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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gefangen sind, denn ich habe geschlafen, als ich wachen sollte. Ich würde gern mit zehn Löwen kämpfen, wenn ich diesen Fehler dadurch gutmachen und dein Vertrauen wiedergewinnen könnte!“
    „Nimm es dir nicht allzusehr zu Herzen, lieber Kara“, tröstete ich ihn. „Du warst zu sehr ermüdet. Mein Vertrauen hast du noch, und was unsere Gefangenschaft betrifft, so denke ich, daß sie ein baldiges Ende haben wird. Wenn meine Vermutung, daß wir mit den Löwen kämpfen sollen, sich bewahrheitet, so werde ich darauf eingehen, wenn man uns nicht bloß das Leben, sondern auch die Freiheit dafür verspricht. Ich werde das weniger aus Angst vor den Scherarat als vielmehr aus Jagdlust tun, denn beides, die Freiheit sowohl als auch das Leben, getraue ich mir auch ohne Löwenkampf mit meinem Stutzen zu verteidigen. Doch seht, die Beratung ist zu Ende, und man scheint uns holen zu wollen.“
    Es war eine Bewegung unter den Mitgliedern der Dschema entstanden; der Scheik stand auf, kam zu uns und sagte:
    „Die Versammlung der Ältesten hat über euch beschlossen. Befänden wir uns in unserm Duar (Zeltdorf), so würde mein Schutz über euch vierzehn Tage lang währen; jetzt aber sind wir unterwegs und können euch nicht mitnehmen; ich kann euch also nur so lange beschützen, als wir uns hier in diesem Wadi befinden, und das ist nur für den heutigen Tag. Eigentlich sollte ich euch weiter nichts mitteilen, denn der Zauberer hat sich das vorbehalten; da ich aber weiß, daß es seine Absicht ist, euch durch seine Darstellung und Ausdrucksweise zu verwirren und einzuschüchtern, so halte ich als euer Beschützer es für meine Pflicht, euch eine Andeutung zu geben, aus welcher ihr das Richtige entnehmen könnt.“
    Da er jetzt eine Pause machte, schob ich schnell die Bemerkung ein:
    „Wir sind dir für deine Güte dankbar, o Scheik, doch muß ich dir sagen, daß wir nicht zu der Art von Leuten gehören, bei denen der Zauberer diese seine Absicht erreichen könnte. Es ist noch keinem Menschen gelungen, meinen Geist zu verwirren, und uns nun gar einschüchtern, das rechne ich zu den Unmöglichkeiten; wenigstens würde der alte Sahhar der allerletzte sein, der das fertig brächte. Ihr mögt von ihm halten und denken, was ihr wollt; ich aber kenne sein Fach besser, als ihr es kennt, und weiß, daß er in allem, was er euch vormacht, nichts anderes als ein Cha'in (Schwindler, Betrüger) ist.“
    Als der Scheik diese Worte hörte, hellte sich sein tiefernstes Gesicht ein wenig auf, und er sagte:
    „Ich vernehme, daß Allah dir ein sehr gesundes Gehirn verliehen hat; leider besitzen meine Scherarat nicht dieselbe Gabe, und wenn ich euch dafür hassen muß, daß ihr unsere Krieger an die Lazafah verraten habt, so möchte ich euch doch dafür danken, daß es unter ihnen einen gibt, den ich nicht nennen will, dessen Rückkehr von den Lazafah ich nicht wünsche.“
    „Du brauchst ihn nicht zu nennen; es ist Abu el Ghadab, der Sohn des Zauberers.“
    „Maschallah! Woher weißt du das?“
    „Ich kenne dein Verhältnis zu Gadub es Sahhar besser, als du denkst.“
    „Wenn du es wirklich kennst, so sprich zu ihm ja nicht davon. Ich habe gehört, daß du ‚den Herrn mit dem dicken Kopf‘ geschossen hast, du ganz allein und mitten in der Nacht. Wir haben das nicht für möglich gehalten, denn wenn wir den ‚Würger der Herden‘ erlegen wollen, so ziehen wir, viele, viele Krieger stark, am hellen Tag aus. Wenn wir das des Nachts täten, würde er uns alle fressen.“
    „Das ist der Unterschied zwischen euch und uns. Ein wirklich tapferer Mann muß den Mut besitzen, dem Löwen ganz allein und auch des Nachts Auge in Auge entgegenzutreten.“
    „Das hast du wirklich getan?“
    „Ja, wiederholt!“
    „Besitzt du diesen Mut auch heute noch?“
    „Ja.“
    „Das beruhigt die Vorwürfe meines Gewissens. Ich will euch verraten, daß ihr in nächster Nacht mit zwei Löwen kämpfen sollt, welche wahrscheinlich Junge haben. Ihr solltet das nicht wissen. Es ist das fürchterlich, drei Personen gegen zwei riesige Löwen, welche zehnfach und hundertfach schrecklich sind, weil sie Kinder zu beschützen haben.“
    „Mach dir keine Sorge um uns! Wir fürchten uns nicht. Übrigens hast du uns gar nichts verraten, denn wir haben es geahnt, was für einen Plan der alte Zauberer hat. Es ist das sehr pfiffig von ihm. Unterliegen wir, so hat er sich an uns gerächt; siegen wir, was er aber freilich für vollständig ausgeschlossen hält, so haben wir

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