuhl im Garten wartete, schnaufte der: „Schweinebande die! Hab ich mir gleich gedacht. Aber ins Krankenhaus geh ich nicht. Fragen Sie doch mal die fremden Gören!“
    „Unsinn, die müssen vormittags in die Schule gehen. Außerdem sind wir nicht verpflichtet, für Sie eine Pflegerin zu suchen“, meinte die Doktorsfrau ärgerlich. „Los, los, steigen Sie ins Auto ein, wir werden Sie ins Krankenhaus bringen!“ Aber da sie auf dem Wege in die Klinik sowieso an den Baracken der Italiener vorbeikamen, hielt der gutmütige Doktor an und klopfte an Volpones Tür. Die Familie saß beim Abendessen, und nach einigem Hin und Her erklärte sie sich bereit, die Pflege des Hexers zu übernehmen. Julia, die in der Spinnstoffabrik arbeitete und jeden Morgen an dem Häuschen des Hexers vorbeiradelte, würde etwas früher aufstehen und ihm Frühstück geben und das Bett machen. Später würde die Nonna nach ihm sehen und ihm das Essen kochen. Am Nachmittag konnten sich die Kinder um ihn kümmern.
    Die Pieselang-Kinder mußten nun allein an ihrem Baumhaus bauen, denn die Volpone-Kinder hatten keine Zeit für sie; aber wie sich herausstellte, machte es den Pieselang-Kindern ohne die Volpone-Kinder gar keinen Spaß. Außerdem waren sie neugierig, wie das Hexerhaus von innen aussah. Als erster ging Peter mit den Italienern zum Hexer, und was er erzählte, war so erstaunlich, daß Brigitte und Rolf am nächsten Tag ebenfalls hingingen. Nur Jan blieb noch fern. Es kränkte seinen Stolz, daß er Maria und Mario hatte allein zu dem kranken Mann zurückgehen lassen. Er hatte vor dem Hexer Angst, wie er sich heimlich eingestehen mußte, und ausgerechnet Maria, das Mädchen, war von ihnen allen die mutigste gewesen. Als die Geschwister nach Hause kamen, tat er, als wenn er seine Briefmarkensammlung sortierte und sich überhaupt nicht für ihre Gespräche interessierte, aber er hörte doch gespannt zu, als die Kinder Oma von ihren Erlebnissen erzählten.
    Das Häuschen mußte innen sehr seltsam sein mit Löwen- und Zebrafellen an den Wänden und auf dem Fußboden, mit schwarzen, geschnitzten Negergöttern mit dicken Bäuchen und wulstigen Lippen, einem großen Flaschenkürbis, aus dem der Hexer seine Milch trank, einem langen Speer und einem Dolch in roter Lederscheide, die über dem Bett hingen, in dem der Hexer lag und

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