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20 Science Fiction Stories

20 Science Fiction Stories

Titel: 20 Science Fiction Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse
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Schluß. Er machte sich nicht viel aus Büchern, aber auf eine gewisse Art respektierte er sie, und er pflegte zu sagen, daß eine Zeitung eine Art Buch sei; und deshalb war er auch ganz besonders erbost darüber, wenn eine Seite fehlte oder verkehrt herum darin lag oder auch, wenn die Seiten miteinander vertauscht waren. Er hörte aber auch die Nachrichten im Radio. Er konnte drei verschiedene Sender empfangen, und jeder brachte stündlich den Nachrichtendienst, und gewöhnlich konnte er sie alle drei hören. Während dieser Fünf-Minuten-Perioden saß er da und blickte einem direkt in die Augen, und man könnte schwören, daß er einem zuhörte, aber das war nicht der Fall. Das war besonders für seine Frau ziemlich störend, aber nur etwa fünf Jahre lang. Danach stellte sie keine Fragen mehr, wenn das Radio von Überschwemmungen, Skandalen, Morden und Selbstmorden berichtete. Nach weiteren fünf Jahren hatte sie es sich abgewöhnt, ihn während der Nachrichten überhaupt anzureden; aber wenn Leute erst mal zehn Jahre verheiratet sind, spielen solche Dinge keine Rolle mehr; sie reden sowieso in einer Art Code, und neun Zehntel ihrer Gespräche könnte man, wäre es auf Tonband, glatt herausschneiden. Übrigens schaltete er auch die 7-Uhr-30-Nachrichten über Kanal 2und die 7-Uhr-45-Nachrichten über Kanal 4 im Fernsehen ein.
    Nun könnte man vielleicht annehmen, daß MacLyle ein Kauz mit festen Gewohnheiten und einer neurotischen Neigung wäre, aber das war bei weitem nicht so. Im Grunde genommen war er ein vernünftiger Bursche, der seine Frau, seine Kinder und seine Arbeit liebte und das Leben genoß. Er lachte gern und oft, war gesprächig und bezahlte seine Rechnungen. Seine Vorliebe für die Nachrichten rechtfertigte er auf verschiedene Arten. Er konnte Donne zitieren: »… jedes Menschen Tod verringert mich, denn ich bin in der Menschheit mit inbegriffen …«, was eine ziemlich solide Diskussionsbasis und schwer anzuzweifeln ist. Er hob hervor, daß seine Züge ihn und er seine Züge zur Pünktlichkeit anhielten, daß er aber wegen ihnen täglich und unaufhörlich zur gleichen Zeit die gleichen Gesichter sah, bevor, während und nachdem er mit ihnen fuhr; so daß seine unmittelbare Umwelt ziemlich begrenzt war, und nur das ständige Bewußtsein all dessen, was überall in der Welt geschah, hielt in ihm die Tatsache wach, daß er in einer weiteren Umgebung lebte als nur in seinem Haus an einem Ende und seinem Büro am anderen mit einer Eisenbahnstrecke dazwischen.
    Es ist schwer zu sagen, wann MacLyle anfing, überzuschnappen, und auch nicht, warum, obgleich es ganz offensichtlich etwas mit all den Nachrichten zu tun hatte, denen er sich aussetzte. Er begann zu reagieren, das heißt, man konnte sehen, daß er lauschte. Er würde »Seht!« zischen, und wenn man versuchte, einen Satz zu beenden, würde er zum Lautsprecher rennen und den Kopf dicht an die Gitter zwängen. Seine Frau und die Kinder hatten gelernt, sich still zu verhalten, wenn die Nachrichten durchgegeben wurden, fünf Minuten vor der vollen Stunde bis fünf Minuten danach (MacLyle wechselte zwischendurch die Sender), und während der dazwischenliegenden fünfzig Minuten las er die lokale Zeitung. Beim Zeitunglesen war er nicht so streng, denn er erstarrte über ihr zu einer Art Bildsäule, umklammerte die oberen Ecken, biß die Lippen zusammen und atmete mit ersticktem Pfeifen durch die Nase.
    Verständlicherweise war all das eine Last für seine Frau Esther, die ihr Möglichstes tat, ihn zur Vernunft zu bringen. Zuerst antwortete er ihr etwa, daß ein Mann immer auf dem laufenden sein müsse; aber sehr bald reagierte er gar nicht mehr darauf. Er sagte weder ja noch nein, grunzte nicht einmal, bewegte den Kopf nicht und zog auch die Augenbrauen nicht in die Höhe. Es muß hier noch einmal betont werden, daß MacLyle, abgesehen von seiner Absonderlichkeit, ein freundlicher und leicht verträglicher Typ war. Er mochte die Menschen gern, lud sie ein und besuchte sie; und er war auch einer jener Erwachsenen, die den endlosen Abenteuergeschichten von kleinen Kindern wirklich zuhörten und sie ernst nahmen. Dinge wie Undichten im Reservereifen, Antifrostmittel oder Gedenktage vergaß er nie, und die Winterfenster brachte er stets rechtzeitig an, aber er brüstete sich nie mit seiner Verläßlichkeit, die erste Begebenheit in seinem Leben, die er nicht als selbstverständlich hinnahm, war die Sache mit den Nachrichten, die so klein begonnen hatte und

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