20 Science Fiction Stories
deshalb mußte es mit ihr, der Geduld nämlich, ein Ende haben. »Wirf das, was dich verletzt, weit von dir, selbst wenn es dein Auge und deine rechte Hand ist.« Zu spät bemerkte sie, daß die Nachrichten so unentwirrbar zu ihrem Mann gehörten, daß sie durch ihre Entfernung auch ihn selbst von sich stieß. Und weg war er. Mit weißem Gesicht lauschte sie auf das Poltern des Garagentors, auf das Zuschlagen der Wagentür – es war ein gelungener Abgang, wie in einem Theaterstück. Es folgte das scharfe Orgeln des Anlassers, das Aufheulen des Motors. Sie sagte, daß sie froh sei, ging in die Küche zurück, stieß das nutzlose elfenbeinfarbene Radio vom Regal und zog sich schluchzend ins Bett zurück.
Und trotzdem – denn das Leben bietet nur wenige saubere Trennungen –, sah sie ihn noch einmal. Um sieben Minuten vor drei Uhr morgens vernahm sie von irgendwoher ganz schwach Musik; seltsamerweise hatte sie Angst, und sie schlich auf Zehenspitzen durchs Haus, um die Ursache herauszufinden. Aber es kam nicht aus dem Inneren des Hauses, deshalb streifte sie sich MacLyles Trenchcoat über und schlich die Stufen zur Garage hinunter. Und dort, direkt vor der Einfahrt, wo der Empfang noch ungestört war, stand der Wagen, und hinter dem Lenkrad hockte MacLyle und döste. Die Musik kam aus dem Autoradio. Sie zog den Mantel fester um sich, öffnete die Wagentür und rief seinen Namen. Gerade in diesem Augenblick ertönte es aus dem Radio: »…es folgen die Nachrichten.« MacLyle richtete sich kerzengerade auf und zischte wie wild. »Seht, seht!« Sie zuckte zurück und stand einen Moment mit einer seltsamen Gefühlsmischung von Sieg und Niederlage da. Dann zog er die Tür zu und beugte sich vor – eine Hand am Radioknopf –, und sie ging zurück ins Haus.
Nachdem der Nachrichtendienst vorbei war und er sich von den Stichwunden eines jugendlichen Verbrechers, von den entsetzlichen Folgen eines entgleisten Zuges, den Schrecken vor dem bevorstehenden Absturz einer C-119, der Faszination eines Kabinettmitglieds, Ehrenmitglied des »Wir-trauen-niemandem«-Clubs, der in diesen selben Worten ausdrückte, daß auch im Schlimmsten von uns etwas Gutes steckt und ein ganz klein wenig Gutes in den Schlimmsten von uns, – nachdem er sich also von all dem wieder erholt hatte, ließ er den Wagen an, weil die Batterie fast leer war, und fuhr so langsam wie möglich in die Stadt.
In einer Nachtgarage ließ er den Wagen waschen und das Öl wechseln und setzte sich dann in ein Automatenrestaurant, in dem er drei Stunden lang mehrere Tassen Kaffee trank, das Kinn in die Hände stützte, bis ihm die Zähne weh taten, und ab und zu ganz hinten in der Kehle einige Laute hervorstieß. Um neun Uhr erhob er sich und verbrachte den ganzen Tag bei seinem erstaunten Rechtsanwalt, mit dem er alle seine Vermögenswerte durchging, verkaufte, konvertierte, etablierte, bis er zum Schluß ein bescheidenes Paket Bargeld hatte. Seine Frau würde ein angemessenes Einkommen haben, bis die Kinder zum College gingen. Dann würde das Haus verkauft werden, die Mieter des älteren Hauses ausgewiesen sein, und Esther konnte, wenn sie wollte, in das kleinere Haus ziehen, und der Verkaufspreis des größeren würde dem Grundkapital hinzugefügt werden. Der Rechtsanwalt hätte sich um MacLyle Sorgen machen können, aber der war die ganze Zeit über jovial und redefreudig und benahm sich wie ein glücklicher Mensch eine seltene Art von Wahnsinn, aber ungefährlich. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber sie bewältigten sie in einem Tag, nach dem MacLyle die Hand des Rechtsanwalts drückte, ihm herzlich dankte und sich in einem Hotel einquartierte.
Als er am nächsten Morgen aufwachte und aus dem Bett sprang, fühlte er sich um Jahre jünger. Er öffnete die Tür, hob die Morgenzeitung auf und starrte auf die Schlagzeilen.
Er konnte sie nicht lesen.
Er stieß einen Laut der Verwunderung aus, schloß sorgfältig die Tür und setzte sich mit dem Papier auf dem Schoß ins Bett. Seine Finger fuhren glättend darüber hinweg, bis seine Handballen schwarz und die Schrift verwischt war. Die schreienden Zeichen marschierten wie eine Kolonne Fremder in einer unerkennbaren Uniform über die Seite, und man konnte nur ahnen, was sie sagten. Er zog die Buchstaben mit dem kleinen Finger nach, maß mit Zeigefinger und Daumen die Länge eines Wortes und hob das Blatt dicht vor seine erstaunten Augen. Abrupt stand er auf und ging zum Tisch, auf dem Zeichen, Plakate und gedruckte
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